92e Tissue Engineering
Ziel des Tissue Engineering und der regenerativen Medizin ist die Reparatur oder die Regeneration erkrankter Gewebe und Organe durch eine geeignete Kombination von Zellen, Trägermaterialen und Wachstumsfaktoren. In diesem Kapitel werden die Grundprinzipen und Methoden des Tissue Engineering näher dargestellt. Es werden dabei sowohl die Anforderungen an die zellulären Komponenten und deren Kulturbedingungen als auch an die strukturgebenden Zellträgermaterialien näher diskutiert.
Am Ende des Kapitels wird auf die derzeitige klinische Anwendung von verschiedenen Tissue-Engineering-Produkten eingegangen und die zukünftigen Herausforderungen in diesem Forschungsfeld beschrieben. In der deutschen Fassung wurden einige Ergänzungen und Aktualisierungen vorgenommen, welche die Ergebnisse aktueller Studien berücksichtigen.
Für die deutsche Ausgabe Sven Geißler und Georg N. Duda
Das Fachgebiet Tissue Engineering wendet die Prinzipen der regenerativen Medizin zur Wiederherstellung der Funktion verschiedener Organe an, indem sie Zellen und ggf. Wachstumsfaktoren mit Biomaterialien kombiniert. Es ist ein multidisziplinärer Fachbereich, der die Fähigkeiten von Ärzten, Zellbiologen, Bioingenieuren und Materialwissenschaftlern einsetzt, um die native dreidimensionale Architektur eines Organs, die adäquaten Zelltypen und die unterstützenden Nährstoffe und Wachstumsfaktoren nachzuempfinden, welche für das Wachstum, die Differenzierung und die Funktion einer normalen Zelle verantwortlich sind. Das Tissue Engineering ist ein eher junges Fachgebiet, welches Ende der 1970er-Jahre ins Leben gerufen wurde. Die Strategien des Tissue Engineering zur Regeneration von verletzten oder degenerierten Geweben basieren im Wesentlichen auf einem der beiden klassischen Ansätze – dem In-vitro- oder dem In-vivo-Tissue-Engineering. Das In-vitro-Tissue-Engineering versucht einen funktionellen dreidimensionalen Gewebsersatz außerhalb des Körpers zu erzeugen, welcher anschließend in den Patienten transplantiert wird. Der Ansatz des In-vivo-Tissue-Engineering basiert auf der Transplantation von primären Zellen, ggf. in Kombination mit einem Scaffold, welche sich entweder direkt in das Gewebe des Empfängers integrieren oder seine endogenen Regenerationsmechanismen stimulieren, um so die Gewebsneubildung zu unterstützen. Der In-vivo-Ansatz umgeht dabei die Probleme der exzessiven Manipulation von Zellen durch eine ausgedehnte In-vitro-Langzeitkultivierung und das Ausbilden von Komplexen dreidimensionaler Strukturen. Allerdings sind bei diesem Ansatz die transplantierten Zellen dem direkten Kontakt mit Immunzellen ausgesetzt, welche zahlreich in der Verletzungsumgebung vorkommen und was ihre Funktionalität und Vitalität dramatisch reduzieren kann. Die ersten Studien zum Tissue engineerring befassten sich mit der Schaffung von funktionellem Hautersatz durch eine Kombination von Biomaterialien und Epithelzellen der Haut, um so die Hautbarriere bei Patienten mit Verbrennungsverletzungen wiederherzustellen. Diese ursprünglichste Form umfasste eine Gewebebiopsie gefolgt von einer Ex-vivo-Expansion der gewonnenen Zellen auf geeigneten Trägermaterialien (Scaffolds). Dieser Zell-Scaffold-Komplex wurde dem Patienten später implantiert, um neues Gewebe zu bilden. Allerdings gilt es, im Bereich des Tissue Engineering zahlreiche Hürden zu überwinden. Die drei wichtigsten Herausforderungen sind: (1) die Fähigkeit, normale primäre humane Zellen zu kultivieren und zu größeren Mengen zu expandieren, ohne ihre Funktion und ihr regeneratives Potenzial zu beeinträchtigen, (2) die Suche nach den geeigneten Biomaterialien für die Scaffolds und (3) der Bedarf einer adäquaten Vaskularisierung und Innervation der hergestellten Konstrukte. Ein relativ neuer, vielversprechender Ansatz ist daher das In-situ-Tissue-Engineering, welches zellfreie Biomaterialen einsetzt, um die körpereigenen Zellen und Regenerationsprozesse zu modulieren. Diese Biomaterialen können so konzipiert werden, dass sie verschiedene bioaktive und chemotaktische Signale freisetzen, um so Zellpopulationen im Körper des Patienten zu aktivieren, zu rekrutieren und zu reorganisieren.
