440e Bildgebende Diagnostik bei neurologischen Erkrankungen
Mit einer präzisen klinisch neurologischen Untersuchung ist ein Neurologe in der Regel in der Lage, mit hoher Wahrscheinlichkeit herauszufinden, wo der Patient eine Läsion im Nervensystem hat. Um festzustellen um was, um welchen Prozess es sich dabei handelt, braucht der Kliniker zusätzliche Hilfsmittel. Die Neuroradiologie hat dabei mit ihren Methoden eine herausragende Bedeutung. In erster Linie mithilfe der Kernspin- und Computertomografie stellt sie die als Ursache geltenden Veränderungen optisch in einer anatomisch präzisen Umgebung dar. Besondere Wichtigkeit besitzt die Bildgebung neben der Diagnostik auch bei Therapieplanung von Tumoren, Gefäßmissbildungen und Schlaganfällen.
Die Untersuchungsmodalitäten sind bereits so vielfältig, dass diese nur nach strengsten anamnestischen und klinischen Kenntnissen und Grundlagen ausgewählt und durchgeführt werden sollten. In diesem Kapitel werden die heute zur Verfügung stehenden neuroradiologischen Methoden beschrieben, die wichtigsten Indikationskriterien zusammengefasst, welche Untersuchungsmodalitäten beim welchem klinischen Verdacht durchgeführt werden sollten.
Die Neuroradiologie bietet nicht nur Diagnostik, sondern auch neue, wenig invasive und trotzdem sehr effektive therapeutische Möglichkeiten in erster Linie beim ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfall. Aktuell publizierte Studien zeigen, dass die mechanische Thrombektomie die effektivste Therapie beim akuten Schlaganfall ist.
Für die deutsche Ausgabe László Solymosi
Der Patienten mit neurologischen Symptomen behandelnde Kliniker wird mit einer immer größeren Anzahl von bildgebenden Möglichkeiten konfrontiert, wie Computertomografie (CT), CT-Angiografie (CTA), Perfusions-CT (pCT), Magnetresonanztomografie (MRT), MR-Angiografie (MRA), funktionelle MRT (fMRT), MR-Spektroskopie (MRS), MR-Neurografie (MRN), Diffusionsbildgebung (DWI), Diffusionstraktografie (Diffusion Tensor Imaging, DTI), suszeptibilitätsgewichtete MRT (SWI), MRT mit arterieller Spinmarkierung (ASL) und Perfusions-MRT (pMRT). Neben den invasiven diagnostischen Methoden, wie der Angiografie und der Diskografie, steht zusätzlich eine steigende Zahl von interventionellen neuroradiologischen Techniken zur Verfügung, wie die Embolisation mit Platinspiralen oder mit flüssigen Embolisaten und die Stentbehandlung von Gefäßprozessen, die mechanische Thrombektomie beim akuten Schlaganfall, spinale Interventionen, wie selektive Wurzelblockaden und transforaminale sowie translaminare epidurale Injektionen. Die Mehrschicht-CT-Angiografie und die kontrastverstärkte MR-Angiografie (CE-MRA) haben die Indikation zur konventionellen Angiografie eingeschränkt. Diese ist für Erkrankungen, bei denen der Zustand der kleinen Gefäße diagnostisch relevant ist (z. B. Vaskulitis) oder bei denen eine interventionelle Therapie geplant oder möglich ist, vorbehalten (Tab. 440e-1).
Im Allgemeinen ist die MRT zum Nachweis von Läsionen des zentralen Nervensystems (ZNS), insbesondere des Rückenmarks, der Hirnnerven und der Strukturen der hinteren Schädelgrube, sensitiver als die CT. Die diffusionsgewichtete MRT (DWI) ist durch Nachweis von Verminderung der mikroskopischen Bewegungen von Wassermolekülen die sensitivste Technik in der Diagnostik des akuten ischämischen Schlaganfalls von Gehirn und Rückenmark, aber auch hilfreich im Nachweis von Enzephalitiden, Abszessen oder Prionerkrankungen. Weil die CT schnell und breit verfügbar ist, kann sie eine pragmatische Lösung sein bei der Erstuntersuchung von Patienten mit akuter Bewusstseinsstörung, Schlaganfall-, Blutungsverdacht sowie bei Schädel-Hirn- und spinalen Verletzungen. Die CT ist empfindlicher in der Darstellung der feinen knöchernen Details als die MRT und deshalb indiziert bei der Abklärung der Schallleitungsschwerhörigkeit sowie bei Läsionen der Schädelbasis und der Kalotte. Die MRT liefert jedoch wichtige diagnostische Informationen zur Knochenmarkinfiltration, die auf CT-Aufnahmen nur schwer zu erkennen sind.
Computertomografie bei neurologischen Erkrankungen
Technik der Computertomografie
Das Computertomogramm ist ein computerberechnetes anatomisches/pathologisches Querschnittsbild, welches durch Absorptionsanalyse von Röntgenstrahlen, die unterschiedliche Punkte des Körpers passieren, rekonstruiert wird. Während die Strahlenquelle um den Körper des Patienten rotiert, emittiert sie in unterschiedlichen Winkelgraden ein Strahlenbündel. Röntgendetektoren, die sich direkt gegenüber der Quelle befinden und in der Regel mitrotieren, erfassen die durch den Körper des Patienten abgeschwächten Röntgenstrahlen. Ein Computer berechnet ein Rückprojektionsbild aus dem meistens 360°-Röntgenstrahlabsorptionsprofil. Die Strahlenabsorption hängt von der physikalischen Dichte einer Substanz ab. Sie ist größer im Knochen (hat höhere „Dichte“ = hyperdens, heller auf dem Bild) und niedriger in Weichteilen und lufthaltigen Strukturen (hat niedrigere „Dichte“ = hypodens, dunkler auf dem Bild). Die Auflösung eines Bildes ist abhängig von der Strahlendosis, der Schichtdicke, dem Sichtfeld (Field of View; FOV) und der Darstellungsmatrix. Ein modernes CT-Gerät (Mehrschicht-Volumenscanner) kann Bilder mit 0,5–1 mm dünnen Schichten sogar mit einer Auflösung von 0,4 mm in einer Ebene und mit einer Geschwindigkeit von 0,3 s pro Rotation erzeugen. Eine komplette Abtastung des Gehirns ist so in 1–10 Sekunden möglich.
Ein Mehrschicht-Computertomograf ist heutzutage Standard in den meisten radiologischen Abteilungen. Gegenüber der Strahlenquelle befinden sich multiple Detektorreihen, die während einer einzelnen Rotation mehrere Schichten erstellen können (derzeit bis zu 640). Der Tisch bewegt sich kontinuierlich durch das ständig rotierende Röntgenstrahlenfeld, wodurch eine „Spirale“ (Helix) von Informationen registriert wird, aus der Schichten unterschiedlicher Dicke rekonstruiert werden können. Bei Geräten mit einer Abdeckung von 16 cm ist keine Tischbewegung mehr nötig und die Abbildung des Schädels in 640 Einzelschichten in einer Rotation möglich. Diese Mehrschicht(Multidetektor)-Computertomografen haben die Untersuchungszeit weiter reduziert, vermindern die Artefakte durch Patienten- oder Organbewegungen und erlauben auch eine Erfassung dynamischer Bilder während einer intravenösen Kontrastmittelinjektion, was die Darstellung der Gefäßanatomie und der Durchblutungseigenschaften des Hirnparenchyms ermöglicht (Abb. 440e-1B und -C). CTA-Schichten können später zu einer 3-D-Darstellung, zu Angiogramm-artigen Bildern zusammengefügt, rekonstruiert werden (Abb. 440e-1CAbb. 440e-2E und Abb. 440e-2F,siehe auch Abbildung 446-4). Der Nutzen der CTA für die Darstellung der Karotisbifurkation und der intrakraniellen arteriellen und venösen Anatomie ist bereits bewiesen und spielt bei einem akuten Schlaganfall eine entscheidende Rolle.
Oft wird zuvor intravenöses Kontrastmittel injiziert, um Gefäße oder eine Störung der Blut-Hirn-Schranke (BBB) darzustellen, welche bei Tumoren, Infarkten oder Entzündungen auftreten kann. Im normalen ZNS reichern nur Gefäße und Strukturen ohne Blut-Hirn-Schranke (wie Hypophyse, Plexus choroideus oder die Dura) Kontrastmittel an. Eine Kontrastmittelgabe hilft bei der Differenzierung raumfordernder Prozesse und ist bei der CTA unbedingt notwendig. Eine Kontrastmittelanwendung birgt ein geringes Allergierisiko und erhöht die Kosten und kann Blutungen verschleiern, wenn die Untersuchung ausschließlich nach Kontrastmittelgabe durchgeführt wird. Die Indikation zur Kontrastmittelgabe sollte daher stets sorgfältig gestellt werden.
