47e Dyspnoe
Die Ursachen der Dyspnoe sind vielfältig, das Spektrum reicht von Atemwegserkrankungen (COPD, Asthma bronchiale), Erkrankungen des Lungenparenchyms (interstitielle Lungenerkrankung) über kardiale Ursachen (Herzinsuffizienz), Erkrankungen der Lungengefäße bis zu allgemein-internistischen Erkrankungen wie Anämie oder Adipositas.
Die Vielzahl der Ursachen erfordert eine breite Differenzialdiagnostik, die detailliert besprochen wird. Wegweisend sind häufig Anamnese und die klinische Untersuchung, komplettiert durch eine Thorax-Röntgen-Aufnahme, gegebenenfalls (in Abhängigkeit von der vermuteten Diagnose) auch Thorax-CT, EKG, Echokardiographie, Laboruntersuchungen und Lungenfunktionsprüfung. Ergänzt wurde das empfohlene diagnostische Prozedere um die Bestimmung der natriuretischen Peptide, die insbesondere bei der Differenzierung zwischen kardialen und respiratorischen Ursachen hilfreich sein kann.
Ein weiterer Abschnitt widmet sich dem Lungenödem; hier werden die pathophysiologischen Grundlagen der pulmonalen Flüssigkeitsakkumulation beschrieben, die aufgrund verschiedener Schädigungsmechanismen zustande kommt. Beim kardialen Lungenödem resultiert die Flüssigkeitsakkumulation aus einem Anstieg des pulmonalvenösen Druckes mit konsekutivem interstitiellem bzw. alveolärem Ödem. Die Schädigungen beim nicht kardialen Lungenödem werden in 3 Gruppen unterteilt. Der direkten Schädigung der Lunge (z. B. infolge von Aspiration, Pneumonie, Rauchgasinhalation) werden hämatogene Schädigungen (z. B. Sepsis, Pankreatitis, Massentransfusion, i.v. Drogenabusus) und Lungenschädigungen bei gleichzeitiger Erhöhung hydrostatischer Drücke gegenübergestellt (Höhenlungenödem, neurogenes Lungenödem, Reexpansionsödem).
Für die deutsche Ausgabe Ingo Fietze
Dyspnoe
Die ATS (American Thoracic Society) definiert Dyspnoe als die subjektive Wahrnehmung von Atembeschwerden, die aus qualitativ unterschiedlichen Empfindungen bestehen, welche in der Intensität variieren. Diese Wahrnehmung resultiert aus Interaktionen vieler physiologischer, psychologischer, sozialer und umweltbedingter Faktoren und kann wiederum physiologische Prozesse und das Verhalten des Betreffenden beeinträchtigen. Als Symptom muss Dyspnoe von der Empfindung der erschwerten Atemarbeit unterschieden werden.
Die Entstehung der Luftnot
Die Wahrnehmung der Dyspnoe ist das Resultat der Interaktionen der efferenten Neurone vom Gehirn zur Atemmuskulatur (Feedforward), der afferenten sensorischen Informationen der Rezeptoren des Körpers (Feedback) sowie der integrativen Verarbeitung im Gehirn (Abb. 47e-1). Im Gegensatz zu Schmerzempfindungen, die durch die Stimulation einzelner Nervenendigungen ausgelöst werden können, wird Luftnot eher ganzheitlich erfahren, ähnlich wie Hunger- oder Durstgefühl. Eine bestehende Erkrankung kann durch einen oder mehrere Mechanismen zur Dyspnoe führen, wobei einige Faktoren nur unter bestimmten Bedingungen zur Geltung gelangen (z. B. Anstrengung) und andere nicht (z. B. Lagewechsel).
Motorische Efferenzen
Störungen der Atempumpe – in den meisten Fällen ein erhöhter Atemwegswiderstand oder eine herabgesetzte Compliance – sind mit einer vermehrten Atemarbeit oder dem Gefühl einer erschwerten Atemanstrengung verbunden. Eine geschwächte oder ermüdete Atemmuskulatur erfordert selbst bei intakter Atemmechanik größere Atemanstrengungen. Ein verstärkter neuronaler Impuls der motorischen Hirnareale wird gleichzeitig von sensorischen Hirnarealen wahrgenommen, sobald motorische Efferenzen in Richtung Atemmuskulatur geschickt werden.
