391e IgG4-assoziierte Erkrankungen
Die Entdeckung erhöhter IgG4-Spiegel im Serum der meisten Patienten und in der Folge IgG4-positiver Plasmazellen in Biopsien hat zur Definition einer neuen Entität geführt. Vorher individuelle lokale Erkrankungen wie Typ I-Autoimmun-Pankreatitis, Mikulicz-Syndrom, Riedelsche eisenharte Struma und Formen der retroperitonealen Fibrose und der Periaortitis sind aus heutiger Sicht IgG4-assoziierte Erkrankungen oder auf Englisch IgG4 related diseases (IgG4-RD).
Die Erkrankungen führen typischerweise zu Raumforderungen, die von Malignomen schwer abgrenzbar sein können. Häufig kommen allergieartige Aspekte dazu. Bisher ist nicht schlüssig geklärt, ob IgG4-RD einen ungewöhnlichen, entzündlichen Teil des Atopiespektrums oder Autoimmunerkrankungen darstellen. Auch die Rolle der durch Austauschmöglichkeiten von antigenbildenden Anteilen und durch den nicht entzündungsfördernden Fc-Teil ungewöhnlichen IgG4-Antikörper im Krankheitsbild ist unklar.
IgG4-RD betreffen mit Ausnahme der Manifestationen im Kopf- und Halsbereich häufiger Männer mittleren Alters als Frauen. Zum Teil wird das Krankheitsgeschehen erst nach Jahren erkannt; besonders bei solchen lange bestehenden Prozessen findet sich eine häufig ausgeprägte Fibrose. Nur etwa vier von fünf Patienten, und da wieder eher solche mit akuter und aktiver Erkrankung, haben erhöhte IgG4-Spiegel, die aber leider auch bei anderen Erkrankungen, zum Beispiel Pankreaskarzinomen, gefunden wurden. Charakteristisch ist die Histologie mit T-Lymphozyten-Infiltrat, Eosinophilen, korbgeflechtartiger Fibrose und insbesondere vermehrten IgG4-positiven Plasmazellen.
Therapeutisch sind mittelhoch dosierte Glukokortikoide in aller Regel rasch wirksam, führen aber meist nicht zu einer dauerhaften Remission. Die Daten zu Azathioprin, Mycophenolat, Tacrolimus und im deutschen Sprachraum vor allem Methotrexat sind begrenzt. Die beste Datengrundlage existiert für die Off-label-Gabe von Rituximab. Die optimale Erhaltungstherapie ist bislang nicht definiert.
Für die deutsche Ausgabe Martin Aringer
IgG4-assoziierte Erkrankungen (englisch: IgG4 related diseases, IgG4-RD) stellen fibrosierende Entzündungserkrankungen mit einer Tendenz zur Bildung tumorartiger Läsionen dar. Die klinischen Manifestationen sind vielgestaltig, der Definitionsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Inzwischen wurden IgG4-RD in fast jedem Organsystem beschrieben. Besonders häufig betroffen sind Gallenwege, Speicheldrüsen, periorbitale Gewebe, Nieren, Lunge, Lymphknoten und Retroperitoneum. Außerdem ist die Beteiligung von Hirnhäuten, Aorta, Prostata, Schilddrüse, Perikard, Haut und anderen Organen gut dokumentiert. Nur selten (wenn überhaupt) befällt die Krankheit auch Gehirnparenchym, Gelenke, Knochenmark oder Darmmukosa.
Während das klinische Bild der IgG4-RD vielgestaltig ist, sind die histologischen Befunde in allen betroffenen Organen gleich. Dazu gehören ein lymphoplasmazytäres Infiltrat mit einem hohen Anteil IgG4-positiver Plasmazellen, eine Fibrose mit typischem „storiformem“ Muster, eine Tendenz zum Befall von Blutgefäßen, insbesondere in Form einer Obliteration von Venen („obliterative Phlebitis“) und eine leichte bis mäßig starke Gewebe-Eosinophilie.