Abbildung 440e-1CT-Angiografie (CTA) bei einem rupturierten Aneurysma der A. communicans anterior. Der Patient erkrankte mit akutem Kopfschmerz. A. Das native CT zeigt eine diffuse subarachnoidale Blutung und einen beginnenden Verschlusshydrozephalus. B. In der axialen MIP (Maximum-Intensitäts-Projektion) des CT-Angiogramms sieht man bereits das Aneurysma im Bereich der A. communicans anterior (Pfeil).C. Die 3-D-Oberflächenrekonstruktion bestätigt das Aneurysma im Bereich der A. communicans anterior und zeigt seine genaue Lage und seine Beziehung zu den benachbarten Gefäßen (Pfeil). Das 3-D-CTA wurde aus einer 0,5- bis 1-mm-Spiral-CT-Untersuchung während einer schnellen intravenösen Kontrastmittel-Bolusinjektion rekonstruiert.
Abbildung 440e-2Akute linksseitige Hemiparese, verursacht durch Verschluss der rechten A. cerebri media. A. Das Nativ-CT zeigt eine hyperdense rechte A. cerebri media („dens artery sign“)(Pfeil) mit einer leichten Dichteminderung im rechten Putamen und in der Inselrinde(Pfeilspitzen). B. Die Perfusions-CT demonstriert die verlängerte mittlere Transitzeit im Versorgungsgebiet der rechten A. cerebri media (Pfeile).C. In der Perfusions-CT mit Verteilung des zerebralen Blutvolumens zeigt sich ein reduziertes CBV in dem in B dargestellten, dem Infarkt entsprechenden Defekt (Pfeile). D. Die axiale MIP des CT-Angiogramms in Höhe des Circulus arteriosus Willisii zeigt einen abrupten Abbruch der proximalen rechten A. cerebri media (Pfeil).E. Sagittale Rekonstruktion durch die rechte Karotis. Hypodense, lipidhaltige Plaques (Pfeilspitzen) engen das Lumen der A. carotis interna ein (schwarzer Pfeil).F. Die 3-D-Oberflächenrekonstruktion von CTA-Bildern (anderer Patient) zeigt Verkalkung und Einengung der A. carotis interna, vereinbar mit einer Atherosklerose. G. Koronare Maximum-Intensitäts-Projektion in MRA stellt den Verschluss der rechten A. cerebri media dar (Pfeil). H und I. Axiales diffusionsgewichtetes Bild (H) und ADC(Apparent Diffusion Coefficient)-Bild (I) dokumentieren das Vorhandensein eines frischen Infarkts im Mediaterritorium (Pfeile).
Indikationen der Computertomografie
Die Computertomografie ist die Untersuchungsmethode der Wahl bei akuter Bewusstseinsstörung, akut aufgetretener fokaler neurologischer Symptomatik, den akuten Schädel-Hirn- und spinalen Traumen, beim Verdacht auf eine subarachnoidale Blutung (SAB) und bei Schallleitungsschwerhörigkeit (Tab. 440e-1). Die CT ergänzt die MRT bei der Untersuchung von Schädelbasis, Orbita und der knöchernen Strukturen der Wirbelsäule. Beim Letzteren ist die CT hilfreich bei der Darstellung der knöchernen Spinalkanalstenose und Spondylose, aber bei Patienten mit neurologischen Ausfällen ist die MRT zu bevorzugen. Eine CT nach intrathekaler Kontrastmittelgabe lässt die Untersuchung der intrakraniellen Zisternen z. B. nach Liquorfistel (CT-Zisternografie) oder der spinalen Subarachnoidalräume (CT-Myelografie) zu, wobei ergänzend die intrathekale Gabe von Gadolinium in Kombination mit der MRT erfolgen kann. Weil es kein für die intrathekale Gabe zugelassenes Kontrastmittel auf dem Markt gibt, muss der Patient darüber extra aufgeklärt werden.
Komplikationen der Computertomografie
Die Computertomografie ist sicher, schnell und zuverlässig. Die Strahlenmenge bewegt sich bei einer Standard-Schädel-Untersuchung zwischen 2 und 5 mSv (Millisievert). Bei Kindern sollte man den Strahlenschutz bevorzugt beachten. Besonders nach der Einführung von zusätzlichen CT-Techniken, Mehrschicht(Multidetektor)-Computertomografen mit der Möglichkeit von CTA (CT-Angiografie) und CT-Perfusion, muss der Nutzen gegen das Risiko durch die erhöhten Strahlendosen dieser Verfahren abgewogen werden. Moderne Software ermöglicht durch die Reduktion des Signalrauschens akzeptable diagnostische CT-Aufnahmen bei einer um 30–40 % niedrigeren Strahlendosis.
Die häufigsten Komplikationen hängen mit der Applikation des intravenösen Kontrastmittels zusammen. Kontrastmittel werden grob in zwei Kategorien unterteilt: die ionischen und die nicht ionischen. Obwohl ionische Kontrastmittel relativ sicher und billig sind, führen sie häufiger zu toxischen Reaktionen und Nebenwirkungen als die nicht ionischen. Daher wurden die ionischen Kontrastmittel im Alltag weitgehend von nicht ionischen ersetzt.
Eine Kontrastmittelnephropathie kann Folge von hämodynamischen Veränderungen, renaler tubulärer Obstruktion und Zelluntergang oder immunologischen Reaktionen gegen das Kontrastmittel sein. Ein Anstieg des Serumkreatinins um mindestens 85 μmol/l (1 mg/dl) innerhalb von 48 Stunden nach Kontrastmittelgabe gilt als Hinweis auf eine Kontrastmittelnephropathie, wiewohl zunächst andere Ursachen des akuten Nierenversagens ausgeschlossen werden müssen. Die Prognose ist in der Regel günstig, wenn der Kreatininspiegel innerhalb von 1–2 Wochen auf das Ausgangsniveau sinkt. Risikofaktoren für eine kontrastmittelinduzierte Nephropathie sind fortgeschrittenes Alter (> 80 Jahre), eine vorbestehende Nierenerkrankung (Serumkreatinin > 2,0 mg/dl), eine Einzelniere, Diabetes mellitus, Dehydratation, Paraproteinämie, die gleichzeitige Anwendung von nephrotoxischen Medikamenten oder Chemotherapeutika sowie hohe Kontrastmittelmengen. Diabetiker und Patienten mit leichter Niereninsuffizienz sollten vor Kontrastmittelgabe gut hydriert werden, vorher sollte man aber die Möglichkeit alternativer bildgebender Techniken, wie die Magnetresonanztomografie, Computertomografie ohne Kontrastmittel und Ultraschall prüfen. Nicht ionische, niedrigosmolare Kontrastmittel verursachen seltener renale Durchblutungsstörungen und weniger endotheliale Zellschäden als ionische Agenzien, sollten aber bei bekannter Allergie trotzdem vorsichtig eingesetzt werden. Die errechnete glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) ist ein zuverlässigeres Maß der Nierenfunktion als der Serumspiegel von Kreatinin alleine, da sie Alter, ethnische Herkunft und Geschlecht berücksichtigt. In einer Studie wiesen 15 % der ambulanten Patienten mit normalem Serumkreatinin eine errechnete Kreatininclearance von maximal 50 ml/min/1,73 m2 auf (normal: ≥ 90 ml/min/1,73 m2). Der eGFR-Wert, der für die Gabe von intravenösem Kontrastmittel überschritten werden muss, wird kontrovers beurteilt. Die Gefahr einer Kontrastmittelnephropathie nimmt bei einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 zu, allerdings wird Kreatinin bei den meisten dieser Patienten nur vorübergehend ansteigen. Das Dialyserisiko nach einer Kontrastmitteluntersuchung nimmt bei einer eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 signifikant zu. Somit scheint ein eGFR-Schwellenwert zwischen 60 und 30 ml/min/1,73 m2 angemessen zu sein. Der exakte Wert ist jedoch im Grunde willkürlich. Ein Kreatininwert von 1,6 bei einem männlichen 70-jährigen US-Amerikaner nicht afrikanischer Abstammung entspricht einer eGFR von etwa 45 ml/min/1,73 m2. Das American College of Radiology schlägt eine eGFR von 45 ml/min/1,73 m2 als Schwellenwert für den Einsatz jodhaltiger Kontrastmittel an, unterhalb dessen eine erhöhte Gefahr für eine Kontrastmittelnephropathie besteht. Ist in diesem Fall eine Kontrastmittelgabe unumgänglich, sollte der Patient gut hydriert und evtl. die Dosis des Kontrastmittels reduziert werden. Die Verwendung anderer Substanzen, wie Bikarbonat und Acetylcystein, kann die Inzidenz der Kontrastmittelnephropathie reduzieren.