Sensorische Afferenzen
Die Chemorezeptoren im Glomus caroticum oder der Medulla oblongata reagieren auf Hypoxämie, Hyperkapnie oder Azidose. Die Stimulation dieser und anderer Rezeptoren, die zu einer Steigerung der Ventilation führen, erzeugen das Gefühl eines vermehrten Luftbedarfs. Bronchospasmen induzieren über die Stimulation von Mechanorezeptoren der Lunge ein Engegefühl im Brustkorb. Die Aktivierung der J-Rezeptoren, die auf ein interstitielles Ödem reagieren, und pulmonalvaskuläre Rezeptoren, die durch akute Änderungen des pulmonalarteriellen Druckes aktiviert werden, scheinen das Gefühl des Luftmangels zu verstärken. Das Gefühl, nicht tief durchatmen zu können oder nur eingeschränkt bzw. angestrengt atmen zu können, geht mit einer Lungenüberblähung einher. Eine weitere Verstärkung der Dyspnoe wird durch die Aktivierung von Stoffwechselrezeptoren der Skelettmuskulatur unterhalten, wenn diese durch Veränderungen des biochemischen Milieus während körperlicher Arbeit stimuliert werden.
Integration: Dysbalance zwischen efferenten und afferenten Informationen
Das Missverhältnis zwischen den Informationen an die Atemmuskulatur und den Rückmeldungen der Rezeptoren, welche die Antwort der Atempumpe überwachen, führt zu einer Zunahme der Dyspnoe. Dies ist insbesondere bei Störungen der Atempumpe, wie bei Asthma bronchiale oder COPD, von Bedeutung.
Angst
Akut auftretende Angst kann das Gefühl der Luftnot durch eine veränderte Interpretation der sensorischen Informationen oder durch eine angstinduzierte Verstärkung pathophysiologischer Mechanismen verstärken. So führt die angstgetriggerte gesteigerte Atemfrequenz bei Patienten mit expiratorischer Flusslimitation zu Überblähung, vermehrter Atemarbeit, dem Gefühl der gesteigerten Atemanstrengung und dem Eindruck eines unzureichenden Atemhubs.
Beurteilung der Dyspnoeintensität
Qualität
Wie auch beim Schmerz beginnt die Einschätzung des Schweregrads der Dyspnoe mit der qualitativen Erfassung (Tab. 47e-1). Dyspnoeskalen oder Fragebögen mit typischen Formulierungen, die Betroffene verwenden, helfen den Patienten, die Schwierigkeiten haben, die mit der Atmung verbundenen Missempfindungen zu beschreiben.
Intensität
Mithilfe der modifizierten Borg-Skala oder visuellen Analogskalen kann man die Dyspnoe in Ruhe, unmittelbar nach einer Anstrengung bzw. bei charakteristischen Tätigkeiten (z. B. Treppensteigen) erfassen. Alternativ kann man den Patienten auch fragen, welche Tätigkeiten Dyspnoe induzieren. Diese Verfahren beurteilen die Dyspnoe indirekt und können in ihrer Aussagekraft durch nicht respiratorische Faktoren, wie eine Beinarthrose oder -schwäche, eingeschränkt werden. Zwei Fragebögen werden häufig dafür genutzt: der Baseline Dyspnoe Index (BDI) und der Chronic Respiratory Disease Questionnaire (CRDQ).
Abbildung 47e-1Modell der Integration sensorischer Afferenzen in die Entstehung von Dyspnoe. Die Rezeptorafferenzen des gesamten respiratorischen Systems gelangen direkt zur sensorischen Hirnrinde, unterstützen die primär sensorischen Empfindungen und dienen als Rückkopplung zur Tätigkeit der Atempumpe (Feedback). Auch die zerebralen Atemzentren werden durch afferente Signale beeinflusst. Durch das Atemzentrum werden die motorischen Hirnnervenareale aktiviert, die wiederum durch neuronale Impulse einerseits die Atemmuskulatur steuern, andererseits Informationen zum sensorischen Kortex leiten (Feedforward). Stimmen Feedforward und Feedback nicht miteinander überein, entsteht ein Fehlersignal und die Luftnot verstärkt sich. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass affektive Inputs zur Wertung unangenehmer respiratorischer Wahrnehmungen beitragen. (Nach MA Gillette, RM Schwartzstein, in SH Ahmedzai, MF Muer [eds]. Supportive Care in Respiratory Disease. Oxford, UK, Oxford University Press, 2005.)