Isolation und Anzucht von Zellen
Der klassische Ansatz des Tissue Engineering konzentrierte sich überwiegend auf die Isolierung von Gewebe aus einem Organ, der Anzucht und Expansion dieser gewebespezifischen Zellen und die Aussaat dieser Zellen in dreidimensionale Scaffolds. Noch vor wenigen Jahrzehnten konnten die meisten Primärkulturen von menschlichen Zellen nicht in großem Umfang kultiviert und expandiert werden. Dadurch war die künstliche Herstellung humaner Gewebe deutlich eingeschränkt. Die Entdeckung spezifischer Gewebevorläuferzellen in den 1990er-Jahren ermöglichte dann endlich die Expansion zahlreicher Zelltypen; seitdem wurden ständig weitere Fortschritte gemacht. Manche Zelltypen lassen sich aufgrund ihrer nativen Regenerationskapazität und eines anderen Bedarfs an Nährstoffen, Wachstumsfaktoren und Zell-Zell-Kontakten leichter expandieren als andere. Als ein Beispiel für den Fortschritt sei angeführt, dass nach jahrelangen Bemühungen inzwischen Protokolle für die Anzucht und Expansion humaner Kardiomyozyten verfügbar sind. Es gibt aber auch weiterhin viele gewebespezifische Zelltypen, die sich nach der Entnahme aus dem Gewebe nicht oder nur sehr eingeschränkt expandieren lassen, z. B. Zellen aus Pankreas, Leber und Nerven. Die Entdeckung von pluripotenten oder sehr multipotenten Stammzellen (Kap. 88) könnte endlich den Weg dafür ebnen, dass die meisten menschlichen Zelltypen zum Tissue Engineering verwendet werden. Die Eigenschaften der Stammzellen hängen von ihrer Herkunft und ihrer Plastizität (Differenzierungsvermögen) ab. Zellen aus den frühesten Entwicklungsstadien, wie embryonale Stammzellen, besitzen die größte Plastizität. Induzierte pluripotente Stammzellen haben den Vorteil, dass sie vom jeweiligen Patienten gewonnen werden können, sodass eine autologe Transplantation erfolgen kann. Außerdem lassen sie sich in vitro entlang zellspezifischer Linien differenzieren, wobei sich derartige Protokolle noch in der Frühphase der Entwicklung befinden. Humane embryonale und induzierte pluripotente Stammzellen besitzen ein sehr hohes Replikationspotenzial, allerdings haben sie auch ein hohes Potenzial zur Abstoßung und Tumorbildung (z. B. Teratome). Die kürzlich beschriebenen Stammzellen aus Fruchtwasser und Plazenta besitzen ebenfalls ein hohes Replikationspotenzial, neigen aber nicht zur Tumorbildung. Außerdem haben sie das Potenzial, als autologe Zellquelle ohne die Gefahr der Abstoßung zu dienen. Adulte Stammzellen, wie solche aus dem Knochenmark, haben ebenfalls eine sehr geringe Neigung zur Tumorbildung und werden bei autologer Transplantation nicht abgestoßen. Allerdings ist ihr Replikationspotenzial insbesondere für endodermale und ektodermale Zellen eingeschränkt.
Stammzellen können aus autologen und allogenen Quellen gewonnen werden. Allogene Stammzellen werden verwendet, wenn eine nur vorübergehende Abdeckung erforderlich ist, z. B. beim Hautersatz nach Verbrennungen oder Verletzungen. Wenn eine permanentere Lösung gewünscht ist, werden so weit möglich autologe Zellen bevorzugt, um eine Abstoßung zu verhindern. Allerdings gibt es praktische Probleme in Bezug auf die Zellquelle. So ist die Entnahme von Herzgewebe zur Zellexpansion bei einem Patienten mit einer terminalen Herzerkrankung eher nicht möglich, sodass mesenchymale Zellen aus dem Knochenmark als Alternative herangezogen werden müssten.