Allergie
Sofortreaktionen nach der intravenösen Gabe von Kontrastmitteln können durch verschiedene Mechanismen entstehen. Die schwersten Reaktionen hängen mit einer allergischen Hypersensitivität (Anaphylaxie) zusammen und reichen von leichten Quaddeln bis zu Bronchospasmen und dem Tod. Die Pathogenese dieser allergischen Reaktionen ist nicht ganz geklärt, beruht aber vermutlich auf der Freisetzung von Mediatoren wie Histamin, auf Antikörper-Antigen-Reaktionen und Komplementaktivierung. Schwere allergische Reaktionen auf nicht ionische Kontrastmittel treten bei etwa 0,04 % der Patienten auf. Bei der Applikation ionischer Kontrastmittel ist die Rate sechsfach höher. Risikofaktoren ergeben sich aus einer Vorgeschichte mit bereits bekannter Kontrastmittelallergie (um den Faktor 5 erhöhtes Risiko), Lebensmittel- und Medikamentenallergien und atopische Erkrankungen (Asthma, Heuschnupfen). Der Vorhersagewert der spezifischen Allergien, wie denen gegen Muscheln, der früher als wichtig galt, wird inzwischen als unzuverlässig eingestuft. Bei Patienten mit bekannten allergischen Reaktionen sollte alternativ eine Nativ-CT- oder MRT-Untersuchung durchgeführt werden. Wenn auf jodhaltiges Kontrastmittel nicht verzichtet werden kann, sollten nicht ionische Kontrastmittel nach Vorbehandlung mit Glukokortikoiden und Antihistaminika (H1- und H2-Blocker) verwendet werden (Tab. 440e-2). Patienten mit allergischen Reaktionen auf jodhaltige Kontrastmittel reagieren normalerweise nicht auf die Gabe von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln bei der Magnetresonanztomografie, obwohl Patienten mit allergischer Vorgeschichte auch vor Gabe eines MR-Kontrastmittels entsprechend vorbehandelt werden sollten. Nichtsofortreaktionen (> 1 h nach Injektion) sind häufig und hängen vermutlich mit T-Zell-vermittelten Immunreaktionen zusammen. Sie gehen meistens mit Urtikaria einher, können aber auch schwerer ausfallen. Der Auslöser und eine sichere Alternative lassen sich oft nur durch eine Medikamentenprovokation und eine Hauttestung ermitteln.
Andere Nebenwirkungen sind selten und umfassen ein Wärmegefühl im gesamten Körper und einen metallischen Geschmack im Mund während der intravenösen Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels. Die Extravasation von Kontrastmittel ist zwar selten, aber schmerzhaft und kann auch zum Kompartmentsyndrom führen. In diesem Fall muss ein plastischer Chirurg hinzugezogen werden. Patienten mit klinisch eindeutigen Herzkrankheiten haben oft ein erhöhtes Risiko für Kontrastmittelreaktionen, sodass bei ihnen Volumen und Osmolalität des Kontrastmittels reduziert werden sollten. Patienten, bei denen wegen einer Schilddrüsenerkrankung oder eines Schilddrüsenkarzinoms eine systemische Radiojodtherapie durchgeführt wird, sollten möglichst keine jodhaltigen Kontrastmittel erhalten, weil sie die Aufnahme des Radiojods in Tumor oder Schilddrüse reduzieren (siehe dazu American College of Radiology Manual on Contrast Media, Version 9, 2013; http://www.acr.org/~/media/ACR/Documents/PDF/QualitySafety/Resources/Contrast%20Manual/2013_Contrast_Media.pdf).
Magnetresonanztomografie bei neurologischen Erkrankungen
Technik der Magnetresonanztomografie
Die Magnetresonanz ist eine komplexe Interaktion zwischen Protonen in biologischem Gewebe, einem statischen Magnetfeld (Magnet des MR-Tomografen) und der Energie in Form von Radiowellen einer spezifischen Frequenz, die durch in der Nähe der zu untersuchenden Körperregion platzierte Spulen eingestrahlt werden. Die Bilder entstehen durch Computerverarbeitung der von den Protonen im Körper erhaltenen Resonanzen. Die Feldstärke des Magneten ist direkt proportional zum Signal/Rausch-Verhältnis. Die 1,5-Tesla-Magneten sind heutzutage die Standard-Hochfeld-MR-Geräte, 3- bis 9,4-T-Magneten stehen bereits zur Verfügung, welche deutliche Vorteile zeigen bei der Untersuchung des Nervensystems und des muskuloskelettalen Systems. Magnete mit höheren Feldstärken (7-T) und MRT-PET-Kombinationen dürften die Auflösung oder die anatomisch-funktionellen Informationen bei verschiedenen Krankheiten verbessern. Die räumliche Zuordnung vollbringen Gradienten, die den Magneten umgeben, welche im gesamten Untersuchungsbereich leichte Veränderungen im Magnetfeld übermitteln. Der Energiezustand der Protonen wird vorübergehend durch Anwendung von für die Feldstärke spezifischer Radiofrequenz angeregt. Die darauf folgende Rückkehr zu einem Gleichgewichtsenergiezustand der Protonen (Relaxation) setzt RF-Energie frei (Echo), die von Spulen empfangen wird. Das Echo wird mithilfe der Fourier-Analyse in Informationen umgesetzt, aus denen das MR-Bild berechnet wird. Das MR-Bild zeigt eine Karte der Verteilung der Protonen und zeigt auch die Unterschiede der Relaxationszeiten (siehe unten) der Protonen in unterschiedlichen Molekülen. In der klinischen Routine werden die ubiquitären Protonen genutzt, in der Forschung erscheinen aber auch die Natrium- und Kohlenstoff-Bildgebung und -Spektroskopie aussichtsreich.
T1- und T2-Relaxationszeiten
Die Zeit des Zurückschwingens der angeregten Protonen auf das Gleichgewichtsniveau bezeichnet man als Relaxationszeit. Sie ist in den verschiedenen normalen und pathologischen Geweben unterschiedlich. Die Relaxationszeit (in Millisekunden gemessen) eines Protons in einem Gewebe wird vom umliegenden molekularen Milieu und von benachbarten Atomen beeinflusst. Zwei Relaxationszeiten, die T1 und T2, definieren die Signalintensität im Bild. Die T1-Relaxationszeit ist die Zeit (in Millisekunden gemessen) in der 63 % der Protonen auf ihr Gleichgewichtsniveau zurückkehren, während die T2-Relaxationszeit die Zeit ist, die notwendig ist zur Dephasierung von 63 % der Protonen durch die Interaktion zwischen benachbarten Protonen. Die Signalintensität in unterschiedlichem Gewebe und der Bildkontrast können durch Veränderung der Akquisitionsparameter wie Intervall zwischen den RF-Pulsen (Repetitionszeit, TR) und der Zeit zwischen dem MR-Puls und der Signalauslesung (Echozeit, TE) geändert werden. Die sog. T1-gewichteten Bilder werden so erstellt, dass TR und TE relativ kurz gehalten werden. T2-gewichtete Bilder werden durch Anwendung längerer TR- und TE-Zeiten erzeugt. Fett und subakute Blutung haben kurze T1-Relaxationszeiten und eine hohe Signalintensität auf T1-gewichteten Aufnahmen. Wässrige Medien wie Liquor, ödematöses Gewebe haben lange T1- und T2-Relaxationszeiten und haben eine niedrige Signalintensität auf T1-gewichteten und eine hohe Signalintensität auf T2-gewichteten Bildern (Tab. 440e-3). Die graue Substanz enthält 10–15 % mehr Wasser als die weiße, was für einen intrinsischen Kontrast zwischen den beiden sorgt (Abb. 440e-4B). Die T2-gewichteten Bilder sind sensitiver für Ödem, Demyelinisierung, Infarkt und chronische Blutung als T1-Bilder, die aber empfindlicher sind für subakute Blutungen und für fetthaltige Strukturen.