Zu den IgG4-RD gehören zahlreiche Krankheitsbilder, die zuvor als eigenständige, organspezifische Krankheiten betrachtet wurden. Die so genannte lymphoplasmozytäre sklerosierende Pankreatitis (für die es noch mehr Bezeichnungen gibt) wurde im Jahr 2000 zum Paradigma der IgG4-RD, als japanische Untersucher bei diesen Patienten erhöhte Serumspiegel von IgG4 nachwiesen. Diese Form der sklerosierenden Pankreatitis wird inzwischen als Autoimmunpankreatitis (AIP) Typ 1 (IgG4-assoziiert) bezeichnet. Bis zum Jahr 2003 wurden bei Patienten mit AIP Typ 1 extrapankreatische Manifestationen identifiziert; seitdem wurden Manifestationen der IgG4-RD in vielen Organen beschrieben. So gilt das Mikulicz-Syndrom, das die Tränen- und Speicheldrüsen betrifft und früher als Sonderform des Sjögren-Syndroms galt, inzwischen als Teil des IgG4-RD-Spektrums. Ebenso erklärt das neue Krankheitskonzept, warum ein Teil der Patienten, bei denen eine primär sklerosierende Cholangitis diagnostiziert worden war, gut auf Glukokortikoide anspricht, was für die meisten Patienten mit dieser Krankheit nicht zutrifft. Diese auf Glukokortikoide ansprechende Untergruppe wird inzwischen dadurch erklärt, dass bei diesen Patienten tatsächlich eine andere Krankheit vorliegt, nämlich eine IgG4-assoziierte sklerosierende Cholangitis. Auf diese Weise hat sich das Verständnis der IgG4-RD auf fast alle Fachgebiete der Medizin ausgeweitet.
Klinisches Bild
Die wichtigsten Organläsionen sind in Tabelle 391e-1 zusammengefasst. IgG4-RD manifestieren sich in der Regel subakut und gehen meistens nicht mit schweren Allgemeinsymptomen einher. Fieber und sehr hohe CRP-Werte sind ungewöhnlich. Manche Patienten verlieren aber über einen Zeitraum von mehreren Monaten erheblich an Gewicht. Die klinisch manifeste Krankheit kann sich über Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte entwickeln, bis ein Organ so stark befallen ist, dass der Patient deswegen klinisch auffällig wird. Bei manchen Patienten klingen bestimmte Organsymptome immer wieder ab oder bessern sich vorübergehend. Bei anderen werden immer mehr Organe befallen, während die IgG4-RD in den schon erkrankten Organen persistiert. Bei vielen Patienten mit IgG4-RD werden fälschlicherweise andere Krankheiten, insbesondere Malignome, vermutet oder initial die Befunde auf eine unspezifische Entzündung zurückgeführt. Oft wird die Krankheit aufgrund von radiologischen Zufallsbefunden oder bei der histopathologischen Untersuchung von Biopsien entdeckt.
Eine Multiorganerkrankung kann bereits bei Diagnosestellung offensichtlich sein oder sich über Monate bis Jahre entwickeln. Bei manchen Patienten bleibt die Erkrankung jahrelang auf ein Organ beschränkt, bei anderen besteht neben dem vorherrschenden Symptom eine weitere bekannte oder subklinische Organbeteiligung. Bei Patienten mit AIP Typ 1 liegt der Hauptfokus der Krankheit auf dem Pankreas. Eine genaue Evaluation durch Anamnese und körperliche Untersuchung, Bluttests, Urinanalyse und Schnittbildgebung kann aber mitunter eine Vergrößerung der Tränendrüse, eine Sialoadenitis, eine Lymphadenopathie, verschiedene Lungenbefunde, eine tubulointerstitielle Nephritis, eine hepatobiliäre Erkrankung, eine Aortitis, eine Retroperitonealfibrose oder eine andere Organbeteiligung nachweisen. Spontane Besserungen, die zum klinischen Abklingen bestimmter Organsystembefunde führten, wurden für einen kleinen Prozentsatz von Patienten beschrieben.
Zwei gemeinsame Charakteristika der IgG4-RD sind allergieartige Befunde und die Tendenz zur Bildung tumorartiger Läsionen, die Malignome vortäuschen (Abb. 391e-1). Viele IgG4-RD-Patienten haben eine Atopie, ein Ekzem, Asthma, Nasenpolypen, Sinusitiden und eine mäßig starke periphere Eosinophilie. IgG4-RD dürften auch hinter einem signifikanten Anteil der tumorartigen Schwellungen (Pseudotumoren) in diversen Organen stehen. Bei manchen Patienten werden zur Resektion vermuteter Malignome große Eingriffe durchgeführt (z. B. Whipple-Operation oder totale Thyreoidektomie), bevor histologisch die korrekte Diagnose gestellt wird. Solche Pseudotumoren finden sich häufig in den großen Speicheldrüsen, Lungen und Nieren, können aber grundsätzlich alle Organe befallen.