Biomaterialien als Scaffolds für das Tissue Engineering
Die als Scaffolds verwendeten Biomaterialien müssen bestimmte Eigenschaften aufweisen, um den Langzeiterfolg der Transplantatkonstrukte zu sichern. Sie sollten idealerweise biokompatibel sein, eine nur minimale Entzündungsreaktion hervorrufen, adäquate biomechanische Eigenschaften aufweisen sowie die Adhärenz, Viabilität, Proliferation und differenzierte Funktion der Zellen fördern. Außerdem sollten sie die biomechanischen und strukturellen Eigenschaften des zu ersetzenden Gewebes replizieren. Ihre Biodegradation sollte kontrolliert verlaufen, damit die Scaffolds so lange ihre strukturelle Integrität bewahren, bis die Zellen ihre eigene Matrix abgelagert haben. Wenn Scaffolds zu schnell degradieren, können die Konstrukte kollabieren. Degradieren sie zu langsam, kann sich fibrotisches Gewebe bilden. Außerdem darf die Degradierung der Scaffolds die lokale Umgebung nicht ungünstig beeinflussen, weil dadurch die Funktion der Zellen oder der neu gebildeten Gewebe beeinträchtigt wird.
Die ersten Scaffolds, die für die Geweberegeneration entworfen wurden, waren aus natürlichen Materialien, wie Kollagen. Das erste künstlich erzeugte Material, das im Tissue Engineering eingesetzt wurde, war ein biodegradierbares Scaffold aus Polyglykolsäure. Die Scaffolds aus natürlichen Materialien ähneln ihn ihren Eigenschaften stark der nativen Matrix, weisen aber eine chargenabhängige Variabilität auf, während künstliche Biomaterialien besser kontrollierbar sind und zu gleichförmigeren Ergebnissen führen. Vor kurzem wurden Kombinations-Scaffolds aus natürlichen und künstlichen Biomaterialien zum Tissue Engineering eingesetzt.
Ein neues Gebiet ist der Einsatz von Peptid-Nanostrukturen zur Erleichterung des Tissue Engineering. Einige davon sind selbstorganisierte Peptidamphiphile, die eine Scaffold-Bildung in vivo ermöglichen, z. B. bei einer Rückenmarksverletzung, bei der sie experimentell zur Verhinderung der Narbenbildung und Förderung der Regeneration von Nerven und Blutgefäßen eingesetzt wurden. Peptid-Nanostrukturen können mit anderen Biomaterialien kombiniert sowie mit Wachstumsfaktoren, Antikörpern und verschiedenen Signalmolekülen verknüpft werden, die das Zellverhalten bei der Regeneration modulieren.
Vaskularisierung und Innervation
Die implantierten Konstrukte des Tissue Engineering benötigen eine ausreichende Versorgung durch Gefäße und Nerven. Judah Folkman, ein Pionier auf dem Gebiet der Angiogenese, stellte fest, dass Zellen mit einem Volumen von bis zu 3 mm3 allein mittels Diffusion von Nährstoffen überleben können, dass größere Zellvolumina aber vaskularisiert sein müssen, um zu überleben. Eine adäquate Vaskularisierung ist auch die Voraussetzung für eine normale Innervation. Daraus ergab sich eine der größten Herausforderungen für das Tissue Engineering, welches überwiegend von der nativen Angiogenese und Innervation des Patienten abhing. Selbst wenn ausreichende Zellmengen vorhanden sind, lassen sich theoretisch nur bestimmte Arten von Zellkonstrukten schaffen. Daraufhin entwarfen Materialforscher Scaffolds mit stärkerer Porosität und komplizierterer Architektur. Dazu gehörte auch die Schaffung von dünnen porösen Schwämmen, die zu 95 % aus Luft bestehen und dadurch den Oberflächenbereich für residente Zellen deutlich erhöhen. Durch diese Eigenschaften wurden die Vaskularisierung und Innervation verstärkt. Die Zugabe von Wachstumsfaktoren, wie Vascular Endothelial Growth Factor und Nerve Growth Factor verstärkt Angiogenese und Innervation noch weiter.