Es existieren viele unterschiedliche MR-Pulssequenzen und alle können in unterschiedlichen Ebenen durchgeführt werden (Abb. 440e-2, Abb. 440e-3Abb. 440e-4). Die Auswahl des geeigneten Untersuchungsprotokolls, das die klinische Fragestellung am besten beantworten soll, erfolgt anhand der Vorgeschichte und der klinischen Daten. Die sog. FLAIR(Fluid Attenuated Inversion Recovery)-Sequenz erstellt T2w-Bilder, bei denen das üblicherweise hohe Signal von Liquor unterdrückt wird (Abb. 440e-4A und -B). Auf FLAIR-Bildern erkennt man deshalb flüssigkeitshaltige Läsionen, besonders solche, die an Liquorräume grenzen, deutlich besser als auf Standard-Spinechobildern. Suszeptibilitätsgewichtete Sequenzen (SWI), also Gradientenecho-Bilder, sind empfindlich für magnetische Suszeptibilität, verursacht durch alte Blutreste, Kalk und Luft. Diese Sequenz ist indiziert bei Verdacht auf Mikroblutungen, wie Amyloid, hämorrhagischen Metastasen und thrombotischen Prozessen (Abb. 440e-5C)sowie bei Spätuntersuchungen und Begutachtungen nach Schädel-Hirn-Traumen. Die MR-Bilder können, ohne die Patientenposition zu ändern, in beliebigen Ebenen erstellt werden. Alle Ebenen erfordern eine separate Untersuchungssequenz, die in der Regel 1–10 Minuten beansprucht. Mit der MRT ist aber auch eine dreidimensionale Volumenuntersuchung möglich, die erhaltenen Daten eines Volumens können dann auf einer Workstation in jeder beliebigen Orientierung berechnet werden, womit bestimmte pathologische Prozesse besonders gut hervorgehoben werden können.
Abbildung 440e-3Zerebraler Abszess bei einem Patienten mit Fieber und rechtsseitiger Hemiparese. A. Die T1-Wichtung nach Kontrastmittelgabe zeigt eine ringförmige Anreicherung im linken Frontallappen.B. Das axiale diffusionsgewichtete Bild demonstriert die Diffusionsstörung (hohe Signalintensität) innerhalb der Läsion. Eine Diffusionsstörung in dieser Konstellation ist hochgradig verdächtig auf einen zerebralen Abszess.
MR-Kontrastmittel
Das Schwermetall Gadolinium bietet die Basis von fast allen heute zugelassenen intravenösen MR-Kontrastmitteln. Gadolinium ist eine paramagnetische Substanz, was bedeutet, dass es die T1- und T2-Relaxationszeiten der nahe gelegenen Protonen reduziert, wodurch sie ein hohes Signal in der T1- und ein niedriges in der T2-Wichtung zeigen (das Letztere erfordert eine ausreichende lokale Konzentration, üblicherweise in Form eines Bolus). Im Gegensatz zu jodhaltigen Kontrastmitteln hängt der Effekt des MR-Kontrastmittels von der Anwesenheit lokaler Protonen ab, auf die es wirken muss, um den gewünschten Effekt zu erreichen. Es sind verschiedene gadoliniumhaltige Substanzen zum Einsatz bei der MRT zugelassen. Sie unterscheiden sich durch den Chelatanteil, der auch die Stärke der Chelatierung des sonst toxischen Gadoliniumanteils bestimmt. Das Gadolinium-chelatierende Trägermolekül lässt sich danach klassifizieren, ob es makrozyklisch ist oder eine lineare Geometrie aufweist und ob es ionisch oder nicht ionisch ist. Die meisten werden renal ausgeschieden. Zyklische Substanzen sind stabiler, setzen Gadolinium mit geringerer Wahrscheinlichkeit frei und gelten daher als am sichersten. In der aktuellen Literatur wird bei Patienten mit häufiger Anwendung von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln über Ablagerung von Gadolinium in Hirngewebe (z. B. N. dentatus) berichtet. Dies kommt bei makrozyklischen, also stabileren Kontrastmitteln seltener vor. Die klinische Bedeutung dieser Ablagerung ist noch nicht geklärt, trotzdem wird empfohlen, bei der MR-Tomografie makrozyklische Kontrastmittel zu benutzen.
Allergische Hypersensitivität
Gadolinium ist in einem Chelatkomplex zu DTPA (Diethylene Triamine Pentaacetic Acid) gebunden, passiert normalerweise die intakte Blut-Hirn-Schranke nicht sofort und verursacht daher nur an Stellen mit gestörter Blut-Hirn-Schranke (Abb. 440e-3A) sowie in Arealen ohne Blut-Hirn-Schranke (z. B. in Hypophyse, Dura, Plexus chorioideus) eine Signalverstärkung des Gewebes. Das gadoliniumhaltige Kontrastmittel passiert langsam auch die intakte Blut-Hirn-Schranke, wenn man es über die Zeit appliziert, insbesondere bei reduzierten Nierenfunktionen oder bei Meningitis. Diese Kontrastmittel werden in der Regel gut toleriert; insgesamt liegt die Häufigkeit der Nebenwirkungen nach der Injektion bei 0,07–2,4 %. Echte allergische Reaktionen sind selten (0,004–0,7 %), wurden aber beschrieben. Schwere lebensbedrohliche Reaktionen sind extrem selten. In einem Bericht traten bei 20 Millionen Anwendungen nur 55 Reaktionen auf. Bei Patienten, die schon einmal auf Gadolinium reagiert haben, treten erneut Reaktionen 8-mal häufiger auf. Weitere Risikofaktoren sind Atopie oder Asthma (3,7 %); wenn keine Kreuzreaktivität mit jodhaltigem Kontrastmittel besteht, sollte bei bekannter Jodallergie von einem erhöhten Risiko ausgegangen werden. Gadoliniumhaltige Kontrastmittel können sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen sicher angewendet werden, wenn auch es unter einem Alter von 6 Monaten im Allgemeinen vermieden wird. Zu Nierenversagen führt es nicht.
Nephrotoxizität
Gadoliniumhaltige Substanzen führen nicht zu einem kontrastinduzierten Nierenversagen. Eine seltene Komplikation, „die nephrogene systemische Fibrose“ (NSF), wurde bei Patienten mit Niereninsuffizienz, die gadoliniumhaltiges Kontrastmittel erhalten haben, beschrieben. Der Beginn von NSF wurde zwischen 5 und 75 Tagen nach Kontrastmittelgabe berichtet, histologische Veränderungen beinhalten die verdickten Kollagenbündel mit angrenzenden Rissen, Mucin-Deposition und Vermehrung der Fibrozyten und elastischen Fasern in der Haut. Zusätzlich zu den dermatologischen Symptomen gibt es auch andere Manifestationen, wie ausgedehnte Fibrose von Skelettmuskulatur, Knochen, Lunge, Pleura, Perikard, Myokard, Nieren, Testis und Dura. Das American College of Radiology empfiehlt vor der Gabe eines gadoliniumhaltigen MRT-Kontrastmittels (GBMCA) bei folgenden Patientenfaktoren eine aktuelle (z. B. letzte 6 Wochen) Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR):
Bekannte Nierenkrankheit (z. B. Einzelniere, Nierentransplantat, Nierentumor)
Bekannte schwere Lebererkrankung/Lebertransplantation/Warten auf ein Lebertransplantat: Bei diesen Patienten wird eine GFR-Bestimmung kurz vor der Durchführung der MRT empfohlen.
Die Inzidenz der nephrogenen systemischen Fibrose bei schwerer Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min/1,73 m2) liegt bei 0,19–4 %. Weitere Risikofaktoren für eine nephrogene systemische Fibrose sind akute Nierenschäden, die Anwendung nicht makrozyklischer Substanzen und wiederholte oder hoch dosierte Expositionen mit Gadolinium. Das American College of Radiology Committee on Drugs and Contrast Media stellt fest, dass bei dialysepflichtigen Patienten, die gadoliniumhaltige Substanzen erhalten, bei Patienten mit schwerer oder terminaler Niereninsuffizienz (eGFR < 30 ml/min/1,73 m2) ohne Dialyse, bei einer eGFR von 30–40 ml/min/1,73 m2 ohne Dialyse (da die GFR fluktuieren kann) oder mit bestehender Niereninsuffizienz ein Risiko für eine nephrogene systemische Fibrose besteht.