Dyspnoe: Wahrnehmung als Symptom
Bevor eine Empfindung als Symptom gedeutet wird, muss sie als unangenehm und unnormal bewertet werden. In Laboruntersuchungen zeigte sich, dass Luftnot eine stärkere affektive Reaktion auslöst als eine vermehrte Atemanstrengung bzw. Atemarbeit. Manche Optionen zur Behandlung der Dyspnoe, wie zum Beispiel in der pneumologischen Rehabilitation, reduzieren die Dyspnoewahrnehmung teilweise, indem sie diese affektiven Mechanismen beeinflussen.
Differenzialdiagnosen: Dyspnoe
Dyspnoe entsteht aufgrund von Abweichungen der normalen Funktion des kardiovaskulären und pulmonalen Systems. Aus diesen Abweichungen resultiert Atemlosigkeit infolge eines gesteigerten Atemantriebs, einer erhöhten Atemanstrengung bzw. -arbeit und/oder einer Stimulation von Rezeptoren in Herz, Lunge und Brustwand. Die meisten respiratorischen Erkrankungen gehen mit Veränderungen der mechanischen Eigenschaften der Lunge und/oder der Brustwand einher, von denen einige die pulmonalen Rezeptoren stimulieren. Bei kardiovaskulären Erkrankungen entsteht die Dyspnoe häufiger durch Störungen des Gasaustausches, eine veränderte Kreislaufzeit oder die Stimulation pulmonaler und vaskulärer Rezeptoren (Tab. 47e-2).
Respiratorisch bedingte Dyspnoe
Atemwegserkrankungen
Asthma bronchiale und COPD, die häufigsten obstruktiven Atemwegserkrankungen sind durch eine Limitation der Exspiration gekennzeichnet, häufig gefolgt von einer dynamischen Überblähung. Bei Patienten mit mittel- oder schwergradiger Erkrankung muss durch die Atemmuskulatur aufgrund des erhöhten Atemwegswiderstands eine höhere Atemarbeit geleistet werden. Patienten mit einem akuten Bronchospasmus beschreiben auch ein Engegefühl, das sogar dann auftreten kann, wenn die Lungenfunktion sich noch im Normalbereich befindet. Die Patienten sind oft kurzatmig; es kommt zur Überblähung und reduzierten Compliance des respiratorischen Systems sowie zur Einschränkung des Atemzugvolumens. Engegefühl und Hyperventilation werden wahrscheinlich beide durch die Stimulation pulmonaler Rezeptoren ausgelöst. Sowohl beim Asthma bronchiale als auch bei der COPD können Hypoxämie und Hyperkapnie als Folge eines gestörten Ventilations-Perfusions(V̇/Q)-Verhältnisses entstehen (beim Emphysem auch durch eine Diffusionsstörung bei Anstrengung). Aufgrund des unterschiedlichen Bindungsverhaltens von Sauerstoff und Kohlendioxid an Hämoglobin tritt eine Hypoxämie häufiger als eine Hyperkapnie auf.
Erkrankungen des Brustkorbs
Auch eine verminderte Compliance der Brustwand (Kyphoskoliose) oder eine verminderte Kontraktion der Atemmuskulatur (z. B. Myasthenia gravis oder Guillain-Barré-Syndrom) können vermehrte Atemanstrengungen induzieren. Ausgedehnte Pleuraergüsse führen einerseits durch eine vermehrte Atemarbeit zur Dyspnoe, andererseits durch die Aktivierung pulmonaler Rezeptoren, wenn gleichzeitig Atelektasen bestehen.
Erkrankungen des Lungenparenchyms
Interstitielle Lungenerkrankungen infolge von Infektionen, umwelt- und berufsbedingten Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen führen zu einer verminderten Compliance der Lunge; die Atemarbeit ist erhöht. Zusätzlich entstehen eine Hypoxämie und ein gesteigerter Atemantrieb als Folge von Störungen des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses (V̇/Q-Missverhältnis) und einer Zerstörung bzw. Verdickung der alveolokapillären Membran. Die Stimulation pulmonaler Rezeptoren kann die Hyperventilation zusätzlich forcieren, ein Charakteristikum milder und moderater Verlaufsformen einer interstitiellen Lungenerkrankung.