Die IgG4-RD verursachen oft eine erhebliche Morbidität und können zum Organversagen führen, meistens verläuft die Schädigung jedoch subakut. Destruktive Knochenläsionen in Nasennebenhöhlen, Kopf und Mittelohr, die eine Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener) vortäuschen, sind möglich; in den meisten Organen sind aber weniger aggressive Läsionen die Regel. In Bereichen wie dem Retroperitoneum tritt oft, bevor die Diagnose gestellt wird, eine erhebliche Fibrose auf, durch die es zur Kompression des Ureters mit Hydronephrose, Nierenatrophie und chronischen Schmerzen kommt. Letztere entstehen vermutlich durch die Ummauerung von Nerven durch den entzündlichen Prozess. Die nicht erkannte oder unbehandelte IgG4-assoziierte Cholangitis kann innerhalb von Monaten zum Leberversagen führen. Die IgG4-assoziierte Aortitis, die zwischen 10 und 50 % aller entzündlichen Aortitiden ausmachen dürfte, kann zu Aneurysmen und Dissektionen führen. Die IgG4-assoziierte tubulointerstitielle Nephritis kann zu einer deutlichen Nierenfunktionsstörung bis zum Nierenversagen führen, und Schrumpfnieren sind eine häufige Komplikation dieses Erkrankungsverlaufs.
Serologische Befunde
Bei den meisten Patienten mit IgG4-RD sind die Serumspiegel von IgG4 erhöht; allerdings variiert das Ausmaß der Erhöhung sehr stark. Bei gleichzeitiger Erkrankung multipler Organsysteme steigt der Serumspiegel von IgG4 gelegentlich bis auf das 30- bis 40-Fache des oberen Normalwertes. Bei etwa 30 % der Patienten liegt der Serumspiegel von IgG4 hingegen trotz klassischer histopathologischer und immunhistochemischer Befunde im Normalbereich. Bei diesen Patienten sind in der Regel weniger Organe betroffen. Patienten mit einer IgG4-assoziierten Retroperitonealfibrose weisen meist normale Serumspiegel von IgG4 auf. Das liegt vielleicht daran, dass die Krankheit zum Zeitpunkt der Verdachtsdiagnose bereits ein fibrotisches Stadium erreicht hat.
IgG4-Serumspiegel, Krankheitsaktivität und Therapienotwendigkeit korrelieren nur bedingt miteinander. Mit Therapiebeginn fallen die IgG4-Serumspiegel meist rasch, normalisieren sich oft aber nicht vollständig. Patienten können eine klinische Remission erreichen und trotzdem persistierende erhöhte IgG4-Serumspiegel aufweisen. Da bei raschem Anstieg des IgG4-Serumspiegels ein hohes Risiko für ein klinisches Aufflackern der Krankheit besteht, lassen sich bei manchen Patienten Rezidive durch serielle Bestimmungen des IgG4-Serumspiegels vorhersagen. Allerdings besteht nur ein schwacher zeitlicher Zusammenhang zwischen einem mäßig erhöhten IgG4-Serumspiegel und der klinischen Indikation für eine Therapie. Bei manchen Patienten treten trotz dauerhaft normaler IgG4-Serumspiegel Rezidive auf.
Der IgG4-Serumspiegel wird in der Regel nephelometrisch gemessen. Nephelometrische Messverfahren können, gerade bei sehr hohen Antikörperspiegeln, aufgrund des Prozonenphänomens falsch normale IgG4-Serumspiegel ergeben. Dieses Problem lässt sich durch die Verdünnung der Serumprobe korrigieren. Ein Prozonenphänomen sollte immer in Erwägung gezogen werden, wenn die ermittelten IgG4-Serumspiegel nicht zur Klinik des Patienten passen.
Epidemiologie
Der typische Patient mit IgG4-RD ist ein Mann im mittleren oder höheren Alter. Damit steht die Epidemiologie der IgG4-RD in deutlichem Gegensatz zu der vieler klassischer Autoimmunkrankheiten, die vor allem junge Frauen betreffen. Studien an AIP-Patienten in Japan haben gezeigt, dass in dieser Population IgG4-RD bei Männern dreimal häufiger sind als bei Frauen. Noch auffälliger war die männliche Prädominanz bei der IgG4-assoziierten tubulointerstitiellen Nephritis und der IgG4-assoziierten Retroperitonealfibrose. Die IgG4-RD-assoziierten Manifestationen an den Organen von Kopf und Hals betreffen hingegen beide Geschlechter etwa gleich häufig.