Komplikationen und Kontraindikationen der Magnetresonanztomografie
Aus Sicht des Patienten ist eine MR-Untersuchung angsterregender und fordert eine bessere Kooperation als die Computertomografie. Der Patient liegt auf einem Untersuchungstisch, der in eine lange, enge Röhre innerhalb des Magnetes bewegt wird. Etwa 5 % der Menschen zeigen eine schwere Klaustrophobie im MR-Gerät. Dies kann mit leichter Sedierung reduziert werden, bleibt aber ein Problem. Da die Untersuchung 3–10 Minuten pro Sequenz dauert, verursachen Patientenbewegungen während einer Sequenz der Computertomografie Artefakte in allen Bildern der Sequenz, weshalb nicht kooperative Patienten entweder für die Untersuchung sediert/narkotisiert oder mit CT untersucht werden sollten. Im Allgemeinen müssen Kinder unter 10 Jahren häufig sediert werden, um eine komplette MR-Untersuchung ohne Bewegungsartefakte zu ermöglichen.
Die MR-Tomografie wird auch bei hohen Feldstärken als sicher betrachtet. Schwere Verletzungen, sogar Todesfälle sind aber durch Anziehung von ferromagnetischen Objekten in den Magneten möglich, wenn sie zu nahe zum Magneten gelangen und angezogen werden. In diesen Fällen wirken sie wie Projektile. Dementsprechend können sich ferromagnetische Implantate, wie alte Aneurysmaclips, im Magnetfeld drehen und Gefäßverletzungen oder sogar den Tod verursachen. Metallische Fremdkörper im Auge haben sich bewegt und verursachten eine intraokulare Blutung, weshalb bei Metallarbeitern und okularen Fremdkörpern nach Metallfragmenten gesucht werden soll! Implantierte Herzschrittmacher sind im Allgemeinen Kontraindikationen für MRT wegen des Risikos von induzierten Arrhythmien, wenn auch neue Herzschrittmacher als sicher erscheinen. Alle medizinischen Mitarbeiter und Patienten sollten in dieser Richtung untersucht und auch geschult werden, um solche Desaster zu verhindern. Der Magnet ist immer an! Die Tabelle 440e-4 listet die häufigsten Kontraindikationen der Kernspintomografie auf.
Abbildung 440e-4Herpes-simplex-Enzephalitis bei einem Patienten mit Bewusstseinsstörung und Fieber. A und B. Koronare (A) und axiale (B) T2-gewichtete FLAIR-Sequenz mit hoher Signalintensität und Schwellung im rechten medialen Temporallappen und Inselkortex (Pfeile). C. Die hohe Signalintensität in der Diffusionswichtung zeigt die Diffusionsrestriktion im rechten medialen Temporallappen und im Hippocampus (Pfeile) sowie die geringfügige Beteiligung des linken basalen Temporallappens (Pfeilspitze). Dies entspricht der Zerstörung von Nervenzellen und kommt bei akuten Infarkten sowie bei Enzephalitis und anderen Entzündungen vor. Die PCR-Untersuchung aus dem Liquor bestätigte die Herpes-simplex-Enzephalitis.
Abbildung 440e-5Suszeptibilitätsgewichtetes Bild (SWI) bei familiären kavernösen Malformationen. A. CT ohne Kontrastmittel mit hyperdenser Läsion im rechten Gyrus praecentralis(Pfeil). B.T2-gewichtetes Fast-Spinecho mit subtilen Läsionen mit geringer Signalintensität (Pfeile). C. Suszeptibilitätsgewichtetes Bild mit zahlreichen Läsionen mit Signalauslöschungen im Sinne von hämosiderinreichen kavernösen Malformationen (Pfeil).
Kardialer Schrittmacher oder permanente Schrittmacherkabel Okuläre Implantate (einige) oder metallische orbitale Fremdkörper McGee-Stapedektomie-Prothese (relativ) Duraphase-Penisimplantat (relativ) Magnetische, magnetisierbare (in der Regel eisenhaltige) Implantate aller Art Tätowierung (relativ) (enthält ferromagnetisches Material und kann die Haut irritieren, Verbrennungsgefahr) |
Anmerkung: Siehe auch: www.mrisafety.com. |
Magnetresonanzangiografie bei neurologischen Erkrankungen
Magnetresonanzangiografie (MRA) ist der Sammelbegriff unterschiedlicher MR-Techniken, die „gefäßgewichtete“ Bilder erzeugen. Eine native MRA ist in erster Linie eher die Darstellung des Blutflusses als der Anatomie. Letztere ist in der konventionellen Angiografie besser zu erkennen. Auf Routine-Spinecho-Sequenzen weisen sich bewegende Protonen (z. B. fließendes Blut, Liquorpulsation) komplexe Signale auf, die von hoher bis zu niedriger Signalintensität im Verhältnis zum stationären Gewebe reichen können. Schnell fließendes Blut zeigt kein Signal („Flow Void“) auf Routine-T1w- und T2w-Spinecho-MR-Sequenzen. Langsam fließendes Blut wie in Venen oder hinter arteriellen Stenosen kann mit hohem Signal erscheinen. Durch Anwendung spezieller Pulssequenzen, sog. Gradientenechosequenzen, ist es möglich, die Signalintensität von sich bewegenden Protonen im Vergleich zu der niedrigen Hintergrundintensität des stationären Gewebes zu erhöhen. Dies erzeugt angiografieartige Bilder, welche zur Demonstration der vaskulären Anatomie in drei Ebenen dargestellt und manipuliert werden können.
Die „Time-of-Flight“(TOF)-MR-Angiografie beruht auf der Unterdrückung des Signals des stationären Gewebes, um einen Niedrigsignalhintergrund für das hohe Signal des in die Schicht einfließenden Bluts zu sichern. Arterielle oder venöse Strukturen können hervorgehoben werden. Eine typische TOF-Angiografie-Sequenz wird durch eine Serie von anliegenden, dünnen MR-Schichten (0,6-0,9 mm dick) erstellt, welche als Stapel angeschaut und bearbeitet werden können. Diese Schichten ergeben einen Angiografie-Datensatz, aus welchem unterschiedliche Schichtebenen und Winkel nachberechnet und der Sichtweise einer konventionellen Angiografie entsprechend demonstriert werden können (Abb. 440e-2G).
Eine Phasenkontrastangiografie hat eine längere Akquisitionszeit und ähnelt in Bezug auf die anatomische Information der TOF-Bildgebung, sie ist zusätzlich geeignet zur Flussgeschwindigkeit- und Flussrichtungsbestimmung von Blut in einem bestimmten Gefäß (oder auch vom Liquor). Durch die Auswahl unterschiedlicher Bildgebungsparameter können verschiedene Blutflussgeschwindigkeiten hervorgehoben werden, selektive venöse oder arterielle MRA-Bilder können so erstellt werden. Ein großer Vorteil der Phasenkontrastangiografie ist die sehr gute Unterdrückung des Signals der Hintergrundstrukturen.
Eine MRA kann man auch während der Infusion eines Kontrastmittels erstellen. Die Vorzüge der Methode beinhalten die Verkürzung der Akquisitionszeit (1–2 min vs. 10 min) und die Minderung der Flussartefakte und die höhere Auflösung der Bilder. Heutzutage entwickelt sich die kontrastmittelverstärkte MRA (CE-MRA) zur Standarduntersuchung der extrakraniellen Gefäße. Diese Methode beinhaltet eine schnelle Bildgebung mit Anwendung koronarer dreidimensionaler TOF-Sequenzen während der Injektion eines Gadolinium-DTPA-Bolus. Eine sichere Technik und korrektes Timing der Akquisition in Bezug auf die Bolusankunft sind die kritischen Punkte dieser Untersuchung.
Die MRA besitzt im Vergleich zur konventionellen Angiografie eine wesentlich niedrigere räumliche Auflösung, sodass die Darstellung kleiner Gefäße problematisch ist, z. B. bei der Diagnostik von Vaskulitiden und peripheren Vasospasmen. MRA ist auch weniger empfindlich auf langsam fließendes Blut und deshalb entstehen Probleme in der Unterscheidung der kompletten Verschlüsse von Pseudookklusionen. Bewegung – entweder des Patienten oder der anatomischen Strukturen – kann die MRA-Bilder verzerren und Artefakte verursachen. Unabhängig von diesen Einschränkungen wird die MRA in der Abklärung der extrakraniellen Karotis- und Vertebraliszirkulation, aber auch der großkalibrigen intrakraniellen Arterien und der duralen Sinus, erfolgreich genutzt. Sie zeigt sich auch in der nicht invasiven Abklärung von intrakraniellen Aneurysmen und vaskulären Malformationen nützlich.
