124e Neoplasien in der Schwangerschaft
Die Diagnose eines Malignoms während der Schwangerschaft stellt hohe Anforderungen an die interdisziplinäre Zusammenarbeit, in der es gilt, die jeweiligen Behandlungsmöglichkeiten und ihre Risiken für Mutter und Kind zu berücksichtigen.
Während operative Eingriffe während der gesamten Schwangerschaftsdauer hinreichend sicher vorzunehmen sind, ist der Einsatz ionisierender Strahlen und nuklearmedizinischer Methoden zur Diagnostik und Therapie zurückhaltend zu beurteilen. Eine Vielzahl von Chemotherapeutika – die Prüfung muss aber in jedem Einzelfall erfolgen – können im 2. und 3. Trimenon der Schwangerschaft aufgrund umfangreicher kasuistischer Berichte hinreichend sicher appliziert werden. Die unterschiedliche Biologie der jeweiligen Neoplasie, die möglicherweise geänderte Wachstumsdynamik während der Schwangerschaft sowie die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen werden exemplarisch für die in der Schwangerschaft häufigsten Tumorerkrankungen dargestellt.
Ausgehend von malignomspezifischen Behandlungsalgorithmen gilt es, mit den betroffenen Patientinnen eine individualisierte Strategie zu entwickeln, wobei auf den umfangreichen Erfahrungsschatz bei der Behandlung der entsprechenden Malignome bei Nichtschwangeren zurückgegriffen werden kann.
Für die deutsche Ausgabe Kristina Hanna Lerch und Hanno Riess
Bei etwa 1 von 1000 Schwangeren tritt eine Krebserkrankung auf. Krebserkrankungen in der Schwangerschaft machen weniger als 1 % der Krebserkrankungen bei Frauen aus. Die vier am häufigsten während der Schwangerschaft auftretenden Krebsformen sind das Zervixkarzinom, das Mammakarzinom, das maligne Melanom und Lymphome (vor allem Hodgkin-Lymphom), wobei nahezu alle Krebsformen bei Schwangeren beschrieben wurden (Tab. 124e-1). Abgesehen von den Krebserkrankungen der mütterlichen Organe, gibt es auch von der Plazenta ausgehende gestationsbedingte Trophoblasttumoren. Krebserkrankungen in der Schwangerschaft sind in mehrfacher Hinsicht problematisch. Wichtig sind mögliche Auswirkungen (1) der Schwangerschaft auf den natürlichen Verlauf der Krebserkrankung, (2) von Komplikationen seitens des Malignoms (z. B. Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Mangelernährung) auf Mutter und Kind, (3) von diagnostischen und Staging-Verfahren und (4) der Krebsbehandlung auf die Mutter und das sich entwickelnde Kind. Generell gilt, dass ein Management, das die mütterliche Physiologie optimiert, auch für den Fötus am besten ist. Häufig besteht aber das Dilemma, dass das, was für die Mutter am besten ist, für das Kind schädlich ist, oder dass das, was für das Kind am besten ist, die Prognose der Mutter negativ beeinflusst. Der Ansatz bei der Krebsbehandlung von Schwangeren muss folgende Fragen beantworten: „Wie würden wir diese Frau in dieser klinischen Situation behandeln, wenn sie nicht schwanger wäre? Und welche dieser Pläne müssen aufgrund der Schwangerschaft verändert werden?“
Die durch eine Schwangerschaft auftretenden physiologischen Veränderungen führen mitunter dazu, dass die Symptome von Neoplasien nur schwer zu erkennen sind. Die durch die erhöhte Sensitivität der zentralen Chemorezeptoren für pCO2 gesteigerte Atemfrequenz wird von den Frauen oft schon bei geringer Belastung als Luftnot wahrgenommen. Die Kombination aus dem erhöhten Gesamtkörperwasser, dem reduzierten kolloidosmotischen Druck und einer Behinderung des venösen Rückstroms aus den Beinen führt bei mehr als 50 % der Schwangeren zu deutlichen Beinödemen. Die hohen Serumprogesteronspiegel und die mechanische Kompression durch den vergrößerten Uterus reduzieren die gastrointestinale Motilität mit vorzeitiger Sättigung, gastroösophagealem Reflux, Übelkeit, Erbrechen und Obstipation. Es entstehen häufig Hämorrhoiden, die bluten können. Die Mammae vergrößern sich, werden dichter und „klumpiger“. Durch diese Veränderungen werden Malignome erst verzögert erkannt und sind bei der Diagnose meist schon weit fortgeschritten.
Aufgrund der physiologischen Veränderungen des mütterlichen Immunsystems, die für die Retention des fetalen Semi-Allografts erforderlich sind, steht zu befürchten, dass sich die Krebserkrankung zuungunsten der Mutter verändert. Jedes Elternteil trägt die Hälfte der Gene bei, die für die Schaffung eines neuen Individuums erforderlich sind. Dadurch sind zahlreiche Antigenunterschiede zwischen Mutter und Kind möglich. Die Säugetierplazenta ist ein sehr erfolgreiches Fortpflanzungsmodell, für das allerdings eine Kombination von evolutionären Immunanpassungen seitens der Mutter und des Kindes erforderlich waren. Diese Mechanismen sind noch nicht vollständig verstanden. Dazu zählen eine „Maskierung” der fetalen Antigene, damit sie nicht vom mütterlichen Immunsystem erkannt werden, eine lokale Dämpfung der mütterlichen Entzündungsreaktion an der mütterlichen Seite der Plazenta sowie die Induktion einer für den Fötus spezifischen Immuntoleranz der Mutter, um eine Abstoßung zu verhindern. Von besonderem Interesse ist eine Untergruppe der CD4+-induzierten, peripher produzierten regulatorischen T-Zellen, die den vom X-Chromosom kodierten Transkriptionsfaktor FOXP3 (forkhead box protein 3) exprimieren. Wenn sich derartige FOXP3-Zellen im Thymus entwickeln, werden sie als „Treg“-Zellen bezeichnet, und wenn sie sich peripher entwickeln, als „Preg“-Zellen. Diese regulatorischen Zellen dämpfen Immunreaktionen auf Eigen- und Fremdantigene. Sie scheinen dazu in der Lage zu sein, die mütterliche Reaktion auf die vom Fötus exprimierten väterlichen Antigene zu unterdrücken und Gedächtniszellen zu bilden, die in nachfolgenden Schwangerschaften die Toleranz gegenüber denselben väterlichen Antigenen beibehalten. Das von diesen Zellen produzierte Interleukin 10 (IL-10) erhöhte im Mausmodell die Infektionsgefahr durch Listerien und Salmonellen und erwies sich ironischerweise als für die Retention des Fötus nicht essenziell. Zweifelsohne gibt es noch viel über dieses kritische Immungleichgewicht zu lernen.