Komplexitätsniveau beim Engineering von Geweben und Organen
Alle humanen Gewebe sind komplex. Aus architektonischer Sicht lassen sich die Gewebe in vier Ebenen unterteilen (Abb. 92e-1). Flache Gewebestrukturen, wie die Haut, sind am wenigsten komplex (Ebene 1) und bestehen überwiegend aus einem epithelialen Zelltyp. Schlauchförmige Strukturen, wie Blutgefäße und die Trachea, sind komplexer aufgebaut (Ebene 2) und müssen konstruiert werden, damit die Struktur nicht im Laufe der Zeit kollabiert. Diese Gewebe bestehen in der Regel überwiegend aus zwei Zelltypen. Sie leiten Luft oder Flüssigkeit mit konstantem Fluss in einem festgelegten physiologischen Rahmen weiter. Nicht schlauchförmige Hohlorgane, wie Magen, Harnblase und Uterus, sind komplexer aufgebaut (Ebene 3). Ihre Zellen sind funktionell komplexer und hängen in ihrer Funktion oft voneinander ab. Am komplexesten sind solide Organe aufgebaut (Ebene 4), weil der Anteil an Zellen/cm3 exponentiell über dem aller anderen Gewebetypen liegt.
Wenn die Konstrukte bei den ersten drei Ebenen (1–3) implantiert werden, sind die Scaffolds von einer dünnen Zellschicht bedeckt und ähneln den Gewebekulturmatrices. Die Zellschicht reift, während die native Angiogenese und Neoinnervation des Empfängers abläuft. Bei der Ebene 4 (solide Organe) besteht ein hoher Bedarf an Gefäßen, sodass die native Angiogenese des Gewebes nicht ausreicht. Die Engineering-Strategien bei diesen Geweben unterscheiden sich abhängig von der Gewebekomplexität.
Strategien des Tissue Engineering
Das Tissue Engineering beruht auf dem Einsatz von Zellpopulationen, deren Biologie gut verstanden ist und die sich gut gewinnen und expandieren lassen, sowie auf der Verwendung optimierter Biomaterialien und Scaffold-Designs. Die Ansaat der Zellen erfolgt mit verschiedenen statischen oder flussbasierten Verfahren, die Bioreaktoren verwenden.
Die meisten Techniken für das Tissue Engineering gehören zu einer von fünf Strategien (Abb. 92e-1):
Scaffolds können allein, ohne Zellen implantiert werden. In diesem Fall müssen native Zellen aus dem angrenzenden Gewebe zur Regeneration in das Scaffold einwandern. Zellfreie Scaffolds wurden erstmals zur Regeneration der Urethra eingesetzt. Dieses Verfahren ist vor allem für relativ kleine Gewebedefekte (meist < 0,5 mm) geeignet. Größere Defekte neigen dazu, über Narbengewebsbildung durch Ablagerung von Fibroblasten und eventuell Fibrose zu heilen. Zellfreie Scaffolds wurden auch für andere Indikationen eingesetzt, wie die Wundabdeckung, die Weichgewebeabdeckung nach Gelenkoperation, bei urogynäkologischen Schlingenoperationen sowie als Material zur Hernienkorrektur.
Ein neueres Verfahren umfasst die Verwendung von Proteinen, Zytokinen, Genen oder kleinen Molekülen, ggf. in Kombination mit einem Scaffold, welche die In-situ-Geweberegeneration induzieren. So wurden beispielsweise spezifische Gentranskriptionsfaktoren zur Geweberegeneration des Pankreas bei der Maus verwendet. Operativ implantierte Scaffolds aus dezellularisierten Herzklappen, welche mit Proteinen beschichtet wurden, welche Blutgefäßstammzellen anlocken, führten beim Schaf zur Bildung von in situ zellbesiedelten und funktionellen Herzklappen. Derzeit werden klinische Substanzen getestet, die eine Muskelregeneration induzieren. Der Einsatz kleiner Moleküle, die eine Geweberegeneration induzieren, wird derzeit für viele Anwendungsbereiche untersucht, unter anderem zur Wachstumsinduktion von Haut und Haar sowie zu Anwendungen am Bewegungsapparat.
Am häufigsten werden beim Tissue Engineering mit Zellen besiedelte Scaffolds verwendet. Der direkteste und etablierte Ansatz verwendet flache Scaffolds aus künstlichen oder natürlichen Materialien, welche mit Zellen besiedelt werden, um flache Gewebestrukturen zu ersetzen oder zu reparieren. Diese flachen Scaffolds können bei der operativen Implantation oder vor der Aussaat der Zellen zurechtgeschnitten und angepasst werden, damit sie z. B. in schlauchförmige Organe, wie Blutgefäße, oder nicht schlauchförmige Hohlorgane, wie die Harnblase, passen. Oft werden Bioreaktoren eingesetzt, um das Zell-Scaffold-Konstrukt mechanischen Kräften, wie Druck, Zug und pulsatilem Fluss auszusetzen, die zur normalen Entwicklung von Geweben aus Zellen beitragen (Video 92e-1). Diese Strategie ist die bislang gebräuchlichste Methode zur Geweberegeneration, und Gewebe und Organe wie Haut, Blutgefäße, Urethra, Trachea, Vagina und Harnblase wurden damit bereits erfolgreich hergestellt und implantiert.