Pathologie
Die typischen histopathologischen Leitbefunde der IgG4-RD sind ein dichtes lymphoplasmazytäres Infiltrat (Abb. 391e-2), storiform (ähnlich einem Korbgeflecht) angeordnete Fibrosestränge, eine obliterative Phlebitis und ein leichtes bis mittelstarkes eosinophiles Infiltrat. Oft finden sich Lymphfollikel und Keimzentren. Das Infiltrat sammelt sich in Drüsen, wie den Tränen- und Speicheldrüsen, und dem Pankreas, vor allem an duktalen Strukturen. Die entzündliche Läsion aggregiert oft zu einer tumorartigen Masse, die das umgebende Gewebe zerstört.
Abbildung 391e-2Die histopathologischen Leitbefunde der IgG4-assoziierten Erkrankung (IgG4-RD) sind ein dichtes lymphoplasmozytäres Infiltrat und ein leichtes bis mittelstarkes eosinophiles Infiltrat. Die zelluläre Entzündung ist oft von einer so genannten storiformen Fibrose umschlossen, die korbartig geflochten wirkt. In dieser Abbildung wird das lymphoplasmazytäre und eosinophile Infiltrat von zahlreichen Fibroblasten und Fibrosesträngen begleitet. Diese Biopsie wurde aus einer nodulären Läsion der Wange entnommen. Die Befunde entsprechen aber denen von IgG4-RD aus Pankreas, Nieren, Lunge, Speicheldrüsen und anderen betroffenen Organen.
In manchen Organen und insbesondere in der Lunge kommt eine obliterierende Arteriitis vor. Häufiger ist jedoch eine Beteiligung der Venen, die einen echten Leitbefund der IgG4-RD darstellt. Andere histopathologische Befunde sind bei IgG4-RD ungewöhnlich und stellen daher diese Diagnose in Frage. Das sind insbesondere ausgeprägte neutrophile Infiltrate, Leukozytoklasie, granulomatöse Entzündung, mehrkernige Riesenzellen und fibrinoide Nekrose.
Das entzündliche Infiltrat bei IgG4-RD besteht aus einer Mischung von B- und T-Lymphozyten. Die B-Zellen sind typischerweise in Keimzentren organisiert. Von diesen Keimzentren scheinen CD19+-, CD138+- und IgG4+-Plasmablasten radiär auszugehen. Im Gegensatz dazu sind die in der Regel CD4+-T-Zellen diffus über die Läsion verteilt und der zahlenmäßig am stärksten vertretene Zelltyp. Fibroblasten, Histiozyten und Eosinophile finden sich jeweils in mäßiger Anzahl. Manche Biopsien sind sehr reich an Eosinophilen, während in anderen, besonders bei lang dauernder Erkrankung, die Fibrose im Vordergrund steht.
Das histologische Bild der IgG4-RD ist typisch, die Diagnose muss aber immunhistochemisch mit einer IgG4-Färbung bestätigt werden. In der Läsion prädominieren zwar IgG4-positive Plasmazellen, aber auch Plasmazellen aller anderen IgG-Klassen kommen vor. Die Anzahl der IgG4-positiven Plasmazellen lässt sich entweder durch das Zählen der Zellen pro Gesichtsfeld (High power field, HPF) oder durch Berechnung des Quotienten aus IgG4- und IgG-tragenden Plasmazellen ermitteln. In der späten Phase der Organbeteiligung steht die Gewebefibrose im Vordergrund. In dieser relativ azellulären Entzündungsphase sind der Quotient aus IgG4-positiven und IgG-positiven Plasmazellen und das Muster der Fibrose für die Diagnose wichtiger als die Anzahl der IgG4-positiven Zellen pro Gesichtsfeld. Inzwischen werden Verfahren der In-situ-Hybridisierung angewandt, um Probleme mit der Hintergrundfärbung bei konventionellen Immunfärbemethoden zu umgehen.