Kardial bedingte Dyspnoe
Linksherzinsuffizienz
Herzmuskelerkrankungen, bedingt durch eine koronare Herzkrankheit oder nicht ischämische Kardiomyopathien, gehen mit einer Vergrößerung des linken Ventrikels und einem gesteigerten enddiastolischen Druck im linken Ventrikel bzw. einem erhöhten pulmonalkapillären Verschlussdruck einher. Diese erhöhten Drücke verursachen ein interstitielles Ödem und bewirken eine Stimulation pulmonaler Rezeptoren, was zu Atemnot führt; eine Hypoxämie durch ein gestörtes Ventilations-Perfusions-Verhältnis trägt ebenfalls dazu bei. Eine diastolische Dysfunktion, die durch eine Füllungsbehinderung des linken Ventrikels gekennzeichnet ist, kann insbesondere bei gleichzeitig bestehender Mitralklappeninsuffizienz schon bei geringen körperlichen Belastungen eine schwere Dyspnoe bedingen. Eine eingeschränkte Pumpfunktion bedingt auch eine Verlängerung der Kreislaufzeit, was zu pathologischen Atemmustern (Cheyne-Stokes-Atmung) mit Dyspnoe führen kann.
Erkrankungen der Lungengefäße
Thromboembolische Lungenkrankheiten und primäre Erkrankungen des Lungenkreislaufs (primäre pulmonale Hypertonie, pulmonale Vaskulitis) verursachen Dyspnoe durch einen erhöhten pulmonalarteriellen Druck und die Stimulation pulmonaler Rezeptoren. Die Patienten hyperventilieren häufig und eine Hypoxämie kann auftreten. In den meisten Fällen kann eine zusätzliche Sauerstoffgabe die Symptome nur minimal bessern.
Erkrankungen des Perikards
Bei einer Pericarditis constrictiva oder einer Herzbeuteltamponade sind die kardialen und pulmonalvaskulären Drücke erhöht; vermutlich ist das der Auslöser der Dyspnoe bei diesen Erkrankungen. In dem Ausmaß, in dem die Auswurfleistung des Herzens zur Laktatazidose führt, werden Metaborezeptoren und auch chemische Rezeptoren stimuliert.
Dyspnoe bei normaler kardiopulmonaler Funktion
Leichte und mittelgradige Anämien führen vermutlich durch Stimulation metabolischer Rezeptoren zu einer Belastungsdyspnoe. Die Sauerstoffsättigung ist bei Anämiepatienten im Normbereich. Adipositas führt wahrscheinlich durch verschiedene Mechanismen zur Dyspnoe. Zu ihnen gehören ein erhöhtes Herzzeitvolumen sowie eine Beeinträchtigung der Atempumpe (verminderte Compliance des Brustkorbs). Kardiovaskuläre Dekonditionierung (schlechter Trainingszustand, geringe Belastbarkeit) führt rasch zu einer anaeroben Stoffwechsellage mit Stimulation von metabolischen und Chemorezeptoren. Eine medizinisch unklare Dyspnoe wurde mit einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber den Unannehmlichkeiten einer akuten Hyperkapnie assoziiert.
Diese erhöhten Druckwerte und das resultierende interstitielle Ödem führen über eine Stimulation pulmonaler Rezeptoren zur Dyspnoe.