Ionisierende Strahlung in der Schwangerschaft
Die Exposition des Fötus gegenüber ionisierender Strahlung kann unerwünschte Effekte haben und das Wissen über diese mögliche Toxizität hat dazu geführt, dass die diagnostische Bildgebung in der Schwangerschaft überproportional gemieden wird. Zunächst bleibt festzuhalten, dass es einige sehr nützliche bildgebende Verfahren gibt (wie Sonografie und Magnetresonanztomografie), die keine ionisierenden Strahlen verwenden und sich in keiner Weise negativ auf das Kind auswirken. Ionisierende Strahlung hat beim Fötus drei mögliche negative Effekte: Teratogenese (Induktion von Fehlbildungen), Mutagenese und Karzinogenese. Am empfindlichsten ist der Fötus gegenüber der teratogenen Wirkung während seiner Organentwicklung im 1. Trimenon. Die Strahlendosis, die beim humanen Fötus für die Induktion von Fehlbildungen erforderlich ist, wurde aus Studien an den Überlebenden der Atombombenexplosionen und durch Extrapolation aus kontrollierten Experimenten mit nicht humanen Säugetieren abgeleitet. Gemäß dieser Datenquellen sind für die Induktion von Fehlbildungen im 1. Trimenon mindestens 5 rem, eher aber mehr als 10 rem erforderlich. Die fetalen Strahlendosen einiger häufig eingesetzter radiologischer Verfahren sind in Tabelle 124e-2 zusammengefasst und zeigen, dass kein einzelnes diagnostisches Verfahren und auch keine ausgewählte Kombination die sehr konservativ gesetzte Schwelle von 5 rem überschreitet. Später in der Schwangerschaft einwirkende teratogene Strahleneffekte führen zur Mikrozephalie und treten bei einer Dosis von mehr als 25 rem auf. Der Grund für die große Angst vor Strahlenexposition und angeborenen Fehlbildungen beruht darauf, dass 2,5 % aller Kinder auch ohne Strahlenexposition mit Fehlbildungen geboren werden, sodass bei 2,5 % aller Schwangeren, bei denen ein diagnostisches bildgebendes Verfahren eingesetzt wurde, auftretende Fehlbildungen irrtümlicher Weise auf die Strahlenexposition zurückgeführt werden. Spontanmutationen sind selten und treten erst nach einer recht hohen Strahlendosis (> 150 rem) häufiger auf. Die kanzerogene Wirkung von diagnostischen Dosen ionisierender Strahlung auf intrauterin exponierte Kinder ist schwer zu ermitteln, weil Krebserkrankungen bei Kindern selten sind und eine lange Beobachtungsdauer erforderlich ist, um einen möglichen Effekt zu erfassen. Wegen der inkonsistenten Ergebnisse und der bei diagnostischer Exposition beobachteten geringen Effektgrößen, ist der Effekt wahrscheinlich sehr klein; und nur ein signifikanter Effekt würde sich hinreichend belegen lassen. Untersuchungen mit ionisierenden Strahlen sollten nur bei dringender Indikation und nach Abwägung möglicher alternativer bildgebender Verfahren durchgeführt werden. Ein besonderes Risiko geht von der Exposition mit Radionukliden und insbesondere radioaktivem Jod aus, wobei eine umfassende Besprechung den Rahmen dieses Kapitels sprengen würde. Die bei der Strahlentherapie eingesetzten Strahlendosen sind dreimal höher als die Dosen bei diagnostischen Verfahren. Daher geht die Strahlentherapie mit erheblichen Risiken für den Fötus einher, sofern er sich im Bestrahlungsfeld befindet, und sollte in der Schwangerschaft möglichst unterbleiben. Abschließend sei angemerkt, was schwer zu beweisen ist: Vermutlich ist der Schaden bei Schwangeren durch das Nichtdurchführen indizierter diagnostischer Verfahren größer als der Schaden der Kinder durch eben diese diagnostischen Verfahren.
Chemotherapie in der Schwangerschaft
Definitive Aussagen über die Sicherheit und Effektivität der Chemotherapie in der Schwangerschaft sind aus mehreren Gründen schwierig. Alle in der Literatur verfügbaren Daten stammen aus Einzelfallberichten oder Fallserien. Die Daten sind oft von schlechter Qualität, unvollständig und inkonsistent. Die Berichte stammen von Onkologen, Gynäkologen, Pädiatern oder anderen behandelnden Ärzten, die mit den für ihren Bericht wichtigen Informationen aus ihrer eigenen Sicht vertraut sind, aber die für andere Fachbereiche wichtigen Informationen nicht erwähnen. Oft fehlen wichtige Einzelheiten über die Arzneimittelgabe, wie Dosierung, Dauer, kumulative Dosis und Zeitpunkt der Exposition in der Schwangerschaft, und über die Ergebnisse, wie Geburtsgewicht und Gestationsalter bei der Geburt, Indikationen für eine vorzeitige Entbindung oder Ursachen für eine Frühgeburt sowie die Beobachtung des Kindes über die Neugeborenenphase hinaus. Zur Behandlung von Krebserkrankungen stehen zahlreiche Substanzen zur Verfügung, die meist kombiniert gegeben werden. Dadurch sind die Kombination und Dosis der Chemotherapeutika, die Therapiedauer und das Gestationsalter bei der Therapie bei jedem Patienten individuell (ein Einzelexperiment) und es lässt sich schwer feststellen, welcher Effekt auf welches Medikament zurückzuführen ist. Glücklicherweise sind Krebserkrankungen bei Schwangeren so selten, dass es eine ganze Zeit dauert, bis für eine Substanz oder eine bestimmte Substanzkombination ausreichende Informationen zusammengetragen werden, um verbindlichere Aussagen über die Toxizitäten (einschließlich kongenitaler Fehlbildungen) machen zu können. Die Entwicklung der Krebstherapie schreitet rasch fort, sodass zu dem Zeitpunkt, an dem für die bislang verfügbaren Substanzen endlich ausreichend Daten vorliegen, um eine entsprechende Therapie durchführen und die Patienten umfassend aufklären zu können, bereits neuere, wirksamere und potenziell weniger toxische Substanzen in den Vordergrund rücken, mit denen es erneut kaum oder wenig Erfahrung in der Schwangerschaft gibt. Und schließlich gibt es aus naheliegenden Gründen keine unbehandelten Kontrollen zum Vergleich. Dadurch ist es sehr schwierig die mütterlichen Komplikationen (Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Gewichtsverlust, Dehydrierung), die direkt vom Malignom ausgelöst werden und sich negativ auf die Schwangerschaft auswirken, von den Toxizitäten der eingesetzten Chemotherapeutika zu unterscheiden.