Echoplanare MR-Bildgebung bei neurologischen Erkrankungen
Verbesserungen der Gradienten, der Software und leistungsfähigere Computer erlauben extrem schnelle MR-Darstellungen des Gehirns. Bei Echoplanar-Imaging (EPI) werden die Gradienten sehr schnell ein- und ausgeschaltet, um die zur Bildgebung notwendigen Informationen zu erreichen. Bei einer Routine-Spinecho-Sequenz erhält man in 5–10 Minuten die Bilder vom Gehirn. Mit EPI werden alle Informationen, die man für die Berechnung eines Bildes braucht, in Millisekunden gesammelt. Die Information für das gesamte Gehirn erhält man in 1–2 Minuten, abhängig von der notwendigen oder gewünschten Auflösung. Schnelle MR-Bildgebung vermindert die Kontamination der Bilder mit Patienten- oder Organbewegungen und bildet die Grundlage der Perfusionsbildgebung während der Kontrastmittelinjektion und Bewegungsstudien. Außerdem werden EPI-Sequenzen auch zur Diffusionsbildgebung und Traktografie, zur fMRI und für Studien mit arterieller Spinmarkierung eingesetzt (Abb. 440e-2H, Abb. 440e-3, Abb. 440e-4C, Abb. 440e-6, siehe auch Abbildung 446-16).
Perfusions- und Diffusionsbildgebung sind EPI-Techniken, welche in der frühen Erkennung der zerebralen Ischämien nützlich sind. Die beiden gemeinsam angewendet zeigen das infarzierte Gewebe, aber auch die potenziell noch lebensfähigen Regionen („tissue at risk“, sog. Penumbra). Die Diffusionsbildgebung (DWI oder DW-MRT) erfasst mikroskopische Bewegungen von Wassermolekülen. Eine Bewegungsrestriktion erscheint als eine relative hohe Signalintensität auf diffusionsgewichteten Bildern. Im infarzierten Gewebe ist die Bewegung von Wasser in den Zellen und im Interstitium reduziert, sodass ein hohes Signal im DW-MRT entsteht. DW-MRT ist die sensitivste Methode, einen akuten zerebralen Infarkt (< 7 Tage alt) darzustellen (Abb. 440e-2H), ist aber auch sensitiv zum Nachweis von absterbendem oder abgestorbenem Hirngewebe aufgrund einer Enzephalitis oder einer Abszessbildung (Abb. 440e-3B).
Die Perfusions-MRT beinhaltet die Akquisition von EPI-Bildern während eines schnellen intravenösen Gadolinium-Kontrastmittelbolus. Das relative zerebrale Blutvolumen (CBV), die mittlere Transitzeit (Mean Transit Time = MTT) und der zerebrale Blutfluss (CBF) können in beliebigen Arealen (ROIs) berechnet werden. Eine Verspätung in der mittleren Transitzeit und eine Absenkung des zerebralen Blutvolumens und des zerebralen Flusses findet man typischerweise bei Infarkten. Erhöhtes oder normales zerebrales Blutvolumen in Verbindung mit reduzierter Durchblutung (CBF) und verlängerter MTT zeigt, dass das Areal durch Kollateralen versorgt wird und markiert infarktgefährdetes Hirngewebe. Die pMRT-Bildgebung kann man auch bei der Unterscheidung von intraaxialen Hirntumoren, deren Blut-Hirn-Schranke relativ intakt ist, und extraaxialen Tumoren oder Metastasen mit relativ stärker durchlässiger Blut-Hirn-Schranke nutzen.
Die Traktografie (Diffusion Tensor Imaging, DTI) ist eine spezielle Diffusionstechnik, welche die Richtung der mikroskopischen Wasserbewegungen entlang der Bahnen der weißen Substanz erfasst. Diese Technik besitzt ein großes Potenzial bei der Beurteilung der Hirnentwicklung und bei Erkrankungen, die Integrität der weißen Substanz gefährden. Sie hat sich bei der Untersuchung der subkortikalen weißen Substanzarchitektur vor hirnchirurgischen Eingriffen als nützliches erwiesen (Abb. 440e-6).
Die fMRT des Gehirns ist eine EPI-Technik, welche die durch Aufgaben hervorgerufene oder spontane Hirnaktivität über durchblutungsabhängige Begleitphänomene räumlich den relevanten Hirnregionen zuordnet. Die neuronale Aktivität ruft eine Erhöhung der Versorgung eines spezifischen Areals mit oxygeniertem Blut hervor, was in einer leichten Änderung im Gleichgewicht von Oxyhämoglobin und Deoxyhämoglobin resultiert, was zu einer geringfügigen Signalintensitätserhöhung in den drainierenden Venen und lokalen Kapillaren führt. Die weitere Forschung wird klären, welche dieser Techniken klinisch nützlich oder kosteneffektiv ist. Zurzeit ist bereits eine präoperative Lokalisation des sensomotorischen, visuellen und auditiven Kortex sowie von Spracharealen möglich. Die Methode ist besonders nützlich für Neurowissenschaftler, die sich für die Untersuchung der Lokalisation unterschiedlicher Hirnfunktionen interessieren.
Abbildung 440e-6Diffusionstraktografie bei zerebralem Gliom. Assoziationsbahnen und absteigende Bahnen beim Gesunden (A) und bei einem Patienten mit einem Glioblastom im Parietallappen (B) mit Sprachstörungen: Der Tumor unterbricht den Arcuatum-SLF-Komplex, insbesondere im vorderen Bereich (SLF III). Ebenfalls gezeigt sind der bilaterale Tractus opticus und die linke Sehbahn beim Gesunden (C) und einem Patienten mit einem Oligoastrozytom Grad II im linken Hinterhauptslappen (D): Der Tumor unterbricht die linke Sehbahn. Darstellung in neurologischer Orientierung, d. h., die linke Hirnhälfte befindet sich in der linken Bildhälfte. AF = langes Segment des Fasciculus arcuatus; CST = Tractus corticospinalis; IFOF = Fasciculus frontooccipitalis inferior fascicle; ILF = Fasciculus longitudinalis inferior; SLF III = Fasciculus longitudinalis superior III oder anteriores Segment des Fasciculus arcuatus; SLF-tp = temporoparietaler Anteil des Fasciculus longitudinalis superior oder posteriores Segment des Fasciculus arcuatus; UF = Fasciculus uncinatus. (Mit frdl. Genehmigung von Eduardo Caverzasi und Roland Henry.)
Arterielle Spinmarkierung
Die arterielle Spinmarkierung ist ein quantitatives nicht invasives MR-Verfahren, das die zerebrale Durchblutung misst. Das den Hals durchquerende Blut wird mit einem MR-Puls markiert und dann nach kurzer Verzögerung im Gehirn dargestellt. Das Signal im Gehirn spiegelt den Blutfluss wider. Die arterielle Spinmarkierung ist besonders wichtig für Patienten mit Niereninsuffizienz sowie für pädiatrische Patienten, bei denen der Einsatz von radioaktiven Markern oder exogenen Kontrastmitteln kontraindiziert ist. Eine erhöhte zerebrale Durchblutung lässt sich leichter darstellen als ein reduzierter Blutfluss, der gelegentlich schwer quantifizierbar ist. Außerdem hat sich diese Technik beim Nachweis arteriovenöser Shunts in arteriovenösen Malformationen und arteriovenösen Fisteln bewährt.
Magnetresonanzneurografie
MR-Neurografie ist eine vielversprechende T2-gewichtete MR-Technik für die Darstellung des erhöhten Signals in gereizten, entzündeten oder infiltrierten peripheren Nerven. Diese Bilder werden mithilfe von fettunterdrückten FAST-Spinecho-Sequenzen oder mithilfe von kurzen Inversion-Recovery-Sequenzen erstellt. Gereizte oder infiltrierte Nerven zeigen sich durch ein hohes Signal in der T2-Wichtung. Dieses Verfahren ist bei Patienten mit einer Radikulopathie indiziert, die im konventionellen MRT der Wirbelsäule normale Befunde haben, sowie bei Verdacht auf eine Kompression oder ein Trauma peripherer Nerven.