Zugang zum Patienten: Dyspnoe
Anamnese
Der Patient sollte aufgefordert werden, die Atembeschwerden und deren Abhängigkeit von Körperposition, Infektionen oder äußeren Einflüssen mit eigenen Worten zu beschreiben. Orthopnoe ist ein typisches Symptom der Herzinsuffizienz, Ausdruck der gestörten Zwerchfellfunktion bei Adipositas, oder Folge eines durch gastroösophagealen Reflux getriggerten Asthma bronchiale. Nächtliche Dyspnoe lässt an Herzinsuffizienz mit Lungenödem oder Asthma, an Hypoventilationen (z. B. Obesitas-Hypoventilationssyndrom) oder eine Schlafapnoe denken. Die akute, intermittierend auftretende Dyspnoe ist charakteristisch für Myokardischämie, Bronchospasmus oder eine Lungenarterienembolie, während eine chronisch persistierende Luftnot bei der COPD, interstitiellen Lungenerkrankungen oder der chronisch-thromboembolischen pulmonalen Hypertonie auftritt. Risikofaktoren für Berufserkrankungen und für die koronare Herzkrankheit sollten erfragt werden. Verstärkt sich die Luftnot beim Wechsel vom Liegen in die aufrechte Körperhaltung (Platypnoe), so muss an ein linksatriales Myxom oder ein hepatopulmonales Syndrom gedacht werden.
Körperliche Untersuchung
Bereits während der Anamneseerhebung beginnt die körperliche Untersuchung des Patienten. Als Sprachdyspnoe bezeichnet man das Unvermögen, ganze Sätze ohne Luft zu holen zu sprechen. Die Ursache ist häufig eine Störung der Atempumpe mit reduzierter Vitalkapazität. Hinweis für eine vermehrte Atemarbeit, wie supraklavikuläre Einziehungen, die Benutzung der Atemhilfsmuskulatur, eine sogenannte Dreifußstellung (Aufstützen der Hände auf den Knien), sind Anzeichen eines erhöhten Atemwegswiderstands oder restriktiver Lungen- oder Brustwanderkrankungen. Bei der Überprüfung der Vitalzeichen sollte auf die Atemfrequenz und auf das Vorliegen eines Pulsus paradoxus (Kap. 288) geachtet werden (> 10 mmHg – COPD, akutes Asthma bronchiale oder Perikarderkrankungen in Betracht ziehen). Bei der klinischen Untersuchung sind Zeichen der Anämie (blasse Konjunktiven), Zyanose und Zirrhose (Spider naevi, Gynäkomastie) zu registrieren. Die Untersuchung des Brustkorbs beginnt mit der Inspektion der normalerweise symmetrischen Atembewegungen. Perkussion (hyposonor beim Pleuraerguss, hypersonor bei Emphysem) und Auskultation (feuchte und trockene Rasselgeräusche, verlängertes Exspirium, vermindertes Atemgeräusch) sind essenziell für die Diagnose von Atemwegserkrankungen, interstitiellem Ödem oder Fibrose. Die kardiale Untersuchung konzentriert sich auf Zeichen der Rechtsherzbelastung (Halsveneneinflussstauung, Ödeme, betonte Pulmonaliskomponente im 2. Herzton), auf die linksventrikuläre Dysfunktion (3. und 4. Herzton) und Herzklappenerkrankungen (Herzgeräusche). Bei der Untersuchung des Abdomens sollte man auf eine paradoxe Atembewegung (inspiratorische Einwärtsbewegung des Abdomens als Hinweis für Zwerchfellschwäche) achten; eine Vorwölbung des Abdomens während der Exspiration kann auf ein Lungenödem hinweisen. Trommelschlägelfinger und/oder Uhrglasnägel können ein Hinweis auf eine Lungenfibrose sein. Gelenkschwellungen oder Gelenkdeformationen bzw. Hinweise für ein Raynaud-Syndrom treten typischerweise bei Kollagenosen auf.
Gibt der Patient lediglich eine Belastungsdyspnoe an, so sollten ein Gehtest mit Messung der Sauerstoffsättigung unter Aufsicht zur besseren Objektivierung der Symptome und zur Erfassung der ausschließlich unter Belastung vorliegenden Beschwerden sowie ein Test in Ruhe veranlasst werden.