Nach Möglichkeit sollte eine Chemotherapie in der Schwangerschaft generell vermieden und niemals im 1. Trimenon durchgeführt werden. Im 2. und 3. Trimenon wurden zahlreiche Einzelsubstanzen und Kombinationstherapien eingesetzt, ohne dass es dadurch zur Häufung katastrophaler Auswirkungen auf die Schwangerschaft oder das Kind kam, allerdings gibt es andererseits nur wenige Daten zur Sicherheit. Mütterliche Faktoren, welche die Pharmakologie der Chemotherapeutika verändern können, sind die Zunahme des Plasmavolumens um 50 %, die veränderte Absorption nach oraler Einnahme und Medikamenten-Eiweißbindung, die erhöhte glomeruläre Filtrationsrate, die erhöhte Aktivität der hepatischen mischfunktionellen Oxidasen und der durch das Fruchtwasser entstandene dritte Raum. Das Kind wird zwar durch die Expression von Medikamenten-Ausstrompumpen auf der Plazenta vor manchen Substanzen geschützt, die verminderte Aktivität seiner hepatischen mischfunktionellen Oxidasen und die reduzierte Glukuronidierung verlängern jedoch oft die Halbwertszeit der Substanzen nach Plazentapassage. Im Internet gibt es eine Datenbank, welche regelmäßig aktualisiert die Risiken der einzelnen Chemotherapeutika darstellt (http://ntp.niehs.nih.gov/ntp/ohat/cancer_chemo_preg/chemopregnancy_monofinal_508.pdf).
Die Behandlungsstrategien bei Schwangeren wurden nicht anhand von prospektiven klinischen Studien entwickelt. Das Management von Malignomen wird in der Schwangerschaft vom Gestationsalter bei Diagnosestellung und dem erwarteten natürlichen Verlauf der Neoplasie beeinflusst. Das eine Extrem bilden langsam fortschreitende Malignome bei Schwangeren kurz vor dem Entbindungstermin. In diesem Fall wird die Prognose der Mutter nicht verschlechtert, wenn mit der Therapie erst nach der Entbindung begonnen wird, um eine Exposition des Kindes zu verhindern. Wenn die Therapie zur Verbesserung der mütterlichen Prognose dringlicher ist, das Gestationsalter über 24 Wochen liegt, aber der Entbindungstermin noch weit entfernt ist, kann die Behandlung (operativ und/oder medikamentös) in der Schwangerschaft beginnen und eine möglichst frühzeitige Entbindung geplant werden, damit die fetale Exposition möglichst gering bleibt. Wenn die Patientin im 1. Trimenon schwanger ist und sofort mit einer toxischen Chemotherapie begonnen werden muss, da sonst die Prognose sehr schlecht ist, muss ein therapeutischer Abort erwogen werden, um den malignombedingten Tod der Mutter oder schwere möglicherweise therapiebedingte Langzeitfolgen für das Kind zu vermeiden. Da die Situation bei jeder schwangeren Patientin anders ist, muss die Entscheidung individuell getroffen werden, am besten unter Hinzuziehung eines multidisziplinären Teams aus Onkologen, Chirurgen, Gynäkologen, Pädiatern, Neonatologen und Anästhesisten. Trotz der hormonellen Veränderungen scheint sich der natürliche Verlauf von Malignomen während der Schwangerschaft kaum zu verändern. Die Ausbreitung der mütterlichen Krebserkrankung auf das Kind (sog. vertikale Transmission) ist ausgesprochen selten. Mütter, die nach der Entbindung chemotherapeutisch behandelt werden, sollten nicht stillen, da die Chemotherapeutika, insbesondere die Alkylanzien, mit der Muttermilch ausgeschieden werden.
Zervixkarzinom in der Schwangerschaft
Die Inzidenz des Zervixkarzinoms bei Schwangeren entspricht in etwa derjenigen gleichaltriger nicht schwangerer Frauen. Ein invasives Zervixkarzinom entwickelt sich bei 0,45 von 1000 Lebendgeburten und ein Carcinoma in situ bei 1 von 750 Schwangerschaften. Etwa 1 % der Frauen, bei denen ein Zervixkarzinom festgestellt wird, ist zum Diagnosezeitpunkt schwanger. Die Frühsymptome des Zervixkarzinoms, Schmierblutungen oder vaginale Absonderungen, Schmerzen und postkoitale Blutungen, sind oft auch Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft. Erste sichtbare Zervixveränderungen bei invasiven Krebserkrankungen können mit einer zervikalen Dezidualisierung oder einem Ektropion (Zylinderepithel auf der Zervix) durch die Schwangerschaft verwechselt werden. Frauen, bei denen während der Schwangerschaft ein Zervixkarzinom diagnostiziert wurde, geben an, dass sie durchschnittlich seit 4,5 Monaten Beschwerden hatten.
Etwa 95 % aller Zervixkarzinome entstehen durch Infektionen mit dem humanen Papillomavirus (HPV). Die humanen Papillomaviren (HPV) Typ 16 und 18 sind für etwa 70 % der Zervixkarzinome verantwortlich. Am höchsten ist die Trägerrate dieser Serotypen bei Frauen zwischen 20 und 25 Jahren, bei denen sie sich durch eine Impfung vor Erstexposition reduzieren lässt. In der Regel ist die Infektion bis zum 30. Lebensjahr beendet, wobei das Risiko für ein Zervixkarzinom bei den Frauen am höchsten ist, bei denen die Infektion weiterbesteht. Ein Screening wird beim ersten pränatalen Besuch sowie 6 Wochen postpartal empfohlen. Die Häufigkeit zytologischer Veränderungen im Pap-Abstrich beträgt bei Schwangeren 5–8 % und unterscheidet sich damit kaum von der gleichaltriger, nicht schwangerer Frauen.