Die vierte Strategie des Tissue Engineering ist für solide Organe anwendbar und nutzt für die Transplantation nicht geeignete (verworfene) Organe, welche milden Detergenzien ausgesetzt und dadurch dezellularisiert werden, sodass ein dreidimensionales Scaffold mit erhaltenem Gefäßbaum zurückbleibt. Dieses Scaffold wird anschließend mit in vitro expandierten, patienteneigenen Gefäßzellen und gewebespezifischen Zellen besiedelt. Dieses Verfahren wurde zuerst bei Kaninchen angewendet, um solide phallische Strukturen zu schaffen, welche funktionsfähig und in der Lage waren, Nachwuchs zu zeugen. Auf ähnliche Weise wurden auch miniaturisierte Strukturen von Herzen, Lebern und Nieren rezellularisiert, deren Funktionalität zwar begrenzt war, aber dennoch die prinzipielle Machbarkeit des Ansatzes belegt (Video 92e-2). Diese Techniken sind derzeit Gegenstand intensiver Forschung und wurden bislang noch nicht klinisch eingesetzt.
Die fünfte Strategie des Tissue Engineering umfasst das Bioprinting. Diese Technologie kam vor etwa 10 Jahren mit dem Einsatz modifizierter Tintenstrahldrucker auf. Die Tintenpatronen wurden statt mit Tinte mit einer Zell-Hydrogel-Kombination gefüllt. Jedes Mal, wenn die Patrone die Zellen und das Hydrogel ablagerte, wurde ein rudimentärer dreidimensionaler Elevator gesenkt, sodass Schicht für Schicht solide Miniaturastrukturen entstanden, wie zweikammerige Herzorganoide. Inzwischen wurden ausgefeiltere Bioprinter entwickelt, die das Computer-aided Design (CAD) und den dreidimensionalen Druck einsetzen. Die Druckinformationen für ein Organ können anhand der Befunde der Bildgebung eines Patienten individualisiert werden, um Größe und Form des fraglichen Gewebes festzulegen (Video 92e-3). Das Bioprinting ermöglicht die Produktion von größeren Mengen gezüchteter Gewebe. Noch ist sein Einsatz aber rein experimentell und es wurde noch nicht in der Klinik angewandt.
Ausblick
Seit den 1990er-Jahren wurden bei Patienten zahlreiche gezüchtete Gewebe, wie flache und schlauchförmige Gewebe sowie nicht schlauchförmige Hohlorgane, implantiert. Dazu gehört der permanente Ersatz von Harnblase, Blutgefäßen, Urethra, Vagina, Trachea und Haut (Tab. 92e-1). Anfang der 1990er-Jahre wurden verschiedene Arten des Hautersatzes als vorübergehende „lebende Wundverbände“ von Brandwunden implantiert, bis beim selben Patienten Hauttransplantate entnommen werden konnten. Ein permanenter Hautersatz ist jedoch erst seit kurzem möglich. Auch derzeit werden noch viele gezüchtete Gewebe bei Patienten unter den behördlichen Richtlinien für klinische Studien eingesetzt. Solide Organe wurden bislang noch nicht für den klinischen Gebrauch gezüchtet.
Das Tissue Engineering ist ein sich rasch entwickelndes Feld, in dem ständig neue Technologien eingesetzt werden, um zum Erfolg zu gelangen. Es hat noch viele Herausforderungen vor sich, wie die langen Wartezeiten für eine Zulassung zum breitflächigen Einsatz, den Bedarf für verbesserte Technologien für die Massenproduktion und die Kosten der Technologien, darunter auch viele Prozesse, die Biologika beinhalten. Trotzdem wächst die Liste der implantierten Gewebe und Organe stetig, und die Fähigkeit dieser Technologien, die Gesundheit zu verbessern, wurde belegt. In den kommenden Jahren sollten mehr Patienten in der Lage sein, von diesen Technologien profitieren zu können.
Weiterführende Literatur
Griffith LG, Naughton G: Tissue engineering – current challenges and expanding opportunities. Science 295:1009–14, 2002
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