Positronen-Emissionstomografie (PET) bei neurologischen Erkrankungen
Die PET beruht auf dem Nachweis von Positronen, die während des Zerfalls eines intravenös injizierten Radionukleids frei werden. Meistens wird 2-[18F]fluoro-2-deoxy-D-Glukose (FDG) verwendet, ein Glukoseanalogon, das von Zellen kompetitiv mit 2-Deoxyglukose aufgenommen wird. Nach 45–60 Minuten kann man zahlreiche Bilder über die Glukoseaufnahmeaktivität erhalten. Es zeigen sich Unterschiede in der regionalen Glukoseaktivität zwischen normalen und pathologischen Hirnstrukturen. Verminderte FDG-Aktivität in den Parietallappen ist mit der Alzheimer-Krankheit assoziiert, ein Befund, der einfach nur eine Atrophie widerspiegeln könnte, der im späteren Stadium auftritt. Die FDG-PET wird in erster Linie bei der Suche von extrakraniellen Metastasen angewendet. Die kombinierten PET-CT-Geräte liefern CT und PET in einer Sitzung und haben die einfachen PET-Geräte für die meisten Indikationen abgelöst. PET-MR-Tomografen wurden entwickelt und könnten sich bei der Darstellung des Gehirns und anderer Organe ohne die mit der CT verbundene Strahlenexposition als hilfreich erweisen. Vor kurzem wurden weitere PET-Liganden entwickelt, darunter Amyloidtracer wie Pittsburgh Compound B (PIB) und 18-F AV-45 (Florbetapir) sowie tau-PET-Tracer wie 18F-T807 und T808. Studien haben bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit eine stärkere Amyloidablagerung gezeigt als bei Patienten mit leichter kognitiver Einschränkung und gesunden Kontrollen. Allerdings zeigen auch 25 % der kognitiv „normalen“ Patienten Veränderungen in der Amyloid-PET-Bildgebung. Die könnte einen subklinischen Krankheitsprozess oder eine Variation des Normalen widerspiegeln. Die Tau-Bildgebung ist spezifischer für die Alzheimer-Krankheit, klinische Studien laufen.
Myelografie bei neurologischen Erkrankungen
Technik der Myelografie
Eine Myelografie beinhaltet die intrathekale Instillation eines speziellen wasserlöslichen jodhaltigen Kontrastmittels in den lumbalen oder zervikalen Subarachnoidalraum. Nach der Myelografie wird in der Regel auch eine Computertomografie durchgeführt (CT-Myelografie), um das Myelon, die Wurzeln, besser darzustellen, welche als Füllungsdefekte in dem kontrastierten Subarachnoidalraum dargestellt werden. Niedrigdosis-CT-Myelografie, bei welcher nach subarachnoidaler Injektion einer geringen Menge verdünnten Kontrastmittels eine Computertomografie durchgeführt wird, hat die konventionelle Myelografie in vielen Indikationen ersetzt. Hierbei reduzieren sich die Strahlenbelastung und die Kontrastmittelmenge deutlich. Die neuen Multidetektor-Scanner erlauben eine sehr schnelle CT-Untersuchung, die nachfolgenden Rekonstruktionen in sagittalen und koronaren Ebenen – den Projektionen in der traditionellen Myelografie entsprechend – sind bereits Routine.
Indikationen der Myelografie
Die konventionelle Myelografie wurde von der CT-Myelografie und MRT für die Diagnose der Erkrankung des Myelons und des Spinalkanals weitgehend ersetzt (Tab. 440e-1). Die verbliebenen Indikationen für eine konventionelle Myelografie umfassen die Untersuchung bei Verdacht auf meningeale oder arachnoidale Zysten sowie die Lokalisation spinaler Liquorfisteln. Die konventionelle Myelografie und CT-Myelografie liefern die genauesten Informationen bei Patienten mit vorausgegangenen Wirbelfusionen und spinalen Osteosynthesen. Der wichtigste Vorteil der Myelografie ist es, dass man mit der Methode entgegen der CT oder MRT beim Verdacht auf eine spinale Instabilität funktionelle Untersuchungen (Aufnahmen in Ante- und Retroflexion) und dies auch beim stehenden Patienten durchführen kann.
Kontraindikationen der Myelografie
Die Myelografie ist relativ sicher, sollte aber bei Patienten mit erhöhtem intrakraniellem Druck oder mit allergischer Reaktion auf intrathekales Kontrastmittel in der Vorgeschichte nur mit Vorsicht durchgeführt werden. Bei Patienten mit einem vermuteten spinalen Stopp ist die Kernspintomografie die Methode der Wahl. Wenn eine Myelografie notwendig ist, sollte man nur eine geringe Menge Kontrastmittel unterhalb der Läsion injizieren, um das Risiko einer neurologischen Verschlechterung so niedrig wie möglich zu halten. Eine Lumbalpunktion sollte bei Patienten mit Gerinnungsstörungen oder unter Antikoagulanzientherapie, aber auch bei Infektionen der darüber liegenden Weichgewebe vermieden werden (Kap. 443e).
Komplikationen der Myelografie
Die häufigste Komplikation der Myelografie sind Kopfschmerzen, die bei 5–30 % der Patienten auftreten. Übelkeit und Erbrechen treten selten auf. Posturale Kopfschmerzen (postpunktionelle Kopfschmerzen) werden allgemein durch den prolongierten Liquorverlust durch die Punktionsstelle erklärt, was zu einem Liquorunterdrucksyndrom führt. Eine höhere Inzidenz findet sich bei jüngeren Frauen und beim Einsatz schneidender Spinalnadeln mit großem Durchmesser. Wenn ein deutlicher Kopfschmerz länger als 48 Stunden besteht, ist die Injektion eines epiduralen Blutklots indiziert. Die Behandlung des postpunktionellen Kopfschmerzes wird in Kapitel 21 besprochen. Eine vasovagale Synkope kann während einer Lumbalpunktion auftreten und wird durch die aufrechte Position des Patienten während der lumbalen Myelografie akzentuiert. Eine adäquate Hydrierung vor und nach der Myelografie und die Anwendung dünner „atraumatischer“ Punktionskanülen (Sprotte-Nadel) senkt die Häufigkeit dieser Komplikation und der postpunktionellen Beschwerden.
Ein Hörsturz ist eine seltene Komplikation der Myelografie. Ursache dafür ist ein direkt toxischer Effekt des Kontrastmittels oder eine Störung des Druckausgleichs zwischen Liquor und Perilymphe im Innenohr. Die versehentliche Rückenmarkpunktion ist eine seltene, aber ernsthafte Komplikation der zervikalen (C1–C2) und der hohen Lumbalpunktion. Das Risiko, das Myelon zu punktieren, ist am größten bei einer Spinalkanalstenose, Chiari-Malformation oder bei Zuständen mit reduziertem Liquorvolumen. In diesen Fällen ist die niedrig dosierte lumbale Injektion mit nachfolgender Dünnschicht-CT oder die MRT die sichere Alternative zur zervikalen Punktion. Mit heutigen Kontrastmitteln und Geräten ist eine zervikale Punktion praktisch nicht mehr notwendig. Reaktionen auf intrathekale Kontrastmittelgabe sind selten, sie können aber als aseptische Meningitis und Enzephalopathie auftreten. Letztere ist in der Regel dosisabhängig und mit dem in den intrakraniellen Subarachnoidalraum gelangten Kontrastmittel assoziiert. Krampfanfälle treten bei 0,1–0,3 % der Patienten nach einer Myelografie auf. Risikofaktoren sind eine vorbestehende Epilepsie und die Anwendung von Gesamtjoddosen über 4500 mg. In diesen Fällen ist eine Anfallsprophylaxe sinnvoll. Andere beschriebene Symptome schließen Hyperthermie, Halluzinationen, Depression und Angstzustände ein. Diese Nebenwirkungen sind durch die Entwicklung von nicht ionischen, wasserlöslichen, isotonen Kontrastmitteln deutlich geringer geworden. Genauso können Kopfhochlagerung und großzügige Hydrierung nach einer Myelografie helfen.