Bildgebung des Thorax
Nach der Erhebung von Status und Anamnese wird eine Thorax-Röntgenaufnahme angefertigt. Die Abschätzung des Lungenvolumens gibt wertvolle Hinweise: Überblähung bei der COPD und verminderte Lungenvolumina beim interstitiellen Ödem, bei Fibrose, Zwerchfellschwäche oder verminderten Thoraxwandexkursionen. Interstitielle Lungenerkrankungen oder ein Emphysem weisen typische Veränderungen des Lungenparenchyms auf. Die pulmonalvenöse Hypertonie führt zu einer vermehrten Lungengefäßzeichnung in den Oberfeldern. Prominente zentrale Pulmonalarterien sind typisch für eine pulmonalarterielle Hypertonie. Ein vergrößerter Herzschatten lässt an eine dilatative Kardiomyopathie oder Klappenvitien denken. Beidseitige Pleuraergüsse treten bei der dekompensierten Herzinsuffizienz oder bei bestimmten Kollagenosen auf. Ein einseitiger Pleuraerguss weist auf einen Tumor oder eine Lungenarterienembolie hin, kann aber auch Folge einer Herzinsuffizienz sein. Mithilfe der Computertomografie erfolgt ggf. die weitere Differenzierung von Lungenparenchymerkrankungen (z. B. interstitielle Lungenerkrankungen) oder die Diagnose einer Lungenarterienembolie.
Apparative und Labordiagnostik
Das EKG kann auf eine linksventrikuläre Hypertrophie oder einen alten Herzinfarkt hinweisen. Besteht der Verdacht auf eine systolische Dysfunktion, pulmonale Hypertonie oder ein Herzklappenvitium, so sollte eine Echokardiografie veranlasst werden. Bronchiale Provokationstests können nützlich sein, wenn bei asthmaverdächtigen Symptomen der körperliche Untersuchungsbefund und die Lungenfunktion unauffällig sind. Ein Drittel der Patienten mit der klinischen Diagnose Asthma hat keine reaktive Atemwegserkrankung nach formalen Kriterien. Standardlaborparameter ist die Blutgasanalyse. Immer häufiger wird bei Patienten mit akuter Dyspnoe zur Erfassung einer Linksherzinsuffizienz auch der Serumspiegel von Brain natriuretic peptide bestimmt, der aber auch bei einer Überlastung des rechten Ventrikels erhöht sein kann. Die Bestimmung der natriuretischen Peptide kann bei der Differenzierung hilfreich sein. B-type natriuretic peptide (BNP) wird vorwiegend im linksventrikulären Myokard synthetisiert und bei Druck- und Volumenbelastung freigesetzt. Aufgrund der besseren Stabilität wird am häufigsten ein Spaltprodukt, das NT-proBNP, in der Routinediagnostik bestimmt. Wichtig ist, dass NT-proBNP bei eingeschränkter glomerulärer Filtrationsleistung kumuliert, die Werte dann also falsch hoch sein können. Erhöhte BNP- bzw. NT-proBNP-Spiegel weisen bei Patienten mit akuter Atemnot und Herzinsuffizienz auf eine schlechtere Prognose hin. Die zusätzliche Bestimmung des BNP bei vermuteter Herzinsuffizienz erhöht die Treffsicherheit der Diagnose „Herzinsuffizienz“ bei Patienten mit akuter Atemnot in der Rettungsstelle. In klinischen Studien konnten sowohl die Behandlungsdauer im Krankenhaus als auch die Rehospitalisierungsrate bei Herzinsuffizienzpatienten reduziert werden. Aufgrund verschiedener Einflussfaktoren (erhöhte BNP-Spiegel im Alter, verminderte BNP-Spiegel bei Adipositas etc.) müssen die Laborwerte jedoch immer im Kontext mit klinischen Symptomen und echokardiografischen Befunden interpretiert werden.
Differenzierung kardialer und respiratorischer DypspnoeUrsachen
Besteht der Verdacht auf eine pulmonale und eine kardiale Erkrankung, so kann eine Spiroergometrie bei der ursächlichen Klärung der Leistungseinschränkung hilfreich sein. Die Dyspnoe ist wahrscheinlich pulmonal bedingt, wenn der Patient die Atemreserve ausschöpft, eine Zunahme des Totraumanteils oder eine Hypoxämie zu beobachten ist bzw. ein Bronchospasmus auftritt. Das kardiovaskuläre System ist vermutlich die Ursache, wenn die maximale Herzfrequenz zu mehr als 85 % erreicht wurde, die anaerobe Schwelle rasch erreicht wird, der Blutdruck exzessiv ansteigt oder während der Belastung abfällt, der Sauerstoffpuls (Sauerstoffverbrauch/Herzfrequenz – Indikator für Schlagvolumen) abfällt oder ischämietypische EKG-Veränderungen auftreten. Auch eine Perfusions-/Ventilations-Szintigrafie kann hilfreich sein.