Pathophysiologie
Das IgG4-Molekül spielt in den meisten Organen vermutlich nur eine indirekte pathophysiologische Rolle. Allerdings besitzt das IgG4-Molekül unter den Immunglobulinklassen einzigartige Eigenschaften, die zur Gewebeschädigung beitragen könnten. So können IgG4-Moleküle antigenbindende Anteile (F(ab‘)) untereinander austauschen. Diese Eigenschaft besitzen die anderen Immunglobulinklassen nicht. Zum Teil aufgrund des F(ab‘)-Austausches binden IgG4-Antikörper Antigene nur locker. Die Moleküle weisen eine niedrige Affinität für Fc-Rezeptoren und C1q auf und gelten insgesamt als nicht entzündungsfördernde Immunglobuline. Aufgrund ihrer geringen Affinität für Fc-Rezeptoren und C1q führen IgG4-Moleküle nämlich nicht zur Phagozytoseinduktion, zur Auslösung einer antikörperabhängigen zellulären Toxizität oder eines komplementvermittelten Schadens. Möglicherweise sind die Akkumulation der IgG4-tragenden Plasmazellen im Gewebe und der Anstieg des IgG4-Serumspiegels nur das Ergebnis von Effektorsignalwegen, zum Beispiel von Th2 oder Treg-Zytokinen, die für die Entzündung und Gewebeschädigung wichtiger sind.
Behandlung
Nicht jede Krankheitsmanifestation der IgG4-RD muss sofort behandelt werden, weil die Erkrankung bei vielen Patienten indolent verläuft. Eine IgG4-assoziierte Lymphadenopathie kann z. B. jahrelang asymptomatisch verlaufen, ohne dass weitere Manifestationen hinzukommen. Daher ist eine abwartende Haltung in manchen Fällen sinnvoll. Die Beteiligung lebensnotwendiger Organe muss jedoch konsequent behandelt werden, weil die IgG4-RD zu schweren Funktionsstörungen und zum Organversagen führen können. Bei aggressivem Verlauf können IgG4-RD rasch in terminales Leberversagen, permanent gestörte Pankreasfunktion, Niereninsuffizienz, Aortendissektion oder Aortenaneurysma und destruktive Läsionen der Nasennebenhöhlen und des Nasopharynx münden.
Glukokortikoide stellen die primäre Therapie dar. Die Behandlung, die von den Erfahrungen mit der AIP Typ 1 abgeleitet wurde, beginnt in der Regel mit 40 mg Prednisolon täglich. Anschließend wird die Dosis über 2–3 Monate allmählich ausgeschlichen oder auf eine Erhaltungsdosis von 5 mg/d reduziert. Die Patienten sprechen in der Regel schnell und deutlich auf Glukokortikoide an. Allerdings zeigen Langzeitdaten, dass bei mehr als 90 % der Patienten innerhalb von 3 Jahren neue Schübe auftreten. Konventionelle steroidsparende Substanzen, wie Azathioprin und Mycophenolatmofetil und im deutschen Sprachraum vor allem Methotrexat wurden bei vielen Patienten eingesetzt, es gibt aber keinen formalen Nachweis ihrer Wirksamkeit.
Bei Patienten mit rezidivierender oder glukokortikoidresistenter Erkrankung ist die B-Zell-Depletion mit Rituximab eine geeignete Zweitlinientherapie. Rituximab (2 × 1 g i. v. in vierzehntägigem Abstand wie bei der rheumatoiden Arthritis) führt zu einem gezielten, steilen Abfall der IgG4-Serumspiegel. Vermutlich wirkt Rituximab daher zum Teil, indem es die Nachproduktion kurzlebiger IgG4-produzierender Plasmazellen verhindert. Wichtiger als die Wirkung auf den IgG4-Serumspiegel dürfte jedoch der Effekt der B-Zell-Depletion auf die T-Zell-Funktion sein. Bei IgG4-RD wurden spezifische Effekte von Rituximab auf die CD4+-Effektor-T-Zellen nachgewiesen.
Bei manchen Patienten könnte Rituximab auch eine adäquate Induktionstherapie darstellen, insbesondere bei hohem Risiko schwerer Glukokortikoidnebenwirkungen und Patienten mit akut organbedrohender Erkrankung. Die optimalen Ansätze für die Erhaltungstherapie, entweder mit einer wiederholten Gabe von Rituximab oder einer niedrig dosierten Langzeittherapie mit Glukokortikoiden, müssen noch weiter untersucht werden.
Weiterführende Literatur
Della-Torre E, Campochiaro C, Bozzolo EP, Dagna L, Scotti R, Nicoletti R et al: Methotrexate for maintenance of remission in IgG4-related disease. Rheumatology (Oxford) 54(10):1934–6, 2015
Deshpande V, Zen Y, Chan JK, Yi EE, Sato Y, Yoshino T et al: Consensus statement on the pathology of IgG4-related disease. Mod Pathol 25(9):1181–92, 2012
Hamano H, Kawa S, Horiuchi A, Unno H, Furuya N, Akamatsu T et al: High serum IgG4 concentrations in patients with sclerosing pancreatitis. N Engl J Med 344(10):732–8, 2001
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