Spinale Interventionen bei neurologischen Erkrankungen
Diskografie bei neurologischen Erkrankungen
Die Untersuchung von Rückenschmerzen und Radikulopathie können diagnostische Prozeduren notwendig machen, die versuchen, entweder die Schmerzen des Patienten zu reproduzieren oder zu lindern und damit Hinweise auf die Ursache zu liefern. Die heute nur noch extrem selten durchgeführte Diskografie beinhaltet die Punktion einer Bandscheibe mit einer 22- bis 25-Gauge-Nadel und die nachfolgende Injektion von 1–3 ml Kontrastmittel. Der intradiskale Druck wird auch gemessen, ebenso die Antwort des Patienten auf die Kontrastmittelinjektion beachtet. Bei einer normalen Bandscheibe entsteht typischerweise kein oder höchstens ein leichter lokaler Schmerz während der Injektion, in welche man auch bei hohen Drücken von 415–690 kPa (4–6,8 at) höchstens 1 ml einbringen kann. Im pathologischen Fall lassen sich die üblichen radikulären Schmerzen provozieren, bzw. reproduzieren. Die Prozedur kann unter CT- oder Durchleuchtungsbedingungen durchgeführt werden. Möglicherweise beschleunigt die Diskografie die Bandscheibendegeneration.
Selektive Nervenwurzel- und epidurale spinale Injektionen bei neurologischen Erkrankungen
Perkutane selektive Nervenwurzel- und epidurale Blockaden mit Glukokortikoid- und Betäubungsmittelmischung können aus therapeutischen, aber auch aus diagnostischen Gründen durchgeführt werden. Typischerweise injiziert man 1–2 ml von einer gleichteiligen Mischung von einem lange wirkenden Glukokortikoid wie Betamethason oder Triamcinolonacetonid und einem lange wirkenden Anästhetikum wie Bupivacain 0,5 % unter CT- oder Durchleuchtungskontrolle in den intraspinalen Epiduralraum oder direkt in die Nähe einer Nervenwurzel.
Angiografie bei neurologischen Erkrankungen
Technik der Angiografie
Die Katheterangiografie ist indiziert zur Abklärung von Patienten mit vaskulären Erkrankungen, insbesondere der kleinen intrakraniellen Gefäße (wie Vaskulitis), zur Erfassung vaskulärer Malformationen und Aneurysmen sowie bei endovaskulären therapeutischen Eingriffen (Tab. 440e-1). Die invasive diagnostische Angiografie wurde für viele Indikationen von CT/CTA oder MRT/MRA abgelöst.
Sie birgt allerdings das größte Morbiditätsrisiko von allen diagnostischen radiologischen Verfahren, da ein Katheter in das Blutgefäß eingeführt und in die gewünschte Lokalisation vorgeschoben wird, Kontrastmittel zur Darstellung des Gefäßes injiziert und zum Schluss der Katheter mit Erreichen einer Hämostase entfernt werden muss. Therapeutische Katheterverfahren (siehe unten) sind wichtige Optionen für die Behandlung mehrerer zerebrovaskulärer Erkrankungen geworden. Die Entscheidung, eine diagnostische oder therapeutische Angiografie vorzunehmen, verlangt eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiko des Eingriffs.
Um die Toleranz gegenüber Kontrastmittel zu verbessern, empfiehlt sich, die Patienten vor und nach der Angiografie gut zu hydrieren. Da der Zugang meistens über die Femoralarterie erfolgt, muss die A. femoralis nach dem Eingriff komprimiert werden, um Hämatome zu verhindern. Die Punktionsstelle und der distale Puls sollen nach dem Eingriff sorgfältig kontrolliert werden, um Komplikationen wie Oberschenkelhämatome oder distale Embolien nicht zu übersehen.
Komplikationen der Angiografie
Die Punktion der A. femoralis erlaubt den retrograden Zugang über die Aorta zum Aortenbogen und zu den großen hirnzuführenden Gefäßen. Die am meisten gefürchtete Komplikation einer zerebralen Angiografie ist ein Schlaganfall. An oder in der Katheterspitze kann sich ein Thrombus bilden oder ein Thrombus oder eine atherosklerotische Plaque kann durch den Katheter, den Führungsdraht oder durch den Injektionsdruck von der Gefäßwand gelöst und in distale zerebrale Gefäßabschnitte eingeschwemmt werden. Zu den Risikofaktoren für ischämische Komplikationen gehören eine zu geringe Erfahrung des Untersuchers, Atherosklerose, Vasospasmen, kardiale Insuffizienz, eine verringerte Kapazität der Sauerstoffträger, fortgeschrittenes Alter und vielleicht auch eine Migräne. Das Risiko für neurologische Komplikationen lag früher bei etwa 4 % für eine transitorische ischämische Attacke, bei 1 % für bleibende Ausfälle; tödliche Ausgänge traten in den seltensten Fällen auf.
Das ionische Kontrastmittel, das in die zerebralen Gefäße injiziert wird, kann neurotoxisch wirken, wenn die Blut-Hirn-Schranke entweder in Folge einer Grunderkrankung oder der Injektion eines hyperosmolaren Kontrastmittels durchbrochen wird. Ionische Kontrastmittel werden weniger gut toleriert als die nicht ionischen, vermutlich, weil sie die zellulären elektrischen Membranpotenziale verändern können. Patienten mit einer Megadolichobasilaris können aufgrund der langsamen Strömung des Kontrastmittels und der daraus folgenden verlängerten Exposition der Hirnsubstanz eine reversible Hirnstammdysfunktion und einen akuten Gedächtnisverlust während der Angiografie erleiden. Selten rupturiert ein intrakranielles Aneurysma während einer Kontrastmittelinjektion. Der durch die Injektion hervorgerufene, höhere Druck könnte die Ursache sein.
Spinale Angiografie
Eine spinale Angiografie kann zur Einschätzung von vaskulären Malformationen und Tumoren sowie zur Identifikation der Adamkiewicz-Arterie (A. radicularis magna) (Kap. 456) vor einer Aortenaneurysma-Operation indiziert sein. Die Untersuchung kann lange dauern und erfordert relativ große Kontrastmittelmengen. Die Inzidenz von ernsten Komplikationen, inklusive einer Paraparese, Verschwommensehen oder Sprachstörungen, liegt unter der Häufigkeit von Komplikationen der zerebralen Angiografie. Die kontrastverstärkte Magnetresonanzangiografie wurde bereits bei diesen Fällen häufig erfolgreich angewendet und scheint für bestimmte Indikationen vielversprechend die diagnostische spinale Angiografie zu ersetzen.
Interventionelle Neuroradiologie
Dieses sich schnell entwickelnde Gebiet hält für Patienten mit neurovaskulären Erkrankungen neue therapeutische Optionen bereit. Die zur Verfügung stehenden Methoden umfassen die Ausschaltung von Aneurysmen mit ablösbaren Coils, die Embolisation von arteriovenösen Malformationen flüssigen Materialien (Kleber), Stententnahmesysteme zur Embolektomie, die Ballonangioplastie und Stenteinlage in Stenosen von Arterien, Dilatation oder lokale Anwendung von Spasmolytika bei Vasospasmen, transarterielle und/oder transvenöse Embolisation von duralen Fisteln, Ballon- oder Coilembolisation, oder Stenting von Carotis-cavernosus- und Vertebralisfisteln, endovaskuläre Therapie der V. magna Galeni-Malformationen, präoperative Embolisation von Tumoren sowie die lokale Thrombolyse von akuten arteriellen und venösen Thrombosen. Viele dieser Erkrankungen bedeuten für den Patienten ein hohes Risiko hinsichtlich zerebraler Blutungen, Schlaganfällen oder Tod. Die neueste Entwicklung auf diesem Gebiet ist die mechanische Rekanalisation von akuten intrakraniellen Gefäßverschlüssen mithilfe sogenannter „Stentriever“. Es gelingt dabei, einen Karotis-T- oder einen Media-Verschluss innerhalb von wenigen Minuten mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90 % zu rekanalisieren. Die Methode ist indiziert in ca. 10–15 % der Schlaganfälle und anhand von vor kurzem publizierten Studien ist sie hochsignifikant die beste Therapie der intrakraniellen „Großgefäßverschlüsse“.
Die höchsten Komplikationsraten fand man bei der Behandlung von Hochrisikoerkrankungen. Die Einführung der ablösbaren Coils hat eine neue Ära in der Behandlung von zerebralen Aneurysmen eingeleitet. Zwei große, randomisierten Untersuchungen fanden bei der Behandlung der frisch gebluteten Aneurysmen mit ablösbaren Coils eine deutliche Absenkung der Morbidität und Mortalität nach einem Jahr im Vergleich zum neurochirurgischen Clipping. In den meisten großen Zentren entwickelte sich die Intervention zur Standardtherapie für die meisten Aneurysmen.
Die mechanische Thrombektomie leitete eine neue Ära bei der Behandlung des akuten Schlaganfalles ein. Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass die Methode signifikant bessere Ergebnisse liefert als die bisherige Standardbehandlung, die systemische (i.v.) Lysetherapie.
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