Bei nächtlicher Dyspnoe empfiehlt sich auch die Durchführung einer kardiorespiratorischen, ggf. polysomnografischen Untersuchung mit Kapnografie.
Behandlung: Dyspnoe
Das vordringliche Ziel ist die Behandlung der Störung, die für die Dyspnoe verantwortlich ist. Wenn dies nicht möglich ist, stehen die Linderung der Dyspnoesymptomatik und ihre Auswirkung auf die Lebensqualität im Vordergrund. Eine Sauerstoffsubstitution ist dann erforderlich, wenn die Sauerstoffsättigung in Ruhe weniger als 90 % beträgt oder dieser Wert während einer körperlichen Belastung unterschritten wird. Rehabilitationsprogramme haben bei COPD-Patienten positive Auswirkungen auf die Dyspnoe, Belastbarkeit und Häufigkeit der Krankenhausaufenthalte. Für Anxiolytika und Antidepressiva konnte in Studien kein reproduzierbarer Nutzen gesichert werden. Experimentelle Ansätze, die momentan erforscht werden und die auf die Modulation der afferenten Informationen gerichtet sind, umfassen die Applikation von Kaltluft, Thoraxvibrationen und Furosemid-Inhalationen. Morphin reduziert in Labormodellen die Dyspnoe nachweislich stärker, als es die Atmung verändert.
Lungenödem
Pathophysiologie der Flüssigkeitsakkumulation
Das Gleichgewicht zwischen hydrostatischem und onkotischem Druck in den Lungenkapillaren und dem umgebenden Gewebe ist für die Flüssigkeitsakkumulation im Interstitium der Lunge von entscheidender Bedeutung. Ein erhöhter hydrostatischer Druck begünstigt den Flüssigkeitsaustritt ins Gewebe, während der onkotische Druck, der durch die Proteinkonzentration des Bluts bestimmt wird, einen gegenteiligen Effekt hat. Das wichtigste Plasmaprotein, Albumin, ist beispielsweise bei der Zirrhose oder dem nephrotischen Syndrom vermindert. Obwohl eine Hypalbuminämie den Flüssigkeitsaustritt ins Gewebe begünstigt, reicht dies in der Regel nicht allein zur Entstehung eines interstitiellen Ödems. Normalerweise ist das Kapillarendothel für Proteine nicht durchlässig und die Lymphgefäße transportieren die geringen Eiweißmengen, die trotzdem austreten können, wieder ab. Beide Faktoren führen zu einem onkotischen Flüssigkeitssog in die Kapillaren. Bei Zerstörung der endothelialen Barriere können jedoch Proteine austreten und eine Flüssigkeitsakkumulation in das Interstitium der Lunge begünstigen.
Kardiales Lungenödem
(Siehe auch Kap. 326) Herzerkrankungen, die zu einem Anstieg des pulmonalvenösen Drucks führen, verändern das Gleichgewicht zwischen den Drücken in den Kapillaren und dem Interstitium. Ist der hydrostatische Druck erhöht, gelangt mehr Flüssigkeit aus den Kapillaren in das Interstitium oder in schwereren Fällen in die Alveolen. Das Auftreten von Pleuraergüssen führt zu einer weiteren Beeinträchtigung des Gasaustausches und kann die Luftnot verstärken.
Orthopnoe und Dyspnoe sind typische Frühzeichen des Lungenödems. Röntgenologisch findet man Verdickungen der Bronchialwände, eine vermehrte Gefäßzeichnung im Oberfeld und Kerley-B-Linien. Schreitet das Lungenödem fort, so ist der Flüssigkeitsaustritt in die Alveolen röntgenologisch als fleckige, typischerweise zunächst perihiläre Infiltrationen gekennzeichnet. Später finden sich diffuse alveoläre Infiltrationen, klinisch imponieren Rasselgeräusche beim alveolären Lungenödem.