Im Jahr 2012 wurden mehrere Empfehlungen für das Screening auf das Zervixkarzinom veröffentlicht: eine von der American Cancer Society (ACS), der American Society for Colposcopy and Cervical Pathology (ASCCP) und der American Society for Clinical Pathology (ASCP), eine weitere von der U.S. Preventive Services Task Force (USPSTF) und die dritte vom American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). Im Jahre 2014 erschien die Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (AWMF-Registernr. 032-033OL). Die Empfehlungen für das Screening und den Umgang mit auffälligen Ergebnissen unterscheiden sich zwar im Detail leicht, es besteht aber allgemeine Übereinstimmung darüber, dass das zytologische Screening im Alter von 21 Jahren beginnen sollte und bis zum Alter von 29 Jahren im Abstand von 3 Jahren erfolgen sollte. Nach dem 30. Lebensjahr kann das zytologische Screening in Intervallen von 5 Jahren erfolgen, wenn gleichzeitig eine HPV-Testung erfolgt. Die Empfehlungen für das Management von auffälligen zytologischen Befunden sind komplex und hängen vom Grad der Veränderung (z. B. atypische Plattenepithelzellen unbekannter Signifikanz, atypische Plattenepithelzellen, ohne Ausschluss einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie, niedriggradige oder hochgradige squamöse intraepitheliale Neoplasie), dem HPV-Status und dem Alter der Patientin sowie davon ab, ob es sich um einen Erstbefund oder eine persistierende Veränderung handelt. Eine ausführliche Besprechung aller auf diesen Faktoren beruhenden Behandlungsempfehlungen würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen. Einige der zur Evaluation von nicht schwangerer Frauen empfohlenen Verfahren sind bei Schwangeren kontraindiziert, bei anderen Verfahren gelten in der Schwangerschaft andere Indikationen. Es reicht wohl zu sagen, dass die Evaluation von Schwangeren mit anormaler zervikaler Zytologie durch einen sachkundigen und erfahrenen Gynäkologen oder gynäkologischen Onkologen erfolgen sollte.
Die zervikale intraepitheliale Neoplasie schreitet nur langsam voran. Das Risiko, dass eine zervikale intraepitheliale Neoplasie während der Schwangerschaft zu einer invasiven Krebserkrankung fortschreitet, ist gering (~0,4 %) und viele der Läsionen (36–70 %) bilden sich postpartal spontan zurück. Dementsprechend verschieben manche Ärzte die Kolposkopie bei Schwangeren noch 6 Wochen über die Entbindung hinaus, sofern kein hohes Risiko für eine Progression zur invasiven Krankheit besteht. Wenn bei der Kolposkopie der Verdacht auf eine invasive Krankheit entsteht und die Schwangerschaft zwischen 16 und 20 Wochen alt ist, kann eine Konusbiopsie erfolgen, die in manchen Fällen kurativ ist, um die Diagnose zu bestätigen. Diese Maßnahme geht jedoch aufgrund der vermehrten Vaskularisierung der graviden Zervix vermehrt mit Blutungen einher und erhöht das Risiko einer vorzeitigen Ruptur der Fruchtblase und vorzeitiger Wehen um das Zwei- bis Dreifache. Innerhalb von 4 Wochen vor Entbindung sollte eine Konusbiopsie unterbleiben. Die einzige Behandlungsindikation bei einer zervikalen Neoplasie in der Schwangerschaft ist der Nachweis eines invasiv wachsenden Karzinoms.
Das Management der invasiven Krankheit richtet sich nach dem Erkrankungsstadium, dem Gestationsalter des Kindes und dem Kinderwunsch der Mutter. Bei frühem Krankheitsstadium und Wunschschwangerschaft kann die Behandlung unabhängig vom Gestationsalter hinausgezögert werden, bis eine für das Kind sichere Entbindung möglich ist. Bei Frauen mit fortgeschrittener Krebserkrankung im ersten oder zweiten Trimenon wird ein Schwangerschaftsabbruch, gefolgt von definitiver Therapie, empfohlen (Kap. 117). Wenn eine Patientin mit fortgeschrittenem Tumorstadium in der Frühschwangerschaft einen Schwangerschaftsabbruch und damit die sofortige definitive Therapie ablehnt, muss sie darüber aufgeklärt werden, dass die mütterliche Heilungswahrscheinlichkeit bei verzögerter Therapie reduziert wird. Schwangere mit fortgeschrittener Krebserkrankung im 3. Trimenon sollten mit Betamethason behandelt werden, um die Lungenreife des Kindes zu beschleunigen. Anschließend sollte das Kind zum frühestmöglichen Termin entbunden und bei der Mutter mit der Therapie begonnen werden. Die meisten Frauen mit invasiver Krebserkrankung befinden sich im Frühstadium der Erkrankung. Bei mikroinvasiver Erkrankung kann die Geburt vaginal erfolgen und anschließend eine definitive Behandlung folgen, meist eine Konisation. Bei sichtbaren Läsionen auf der Zervix sollte eine Sectio erfolgen, an die sich eine radikale Hysterektomie anschließt.
Mammakarzinom in der Schwangerschaft
Krebserkrankungen der weiblichen Brust treten mit einer Häufigkeit von 1 auf 3000–10.000 Lebendgeburten auf. Etwa 5 % aller Mammakarzinome treten bei Frauen ≤ 40 Jahren auf. Von den prämenopausalen Frauen, die an einem Mammakarzinom erkranken, waren 25–30 % zum Diagnosezeitpunkt schwanger. Bereits seit einiger Zeit ist bekannt, dass das Mammakarzinom in der Schwangerschaft, gemessen am Gesamtüberleben und am progressionsfreien Überleben, eine schlechtere Prognose hat. Die veröffentlichten Definitionen des schwangerschaftsassoziierten Mammakarzinoms sind uneinheitlich, allgemein akzeptiert wird jedoch die Definition eines während der Schwangerschaft oder innerhalb von 1 Jahr nach der Entbindung diagnostizierten Mammakarzinoms. Für die schlechtere Prognose gibt es vermutlich mehrere Gründe. Mammakarzinome werden während der Schwangerschaft oft in einem fortgeschritteneren Stadium diagnostiziert und haben daher eine schlechtere Prognose. Ein Grund für diese spätere Diagnosestellung ist, dass die frühen Krankheitssymptome oft übersehen oder als normale schwangerschaftsbedingte Brustveränderungen fehlinterpretiert werden, wobei eine Knotenbildung in der Brust auch bei einer Schwangeren nie normal ist. Ein anderer Grund ist das vermutlich wegen des hormonellen Milieus (Östrogen steigt um das 100-Fache, Progesteron um das 1000-Fache) in der Schwangerschaft aggressivere Verhalten der Krebserkrankung. Allerdings sind etwa 70 % der Mammakarzinome von Schwangeren Östrogenrezeptor-negativ. Etwa 28–58 % der Tumoren, die HER2 exprimieren, bilden eine biologisch aggressivere Form des Mammakarzinoms. Ein weiterer Faktor ist, dass die aggressive definitive Chemotherapie und die Strahlentherapie aus Angst vor Auswirkungen auf den Fötus oft hinausgezögert werden. Jüngere Frauen mit Mammakarzinom besitzen mit höherer Wahrscheinlichkeit Mutationen von BRCA1 oder BRCA2.
Die Unterschiede des schwangerschaftsassoziierten Mammakarzinoms (definiert als Krebserkrankung, die während der Schwangerschaft sowie bis zu 1Jahr danach diagnostiziert wird) zeigt Tabelle 124e-3. Etwa 20 % der Mammakarzinome werden im 1. Trimenon diagnostiziert, 45 % im 2. Trimenon und 35 % im 3. Trimenon. Gelegentlich wird behauptet, dass das stadienadaptierte Therapieergebnis bei Mammakarzinomen von Schwangeren und Nichtschwangeren gleich sei. Die Primärtumoren haben bei Schwangeren eine Größe von durchschnittlich 3,5 cm im Vergleich zu < 2 cm bei Nichtschwangeren. Häufigste Symptome sind eine große Raumforderung und Absonderungen aus der Brustwarze. In diesen Fällen sollten sofort eine Sonografie und eine Mamma-MRT erfolgen (sofern verfügbar). Anschließend werden solide Raumforderungen reseziert und zystische Raumforderungen punktiert. Durch die erhöhte Dichte der Brustdrüse in der Schwangerschaft ist die Mammografie weniger aussagekräftig. Feinnadelaspirate von Raumforderungen bei Schwangeren sind oft diagnostisch nicht wegweisend oder falsch positiv. Auch in der Schwangerschaft sind die meisten Mammatumoren gutartig (~80 % Adenome, lobuläre Hyperplasien, Milchretentionszysten, fibrozystische Krankheit, Fibroadenome und andere seltene Krankheitsbilder).
Die meisten Studien, in denen die Behandlungsergebnisse bei Schwangeren und Nichtschwangeren mit Mammakarzinomen verglichen werden, sind klein und ausgesprochen heterogen. Eine formale Metaanalyse mit zahlreichen Adjustierungen und Sensitivitätsanalysen bestätigt jedoch den klinischen Eindruck, wonach die Prognose in der Schwangerschaft schlechter ist. Die Hazard Ratios betrugen 1,44 für das schlechtere Gesamtüberleben und 1,60 für das kürzere krankheitsfreie Überleben.
a Durch die erhöhten Östrogenspiegel können niedrigere Messwerte auch Artefakte sein. |
Obwohl eine durchgemachte Schwangerschaft allgemein ein Schutzfaktor gegen das Mammakarzinom ist, bleibt fraglich, ob dieser Schutz auch bei Trägerinnen von BRCA1- und BRCA2-Mutationen besteht. Cullinane et al. (Int J Cancer 117:988, 2005) ermittelten einen statistisch signifikanten Unterschied (Odds Ratio 0,94) des Mammakarzinomrisikos bei BRCA1-Trägerinnen, die schwanger gewesen waren, und Nulliparae. Bei der Risikostratifikation nach der Anzahl der Schwangerschaften im Vergleich zu keiner Schwangerschaft war kein statistisch signifikanter Trend zu erkennen. Bei BRCA2-Trägerinnen bestand bei durchgemachter Schwangerschaft ein statistisch marginal erhöhtes Risiko für Mammakarzinome. In einer internationalen Studie mit einer Beobachtungsdauer von mehr als 65.000 Personenjahren (Andrieu J: Natl Cancer Inst 98:535, 2006) hatten Schwangerschaften bei den Trägerinnen beider Mutationen keinen irgendwie gearteten Einfluss auf das Risiko für ein Mammakarzinom. Die Bestimmung des axillären Lymphknotenstatus wird derzeit kontrovers beurteilt. Sentinel-Lymphknotenbiopsien sind bei Schwangeren nicht einfach. Bei Ratten war der blaue Farbstoff kanzerogen und die Wirksamkeit einer Abschirmung des Kindes gegenüber alternativ verabreichten Radionukliden ist unbekannt. Daher bevorzugen viele Chirurgen zum Staging die axilläre Lymphknotendissektion. Die axillären Lymphknoten sind bei Schwangeren vor allem wegen der typischerweise verzögerten Diagnosestellung häufiger positiv als bei Nichtschwangeren.
Ebenso wie bei anderen Krebserkrankungen in der Schwangerschaft wird bei Diagnose im 1. Trimenon oft ein Schwangerschaftsabbruch empfohlen, damit frühestmöglich eine definitive Therapie erfolgen kann. Während eine definitive Operation im 1. Trimenon möglich ist, sind Strahlen- und Chemotherapie riskanter. Eine Hinauszögerung der systemischen Therapie kann die Ausbreitung in die axillären Lymphknoten begünstigen. Im 2. und 3. Trimenon ist die Chemotherapie (vor allem Anthrazyklin-Kombinationen) sicher und wirksam (siehe Kap. 108). Oft erfolgt eine brusterhaltende Lumpektomie mit anschließender adjuvanter Chemotherapie; Fluorouracil und Cyclophosphamid wurden in Kombination mit Doxorubicin oder Epirubicin gegeben, ohne das Kind erkennbar zu gefährden. Auch Taxane und Gemcitabin werden zunehmend genutzt, wobei nur wenige Daten zur Sicherheit vorliegen. Methotrexat und andere Folsäureantagonisten dürfen nicht gegeben werden, da sie Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem des Kindes haben können. Nach der 33.–34. Schwangerschaftswoche sollte grundsätzlich keine myelotoxische Therapie erfolgen, damit sich das Blut in den verbleibenden 3 Wochen bis zur Entbindung erholen kann. Eine endokrine Therapie ist ebenso wie die Behandlung mit Trastuzumab zu unsicher in der Schwangerschaft. Es gibt Einzelfallberichte über die Gabe von Lapatinib, in denen keine kindlichen Fehlbildungen beschrieben wurden. Antiemetika und koloniestimulierende Faktoren gelten als sicher. Mütter, die nach der Entbindung chemotherapeutisch behandelt werden, sollten nicht stillen, da die Chemotherapeutika, insbesondere die Alkylanzien, mit der Muttermilch ausgeschieden werden.
Erneute Schwangerschaften nach Mammakarzinom in vorausgegangener Schwangerschaft scheinen weder die Rezidivrate noch das Gesamtüberleben zu beeinflussen. In einer Metaanalyse konnte vielmehr gezeigt werden, dass Schwangerschaften bei Überlebenden nach Mammakarzinom das Risiko des Todes durch ein Mammakarzinom um bis zu 42 % reduzieren. Diese Ergebnisse werden jedoch erheblich vom Effekt des „gesunden Überlebenden“ beeinflusst; Frauen mit ausgedehnter oder fortgeschrittener Krankheit vermeiden eine Schwangerschaft eher.
Melanom in der Schwangerschaft
Erkenntnisse über während der Schwangerschaft auftretende maligne Melanome beruhen überwiegend auf Einzelfallberichten und kleinen Fallserien, die zu dem Schluss kamen, dass es häufiger aufträte, einen aggressiveren natürlichen Verlauf aufweise und teilweise Folge der hormonellen Veränderungen wäre, die während der Schwangerschaft zur Hyperpigmentierung führen (sog. Melasma). Vollständigere epidemiologische Daten legen jedoch nahe, dass das maligne Melanom bei Schwangeren nicht häufiger ist als bei gleichaltrigen Nichtschwangeren, während einer Schwangerschaft nicht aggressiver verläuft und dass die Hormone wenig bis gar nichts mit der Entstehung zu tun haben. Schwangere und Nichtschwangere unterschieden sich weder hinsichtlich der Lokalisation des Primärtumors noch hinsichtlich seiner Eindringtiefe, der Tumorulzeration und der Gefäßinvasion.
Es sollte gezielt nach verdächtigen Läsionen gesucht werden, die in der Schwangerschaft definitiv durch eine Exzisionsbiopsie versorgt werden. Eine großzügige, weite Exzision mit Probenahme aus den regionalen Lymphknoten ist nicht erforderlich. Bei Lymphknotenbefall ist das zu empfehlende Vorgehen weniger klar. Es gibt mehrere Substanzen, die beim malignen Melanom wirksam sein können, für die es jedoch bisher keine belastbaren Daten zur Anwendung während der Schwangerschaft gibt. Adjuvant verabreichtes Interferon α ist toxisch und seine Sicherheit in der Schwangerschaft ist nicht zweifelsfrei belegt. Substanzen, die bei fortgeschrittener Krankheit gegeben werden, sind u. a. Dacarbazin, Interleukin-2, Ipilimumab (CTLA-4-Antikörper), Nivolumab und Pembrolizumab (PD-1-Antikörper) sowie bei Patientinnen mit BRAF-Mutation Vemurafenib, ein BRAF-Kinase-Inhibitor. Bei metastatischer Krankheit ist oft ein Schwangerschaftsabbruch indiziert, damit möglichst frühzeitig mit einer systemischen Behandlung begonnen werden kann (siehe Kap. 105).
Das Melanom ist eine der wenigen Krebserkrankungen, für die eine transplazentare Metastasierung beim Fötus gut belegt ist. Beim Fötus befällt es vor allem Kopf und Hals und hat eine sehr ernste Prognose. Glücklicherweise ist die transplazentare Ausbreitung selten. Schwangerschaften nach Diagnose und Behandlung eines malignen Melanoms gehen nicht mit einem erhöhten Rezidivrisiko für maligne Melanome einher.
Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome in der Schwangerschaft
(Siehe Kap. 134) Das Hodgkin-Lymphom tritt überwiegend bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter auf. Dabei ist das Hodgkin-Lymphom bei Schwangeren nicht häufiger als bei Nichtschwangeren. Die Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms wird bei etwa 1 von 6000 Schwangerschaften gestellt. Es besteht oft eine nicht schmerzhafte Lymphknotenschwellung, gelegentlich liegen gleichzeitig B-Symptome (Fieber, Nachtschweiß, ungewollter Gewichtsverlust) vor. Die Diagnostik erfolgt mittels Exzisions- oder Stanzbiopsie, da eine Feinnadelaspiration den für das Hodgkin-Lymphom typischen diagnostischen Feinaufbau des Tumors nicht erfassen kann. Das Staging erfolgt meist mittels Ultraschall oder MRT. Das Stadium zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wird nicht von der Schwangerschaft beeinflusst. Schwangere, bei denen die Diagnose im 2. oder 3. Trimenon gestellt wurde, können ausreichend sicher mit einer Kombinationschemotherapie behandelt werden, normalerweise mit Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin (ABVD). Patientinnen im 1. Trimenon sind meistens asymptomatisch und bei Frauen mit Wunschschwangerschaft kann meist bis ins 2. oder 3. Trimenon gewartet werden, da dann eine definitive Kombinationschemotherapie möglich ist. Eine Strahlentherapie erfolgt während der Schwangerschaft nicht und ist für ein optimales Management der schwangeren Patientin auch nicht erforderlich. Für behandlungsbedürftige Symptome im 1. Trimenon gibt es Einzelfallberichte über die erfolgreiche wöchentliche Gabe von niedrig dosiertem Vinblastin. Mit diesem Vorgehen wurden erfolgreich Schwangerschaften erhalten. Die Schwangerschaft wirkt sich nicht negativ auf das Behandlungsergebnis aus.
Non-Hodgkin-Lymphome sind in der Schwangerschaft ungewöhnlich (etwa 0,8 auf 100.000 Schwangerschaften), meist liegen allerdings Subtypen mit aggressivem natürlichem Verlauf vor, wie das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom, das Burkitt-Lymphom und das periphere T-Zell-Lymphom. Die Diagnose stützt sich auf die Exzisionsbiopsie einer Raumforderung und nicht auf eine Feinnadelaspiration. Das Staging erfolgt meist mittels Ultraschall oder MRT. Bei Diagnosestellung im 1. Trimenon sollte die Schwangerschaft sofort beendet und eine definitive Behandlung mit einer Kombinationschemotherapie eingeleitet werden, da sich aggressive Lymphome mit einer Einzelsubstanz-Chemotherapie schlecht kontrollieren lassen. Bei Diagnosestellung im 2. oder 3. Trimenon kann eine Standardchemotherapie erfolgen, beispielsweise mit Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison (CHOP). Zu Rituximab – bei B-Zell-Lymphomen – liegen bei Indikation in der Schwangerschaft nur Einzelfallberichte vor. Bei Kindern von Müttern, die während der Schwangerschaft Rituximab erhalten haben, kann die B-Zell-Entwicklung nach der Geburt vorübergehend verzögert sein, sie normalisiert sich meist bis zum 6. Lebensmonat. Das Behandlungsergebnis von Lymphomen im vergleichbaren klinischen Stadium ist bei Schwangeren und Nichtschwangeren ähnlich.
Schilddrüsenkarzinom in der Schwangerschaft
(Siehe Kap. 405) Die Inzidenz von Schilddrüsenkarzinomen nimmt ebenso wie die von malignen Melanomen, von Gehirntumoren und von Lymphomen in der Gesamtbevölkerung zu. Die Häufigkeit von Schilddrüsenkarzinomen nimmt bei nordamerikanischen Frauen schneller zu als für jeden anderen Tumor. Die Endocrine Society hat daher Praxisleitlinien zum Management von Schilddrüsenerkrankungen während der Schwangerschaft aufgestellt (www.endocrine.org/~/media/endosociety/Files/Publications/Clinical%20Practice%20Guidelines/Thyroid-Exec-Summ.pdf). Bei Schilddrüsenknoten ≥ 1 cm erfolgt eine Feinnadelaspiration. Bei Nachweis eines Malignoms wird im 2. und 3. Trimenon allgemein eine Operation empfohlen, wobei Operationskomplikationen bei Schwangeren doppelt so häufig auftreten wie bei Nichtschwangeren. Da das Wachstum von Schilddrüsentumoren oft langsam und beschwerdefrei verläuft, kann die Operation meist bis nach dem 1. Trimenon verschoben werden. Patientinnen mit follikulärem Schilddrüsenkarzinom oder papillärem Schilddrüsenkarzinom im Frühstadium können bis in die Postpartalphase kontrollierend beobachtet werden. Nach der Entbindung ist bedenkenlos eine Radioiodtherapie möglich. Bei Schwangeren mit anamnestisch bekanntem Schilddrüsenkarzinom sollte die Schilddrüsenhormonersatztherapie wegen der negativen Auswirkungen einer mütterlichen Hypothyreose auf das Kind während der Schwangerschaft kontrolliert fortgeführt werden. Bei stillenden Müttern sollte keine Radioiodtherapie erfolgen und eine erneute Schwangerschaft sollte in den 6–12 Monaten nach einer Radioiodtherapie vermieden werden.
Die Beurteilung der Schilddrüsenfunktion ist wegen der physiologischen Veränderungen in der Schwangerschaft schwierig. Bei vorausgegangener Behandlung wegen eines Schilddrüsenkarzinoms besteht die Gefahr einer mütterlichen Hypothyreose. Der Bedarf an Schilddrüsenhormonen nimmt während der Schwangerschaft zu, sodass für eine normale Funktion eine Dosissteigerung um 30–50 % erforderlich sein kann. Nicht nur der Gesamt-T4-Spiegel ist in der Schwangerschaft höher, auch die therapeutischen Zielspiegel steigen (Tab. 124e-4). Es wird empfohlen, die Ober- und Untergrenzen des Referenzwertbereichs im 2. und 3. Trimenon mit 1,5 zu multiplizieren, um einen für die Schwangerschaft geltenden Normalbereich zu erhalten. Der Zielspiegel von TSH beträgt < 2,5 mIU/l.
Trophoblasterkrankungen in der Schwangerschaft
(Siehe Kap. 117) Zu den schwangerschaftsassoziierten Trophoblasttumoren gehören die hydatidiforme Mole, das Chorionkarzinom, der plazentare Trophoblasttumor und verschiedene andere, nicht klassifizierbare Trophoblasttumoren. Am häufigsten sind Molen, die in den USA bei 1 von 1500 Schwangerschaften auftreten. In Asien ist die Inzidenz höher. Kehrt der Serumspiegel von β-humanem Choriongonatotropin (β-HCG) nach der operativen Entfernung der Mole wieder in den Normalbereich zurück, spricht man von einer gestationalen Trophoblasterkrankung. Bleiben die β-HCG-Spiegel auch nach der Molenausräumung erhöht, wird von einem malignen gestationalen Trophoblasttumor ausgegangen. Das Chorionkarzinom tritt bei 1 von 25.000 Schwangerschaften auf. Risikofaktoren sind ein mütterliches Alter > 45 Jahre und eine vorausgegangene Molenschwangerschaft. Durch Letztere erhöht sich die Häufigkeit des Chorionkarzinoms etwa 1000-mal (Inzidenz 1–2 %).
Hydatidiforme Molen sind durch Cluster von hydropisch veränderten Villi, eine trophoblastäre Hyperplasie und fehlende fetale Blutgefäße gekennzeichnet. Invasive Molen zeigen hingegen ein Einwachsen in das Myometrium. Plazentäre Trophoblasttumoren bestehen überwiegend aus zytotrophoblastischen Zellen, die an der ursprünglichen Stelle der Plazenta entstehen. Chorionkarzinome enthalten anaplastisches Trophoblastgewebe mit zytotrophoblastären und synzytiotrophoblastären Merkmalen und keine abgrenzbaren Villi.
Molen können partiell sein, typischerweise fetales Gewebe enthaltend, oder komplett, typischerweise ohne fetales oder embryonales Gewebe. Partialmolen haben einen definierten molekularen Ursprung, sind meist kleine Tumoren mit wenigen hydropischen Villi und persistieren oder entarten seltener. Sie entstehen bei der Befruchtung einer Eizelle durch zwei Spermien mit nachfolgender diandrischer Triploidie. Komplette Molen haben meistens einen 46,XX-Genotyp; 95 % entstehen, wenn eine einzige Spermie eine leere Eizelle befruchtet, wobei eine Genduplikation stattfindet (diandrische Diploidie); 5 % entstehen bei einer dispermischen Befruchtung einer leeren Eizelle (diandrische Dispermie).
Schwangere mit gestationalen Trophoblasterkrankungen weisen oft im 1. Trimenon Blutungen auf, haben unverhältnismäßig hohe Serumspiegel von β-hCG und einen ungewöhnlich großen Uterus, gemessen am Gestationsalter, weisen Hyperemesis gravidarum, Thekaluteinzysten in den Ovarien (durch die β-hCG-Stimulation) und eine Hyperthyreose (durch die Kreuzreaktivität von β-hCG und TSH) auf, außerdem entwickeln sie oft schon vor der 20. Schwangerschaftswoche eine Präeklampsie. Komplette Molen imponieren im Ultraschall als vergrößerte, echoreiche Plazenta in einem vergrößerten Uterus ohne kindliche Teile und gehen mit vergrößerten Ovarien einher. Bei initial unklarer Diagnose und Wunschschwangerschaft sollten die Bestimmung des β-hCG-Serumspiegels und die Sonografie nach einer Woche wiederholt werden. Wenn nach 7–10 Tagen kein Embryo zu erkennen ist und der Serumspiegel von β-hCG weiterhin erhöht ist, handelt es sich um eine nicht lebensfähige Schwangerschaft, die ausgeräumt werden sollte. Die Diagnose von Schwangerschaften mit Partialmolen ist schwieriger, weil meist ein Embryo oder Fötus mit Herzaktion vorhanden ist und die hydropischen Plazentaveränderungen, die Uterusvergrößerung und der β-hCG-Anstieg nicht so deutlich ausfallen. In der Regel wächst der vorhandene Embryo oder Fötus nicht normal und entwickelt auch keine normale Anatomie, sodass die Diagnose bei wiederholten Sonografien gestellt werden kann. Auch die Amniozentese sichert die Diagnose durch den Nachweis einer Triploidie.
Bei Molenschwangerschaften muss umgehend eine Saugkürettage erfolgen. Dabei können starke Blutungen auftreten. Nach der Evakuierung von kompletten Molen entwickelt sich bei etwa 20 % der Patientinnen eine persistierende, invasive oder metastatische Erkrankung. Partialmolen persistieren weitaus seltener (< 5 %). Postoperativ werden die Serumspiegel von β-hCG so lange überprüft, bis sie unter den unteren Grenzwert absinken und dort für mindestens 6 Monate bleiben. Außerdem werden die Patientinnen dahingehend aufgeklärt, dass sie mindestens 12 Monate lang nicht schwanger werden sollten.
Für die Diagnose einer postmolaren gestationalen Trophoblasterkrankung wurden zahlreiche Kriterien aufgestellt. Hier werden die aktuellen Konsensusleitlinien der International Federation of Gynecology and Obstetrics aufgeführt:
Ein Plateau des β-hCG-Spiegels bei vier Messungen in 3 Wochen von ± 10 % (Tage 1, 7, 14 und 21)
Ein Anstieg des β-hCG-Spiegels um > 10 % bei drei Messungen in 2 Wochen (Tage 1, 7 und 14)
Die Persistenz des β-hCG-Nachweises über > 6 Monate nach Molenevakuierung
Etwa die Hälfte aller Chorionkarzinome entsteht auf dem Boden einer durchgemachten Molenschwangerschaft und die andere Hälfte nach ektopen Schwangerschaften sowie selten auch nach termingerecht beendeten Schwangerschaften. Bei einem Stadium I ist das Chorionkarzinom auf den Uterus beschränkt, bei einem Stadium II ist es auf die Genitalorgane beschränkt (~30 % Vaginalbeteiligung), im Stadium III hat sich die Krankheit auf die Lungen, aber keine anderen Organe ausgebreitet und im Stadium IV auch auf Leber, Gehirn oder andere Organe.
Bei begrenzter Metastasierung erfolgt die Behandlung mit Methotrexat-Mono (30 mg/m2/Woche i.m. bis zur Normalisierung von β-HCG oder 1 mg/kg i.m. jeden 2. Tag für 4 Dosen, dann Leukovorin 0,1 mg/kg i.v. 24 Stunden nach Methotrexat), wodurch mehr als 90 % der Patientinnen geheilt werden. Bei sehr hohem β-HCG-Spiegel, Diagnosestellung mehr als 4 Monate nach einer Schwangerschaft, bei Gehirn- oder Lebermetastasen oder bei erfolgloser Behandlung mit Methotrexat erfolgt eine Kombinationschemotherapie. Am häufigsten werden Etoposid, Methotrexat und Dactinomycin im Wechsel mit Cyclophosphamid und Vincristin (EMA-CO) gegeben, die bei mehr als 80 % der Patientinnen zum Langzeitüberleben führen. Bei den meisten Chorionkarzinomen ist die alleinige Chemotherapie kurativ. Gehirnmetastasen können auch durch eine Gehirnbestrahlung erfolgreich behandelt werden. Die Hysterektomie bleibt Frauen vorbehalten, bei denen die Familienplanung abgeschlossen ist, die eine chemotherapieresistente Uteruserkrankung aufweisen oder bei denen die seltenen, auf den Uterus beschränkten plazentaren Trophoblasttumoren vorliegen, weil diese Tumoren weniger sensitiv gegenüber einer Chemotherapie sind. Nach ausgeheilter trophoblastärer Erkrankung besteht bei nachfolgenden Schwangerschaften kein erhöhtes Risiko für fetale Fehlbildungen oder mütterliche Komplikationen.
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