Nicht kardiales Lungenödem
Beim nicht kardial bedingten Lungenödem resultiert die Flüssigkeitsakkumulation im Lungengewebe primär aus einer Schädigung der Kapillaren mit Austritt von Plasmaproteinen entsprechend dem onkotischen Gradienten aus den Blutgefäßen in das umgebende Lungengewebe. Sekundär führt der veränderte onkotische Druckgradient zur Flüssigkeitsakkumulation. Dieser Prozess geht mit einer Schädigung des Surfactant, der die Alveolen auskleidet, einher und führt zu vermehrter Oberflächenspannung und zur Kollapsneigung der Alveolen bei niedrigen Lungenvolumina. Charakteristisch für das nicht kardial bedingte Lungenödem ist ein intrapulmonaler Shunt mit Hypoxämie und verminderter Lungencompliance, die zu einem niedrigen funktionellen Residualvolumen führt. In den Alveolen können hyaline Membranen auftreten und die Entzündungsreaktion kann bis zu einer pulmonalen Fibrose führen. Klinisch reicht das Spektrum von einer milden Dyspnoe bis zur respiratorischen Insuffizienz. Trotz diffuser röntgenologischer Infiltrate kann die Auskultation normal sein. Anders als man früher dachte, ist die Verteilung des alveolären Ödems heterogen, wie man anhand von CT-Untersuchungen erkennen kann. Oft werden normale kardiale Drücke für die Definition eines nicht kardialen Lungenödems herangezogen; die eben beschriebene Pathophysiologie ist aber differenzierter und bei manchen Patienten findet man eine Kombination aus kardialen und nicht kardialen Ursachen.
Ätiologisch ist die Unterscheidung der verschiedenen Schädigungsformen der Lunge hilfreich: direkt, indirekt, pulmonalvaskulär (Tab. 47e-3). Direkte Schädigungen werden durch die Atemwege übertragen (z. B. Aspiration) oder treten bei einem stumpfen Thoraxtrauma auf. Indirekt kann die Lunge durch Mediatoren geschädigt werden, welche die Lungen über den Blutstrom erreichen. Die dritte Gruppe umfasst Schädigungen durch plötzliche Veränderungen des Drucks in den Lungengefäßen. Diese Veränderung entsteht vermutlich durch plötzliche autonome Entladungen (beim neurogenen und Höhenlungenödem) oder durch plötzliche Schwankungen des Pleuradrucks sowie eine vorübergehende Schädigung der Lungenkapillaren (beim Reexpansionslungenödem).
Differenzierung kardiales und nicht kardiales Lungenödem
Für die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Herzerkrankung bzw. anderer Ursachen des Lungenödems sind die Erhebung der Anamnese und die Expertise des Arztes von entscheidender Bedeutung. Die körperliche Untersuchung beim kardialen Lungenödem ergibt Hinweise für erhöhte intrakardiale Drücke (3. Herzton, Halsveneneinflussstauung, periphere Ödeme) und bei der Auskultation der Lunge feuchte Rasselgeräusche. Beim Lungenödem, das nicht durch kardiale Ursachen bedingt ist, dominieren die Symptome der zugrunde liegenden Störung. Die Lunge ist im Frühstadium häufig unauffällig. Die Röntgenaufnahme des Thorax beim kardialen Lungenödem zeigt eine Herzverbreiterung, eine vaskuläre Umverteilung, interstitielle Zeichnungsvermehrung, perihiläre Infiltrate und häufig Pleuraergüsse. Dagegen ist das Herz beim nicht kardialen Lungenödem nicht vergrößert, die Infiltrationen sind eher gleichmäßig über die Lungen verteilt und Pleuraergüsse sind selten. Die Hypoxämie ist beim kardialen Lungenödem durch eine Sauerstoffapplikation gut zu beeinflussen (Ventilations-Perfusions-Mismatch), bei anderen Ödemursachen gelingt dies aufgrund der intrapulmonalen Shunts auch bei Applikation hoher Sauerstoffkonzentrationen nicht.
Bitte beachten Sie diesen Artikel im Zusammenhang des Gesamtwerks. Eine ärztliche Plausibilitätsprüfung im Kontext dieses Cockpits ist unerlässlich. Die Anzeige von Inhalten ist insbesondere bei den Dropdowns zu Therapie und Medikamenten keinesfalls als Anwendungsempfehlung oder Indikation zu verstehen, sondern soll Ihnen lediglich die Suche erleichtern. Häufig werden ganze Medikamenten-/Themengruppen angezeigt, die im gegebenen Zusammenhang möglicherweise von Interesse sein könnten. Für Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden.