145e Molekulare Mechanismen der mikrobiellen Pathogenese
Die mikrobielle Pathogenese ist von einer Vielzahl molekularer Mechanismen auf Seiten von Pathogen und Wirt geprägt. An den verschiedenen Eintrittspforten bestimmen Adhäsine von Viren, Bakterien und Pilzen im Wechselspiel mit Wirtsmolekülen den Erstkontakt. Ein wichtiger Schritt ist das Wachstum des Pathogens in der Wirtsumgebung unter Vermeidung einer Eliminierung durch die angeborene Immunität. Eine besondere Rolle spielt hier die Interaktion mit Epithelzellen und professionellen Phagozyten.
Die Erkennung hochkonservierter Strukturen der Pathogene durch Wirtszellen löst Signalkaskaden aus, die die Entzündungsreaktion steuern. Die weitergehende Invasion des Wirtes, oftmals geprägt durch einen Gewebstropismus des Pathogens sowie durch bakterielle Virulenzfaktoren, und die Wirtsantwort selbst bestimmen den Krankheitsverlauf. Zusammenfassend besteht eine sehr komplexe und sehr dynamische Interaktion zwischen Wirt und Pathogen. Das Ergebnis dieser Interaktion determiniert den Verlauf der Infektionskrankheit.
Für die deutsche Ausgabe Stefan Hippenstiel und Norbert Suttorp
In den letzten vier Jahrzehnten erbrachten molekulare Studien der mikrobiellen Pathogenese einen explosionsartigen Informationszuwachs über die verschiedenen mikrobiologischen und Wirtsmoleküle, die an den Prozessen von Infektion und Krankheit beteiligt sind. Diese Prozesse können in mehrere Stadien eingeteilt werden: mikrobielles Wachstum nach Eintritt, Umgehen der angeborenen Wirtsimmunität; in Gewebeinvasion und Tropismus; Gewebeschädigung und Transmission zu neuen Wirten. Die Virulenz ist ein Maß für die Fähigkeit eines Organismus, Krankheiten zu verursachen, und eine Funktion der pathogenetischen, von den Mikroben ausgeprägten Faktoren. Diese Faktoren ermöglichen die Besiedlung (die einfache Präsenz eines potenziell pathogenen Mikroorganismus in oder auf einem Wirt), Infektion (Anhaftung und Wachstum von Pathogenen, Vermeidung der Wirtsabwehr) und Erkrankung (häufig, aber nicht immer, die Aktivität sezernierter Toxine oder toxischer Metaboliten). Des Weiteren trägt die inflammatorische Wirtsantwort wesentlich zur Krankheit und ihren Symptomen bei.
Das seit kurzem zunehmende Interesse an der Rolle der Mikrobiota und des zugehörigen Mikrobioms – der Gesamtheit aller mikrobiellen Genome in oder auf einem Säugerorganismus – in Physiologie, Anfälligkeit für und Reaktion auf Infektionen sowie die Entwicklung des Immunsystems haben eine enorme Auswirkung auf unser Verständnis von Wirt-Pathogen-Interaktion.
Das Mikrobiom
(Siehe auch Kap. 86e) Heute ist klar, dass die indigenen Mikroorgansimen, die in nahezu allen Tieren vorkommen, in komplexen Gemeinschaften organisiert sind, die die Fähigkeit pathogener Mikroorganismen zur Siedlung in oder auf einem Wirt beeinflussen. Die bloße Zahl dieser Mikroorganismen und die Variabilität ihres Genoms übersteigen die der tierischen Wirtszellen und -gene um ein Vielfaches. Intra- und interindividuelle Veränderungen und Unterschiede in den Mikrobiomen, wie sie derzeit mithilfe von Hochdurchsatz-Sequenzierungen der DNS und Methoden der Bioinformatik charakterisiert werden, beeinflussen die Entwicklung und Kontrolle des Immunsystems ebenso wie verschiedene andere Organsysteme und Erkrankungen. Dazu gehören etwa Übergewicht, Diabetes Typ 1, Denken und Wahrnehmung, neurologische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen sowie Infektionskrankheiten der Haut, des Gastrointestinaltrakts, Lunge und Atemwegen und der Vagina. Es war und ist schwierig, spezifische Typen von Mikrobiomen direkt mit pathophysiologischen Bedingungen in Zusammenhang zu bringen und zu beurteilen, wie sich evolutionär konservierte oder variable Arten von Mikroorganismen innerhalb des menschlichen und tierischen Genoms entwickeln. Möglicherweise lassen sich Cluster von Organismen in Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen definieren, wenn weitere Daten verfügbar sind. Diese Aufgabe wird kompliziert durch Ergebnisse des Human Microbiome Project, die eine hohe interindividuelle Variabilität der Bestandteile des Mikrobioms nahelegen, obwohl intraindividuell in vielen Fällen ein relativ konstantes Mikrobiom aufrechterhalten wird. Im Kontext der Infektionskrankheiten spielen ausgeprägte Veränderungen und Zusammenbrüche der indigenen Mikrobiome eine starke und oft grundlegende Rolle bei der Ausbreitung einer Infektion. Solche Veränderungen der normalen Flora finden sich beispielsweise bei der Therapie mit Antibiotika und Immunsuppressiva, bei einer geänderten Umgebung und bei der Wirkung mikrobieller Virulenzfaktoren, die die indigene Mikroflora verdrängen und die Kolonisation durch Pathogene erleichtern. Die verfügbaren Techniken zur Definition des Mikrobioms nehmen zu, und zweifellos werden die Ergebnisse unsere derzeitigen Konzepte und Ansätze zur mikrobiellen Pathogenese und Behandlung von Infektionskrankheiten wesentlich beeinflussen.
Eindringen und Adhärenz von Mikroorganismen
Eintrittspforten
Ein mikrobielles Pathogen kann potenziell jeden Teil eines Wirtsorganismus infizieren. Oftmals ist der Typ der Erkrankung, die durch einen bestimmten Mikroorganismus verursacht wird, eine direkte Konsequenz seines Eintrittsweges in den Körper. Die häufigsten Eintrittspforten sind Schleimhautoberflächen (insbesondere des Respirations-, Verdauungs- und des Urogenitaltraktes) und die Haut. Ingestion, Inhalation und sexueller Kontakt sind typische mikrobielle Eintrittswege. Andere Eintrittsportale stellen Hautverletzungen (Schnitte, Bisse, Verbrennungen, Schürfungen etc.) ebenso wie Injektionen über natürliche (vektorvermittelt) oder künstliche Zugänge dar (z. B. durch Nadelstiche). Einige wenige Pathogene, wie Schistosoma spp., penetrieren intakte Haut. Die Konjunktiven können als Eintrittsort für Pathogene des Auges dienen, die sich von dort aus gelegentlich systemisch ausbreiten.
Die mikrobielle Invasion erfordert normalerweise die Präsenz spezifischer Faktoren, die für Persistenz und Wachstum in einem Gewebe notwendig sind. Die fäkal-orale Verbreitung über den Verdauungstrakt erfordert ein biologisches Profil, welches das Überleben in den verschiedenen Milieus des Gastrointestinaltrakts (einschließlich des niedrigen pH-Wertes des Magens und des hohen Gallegehaltes des Intestinums) ebenso erlaubt wie in kontaminierter Nahrung oder Wasser außerhalb des Wirtes. Organismen, die über den Respirationstrakt eindringen, können meist gut in Flüssigkeitstropfen überleben, wie sie durch Niesen und Husten erzeugt werden. Pathogene, welche über venerische Wege eindringen, überleben in der Regel am besten in der warmen und feuchten Umgebung der urogenitalen Schleimhaut. Viele sexuell übertragene Humanpathogene besitzen ein begrenztes Wirtsspektrum und infizieren keine Tiere (z. B. Neisseria gonorrhoeae, Treponema pallidum und HIV).
Die Biologie von Mikroorganismen, die über die Haut eindringen, ist hoch variabel. Einige dieser Organismen können in unterschiedlichsten Umgebungen überleben, wie den Speicheldrüsen oder dem Verdauungstrakt von Arthropodenvektoren, dem Maul größerer Tiere, Boden und Wasser. Eine komplexe Biologie erlaubt Protozoen, wie Plasmodium, Leishmania und Trypanosoma spp., morphologische Veränderungen, die ihre Transmission zu Säugetierwirten durch blutsaugende Insekten ermöglichen. Plasmodien werden als infektiöse Sporozoiten während des Blutsaugens aus den Speicheldrüsen von Moskitos übertragen. Leishmania werden als Promastigoten aus dem Verdauungstrakt von Sandfliegen regurgitiert und bei Biss in einen anfälligen Wirt übertragen. Bei Trypanosomen erfolgt die Ingestion nach Biss einer infizierten Raubwanze. Die Pathogene vermehren sich dann im Gastrointestinaltrakt des Insektes und werden während weitergehenden Fressens mit den Fäzes auf der Wirtshaut freigesetzt. Die meisten Mikroben, die direkt auf intakter Haut landen, sterben ab, da das Überleben auf der Haut oder in Haarfollikeln die Resistenz gegen Fettsäuren, einen niedrigen pH-Wert und andere antimikrobielle Faktoren der Haut erfordert. Ist die Haut beschädigt (insbesondere nekrotisch), kann sie zu einer Haupteintrittspforte für Wachstum und Eintritt von Pathogenen und ihren toxischen Produkten werden. Tetanus und Gasbrand sind beeindruckende Beispiele dafür. Nach Tierbissen gelangen Pathogene aus dem tierischen Speichel durch die verletzte Haut in das Gewebe des Opfers. Tollwut ist ein Paradebeispiel für diesen pathogenetischen Prozess. Die Tollwutviren vermehren sich in quer gestreiften Muskelzellen am Ort der Inokulation.
Mikrobielle Adhärenz
Nachdem die Mikroorganismen in einen Wirt gelangt sind, verankern sie sich an einem Gewebe oderGewebefaktor. Mögliche Ausnahmen sind Organismen, die direkt in den Blutkreislauf gelangen und sich dort vermehren. Spezifische mikrobielle Liganden oder Adhäsine für Wirtsrezeptoren sind ein Hauptforschungsgebiet der mikrobiellen Pathogenese. Adhäsine umfassen ein weites Spektrum von Oberflächenstrukturen, die den Mikroorganismus nicht nur verankern und seinen zellulären Eintritt ermöglichen, sondern auch Wirtsantworten auslösen, die wichtiger Bestandteil des pathogenetischen Prozesses sind (Tab. 145e-1). Viele Mikroben produzieren mehrere, für multiple Wirtsrezeptoren spezifische Adhäsine, die oft redundant und serologisch variabel sind. Sie wirken additiv oder synergistisch mit anderen mikrobiellen Faktoren, um das Anheften an Wirtsgewebe zu bewerkstelligen. Darüber hinaus adsorbieren einige Mikroorganismen Wirtsproteine auf ihre Oberfläche und nutzen natürliche Wirtsproteinrezeptoren zur mikrobiellen Bindung und Aufnahme in Zielzellen.
Virale Adhäsine
Alle viralen Pathogene müssen an ihre Wirtszellen binden, diese durchdringen und sich in ihnen replizieren. Virale Hüllproteine dienen als Liganden und vermitteln über die Bindung teils verschiedener Wirtszellrezeptoren die zelluläre Aufnahme des Virus. So gelangt HIV durch Bindung des Glyko-Hüllproteins (gp) 120 an CD4 und einen von zwei Rezeptoren für Chemokine (benannt CCR5 und CXCR4). Gleiches gilt für das Masernvirus-H-Glykoprotein, welches sowohl an CD46 als auch an das membranorganisierende Protein Moesin der Wirtszellen bindet. Das gB- und gC-Protein des Herpes-simplex-Virus bindet Heparinsulfat, diese Adhärenz ist jedoch nicht notwendig für den Zelleintritt, sondern trägt zur Konzentration der Virionen nahe der Zelloberfläche bei. Dieser Schritt wird gefolgt von einer durch virales gD vermittelten Anheftung an die Wirtszellen mit nachfolgender Bildung eines Homotrimers aus viralem gB-Protein oder eines Heterodimers aus viralem gH und gL-Proteinen, welche die Fusion des viralen Envelope mit der Wirtszellmembran ermöglichen. Das Herpes-simplex-Virus kann verschiedene eukaryote Zelloberflächenrezeptoren zum Eintritt nutzen, einschließlich des Herpesvirus-Eintritts-Mediators (verwandt mit dem Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor), Mitgliedern der Immunglobulin-Superfamilie, den Proteinen Nectin-1 und -2 sowie modifizierten Heparansulfaten.
Abbildung 145e-1Bakterielle Oberflächenstrukturen. A und B. Konventionelle elektronenmikroskopische Aufnahmen von fixierten Pseudomonas-aeruginosa-Bakterien. Sichtbar sind von den bakteriellen Polen ausgehende Flagellen (A) und Pili (B). C und D. Aufnahmen mittels Rasterkraftmikroskopie von lebenden P. aeruginosa auf einer glatten Oberfläche. Die neue Technologie enthüllt die feinen, dreidimensionalen Details der bakteriellen Oberflächenstrukturen. (Mit frdl. Genehmigung von Dr. Martin Lee und Milan Bajmociz, Harvard Medical School.)
Bakterielle Adhäsine
Zu den am besten charakterisierten mikrobiellen Adhäsinen gehören bakterielle Pili und Flagellen (Abb. 145e-1). Pili oder Fimbrien werden häufig von gramnegativen Bakterien zur Anhaftung an Wirtszellen und Gewebe genutzt; neuere Studien haben ähnliche Faktoren bei grampositiven Organismen nachgewiesen, wie Gruppe-B-Streptokokken. In der Elektronenmikroskopie zeigen sich diese haarigen Ausstülpungen (bis zu einigen hundert pro Zelle) konzentriert an einem Ende des Organismus (polare Pili) oder gleichmäßiger über die Oberfläche verteilt. Eine Zelle kann Pili unterschiedlicher Funktion besitzen. Die meisten Pili bestehen aus Pilinproteinuntereinheiten (Molekulargewicht 17–30 kDa), die zur Bildung eines Pilus polymerisieren. Viele Stämme von Escherichia coli, die bei Infektionen der Harnwege isoliert wurden, exprimieren mannosebindende Typ-I-Pili, deren Bindung an integrale Membranglykoproteine (Uroplakine) des Blasenepithels durch D-Mannose gehemmt wird. Andere Stämme produzieren das Pyelonephritis-assoziierte (Pap) oder P-Pilusadhäsin, welches die Bindung zu Digalaktoseresten (gal-gal) von Glykosphingolipiden der humanen P-Blutgruppenantigene ermöglicht. Dabei determinieren Proteine auf der Spitze der Hauptpiluseinheit die Bindungsspezifität des gesamten Pilus. Interessanterweise verhinderte eine Immunisierung mit dem mannosebindenden FimH-Tip-Protein von Typ-I-Pili bei Mäusen und Affen experimentelle Harnblaseninfektion mit E. coli, ein Versuch mit einer Vakzine beim Menschen schlug jedoch fehl. Diarrhöen verursachende E. coli exprimieren pilusartige Rezeptoren für Dünndarmenterozyten, die gemeinsam mit anderen Faktoren die so genannten Kolonisationsfaktoren bilden.
Ein häufiger Typ-IV-Pilustyp von Neisseria ssp., Moraxella ssp., Vibrio cholerae, Legionella pneumophila, Salmonella enterica Serovar typhi, enteropathogenen E. coli und Pseudomonas aeruginosa vermittelt oft die Adhärenz dieser Bakterien an Zieloberflächen. Die Pili haben eine meist konservierte aminoterminale Region bei erhöhter Variabilität der carboxyterminalen Region. Für einige Spezies (wie Neisseria gonorrhoeae, Neisseria meningitidis und enteropathogene E. coli), sind die Pili für die Anheftung an Schleimhautepithelzellen kritisch. Bei anderen Bakterien, wie Pseudomonas aeruginosa, vermitteln Pili nur einen Teil der Adhärenz zum Wirtsgewebe und können gelegentlich sogar eine Kolonisierung verhindern. So zeigte etwa eine aktuelle Untersuchung zur Besiedelung des Gastrointestinaltrakts durch Pseudomonas aeruginosa bei Mäusen, dass in einer Gruppe der Erreger durch eine Mutation alle nicht essenziellen Gene abgeschaltet waren. Diese Mutanten konnten Typ-IV-Pili nicht ausbilden und waren doch besser in der Lage, die gastrointestinale Schleimhaut zu kolonisieren; die Ursache für diese Beobachtung ist allerdings bislang unklar. Die Zellen von Vibrio cholerae scheinen zur intestinalen Kolonisierung zwei verschiedene Pilitypen zu verwenden. Obwohl ein Eingreifen in diesem frühen Stadium der Kolonialisierung als effektive antimikrobielle Therapie erscheint, scheiterten bislang Versuche zur Etablierung pilibasierter Vakzine für humane Erkrankungen.
Flagellen sind lange Anhängsel, die an einem oder beiden Enden der Zellen (polare Flagellen) oder über die gesamte Zelloberfläche verteilt (peritriche Flagellen) vorkommen. Flagellen bestehen wie die Pili aus polymerisierten oder aggregierten Basisproteinen. Bei Flagellen bilden die Untereinheiten feste helikale Strukturen und sind speziestypisch serologisch variabel. Spirochäten wie Treponema pallidum oder Borrelia burgdorferi besitzen axiale Filamente, die mit den Flagellen entlang der Längsachse an der Zellmitte verlaufen und den Bakterien ein „Schwimmen“ durch Rotation um diese Filamente erlauben. Einige Bakterien können über eine Oberfläche gleiten, ohne dass offensichtliche Motilitätsstrukturen erkennbar sind.
Zu anderen Strukturen, die eine bakterielle Adhärenz zu Wirtsgewebe vermitteln, gehören spezifische Proteine von Staphylokokken und Streptokokken, welche humane Proteine der extrazellulären Matrix, wie Fibrin, Fibronectin, Fibrinogen, Laminin und Kollagen, binden. Fibronectin scheint ein von verschiedenen Bakterien häufig genutzter Rezeptor zu sein, wobei eine spezielle Aminosäurensequenz, Arg-Gly-Asp oder RGD, wesentlich für die bakterielle Bindung ist. Die Bindung des hochkonservierten Staphylococcus-aureus-Oberflächenproteins Clumbing Factor A (ClfA) an Fibrinogen scheint bedeutend für wichtige Aspekte von dessen Pathogenität zu sein. Allerdings gelang es in einer im April 2006 beendeten Studie an Säuglingen mit niedrigem Geburtsgewicht nicht, diese Interaktion durch die Gabe von intravenösem IgG aus dem Plasma von Menschen mit hohen Antikörpertitern gegen ClfA zu unterbrechen und eine Sepsis mit S. aureus zu verhindern, trotzdem wird dieser Ansatz bei der Entwicklung einer Reihe von Impfstoffen gegen diesen Staphylococcus weiter verfolgt. Das konservierte oberflächliche Lipopolysaccharid (LPS) von Pseudomonas aeruginosa vermittelt die Bindung zum Leitfähigkeitsregulator der zystischen Fibrose (CFTR) auf Atemwegsepithelzellen. Dieser Schritt spielt eine wesentliche Rolle bei der normalen Wirtsresistenz gegenüber der Infektion; damit beginnt die Rekrutierung polymorphkerniger Neutrophiler (PMNs) in der Lungenmukosa, um die Zellen über Opsonierung und Phagozytose abzutöten. Eine Großzahl mikrobieller Pathogene, darunter auch bedeutsame grampositive (Staphylokokken und Streptokokken) und gramnegative Bakterien (wichtige Arten von Darmbakterien und Coccobacilli), Pilze (Candida, Fusobacterium, Aspergillus) und sogar Eukaryonten (Trichomonas vaginalis und Plasmodium falciparum) exprimieren ein Oberflächenpolysaccharid aus β-1-6-gebundenem Poly-N-Acetyl-Glucosamin (PNAG), dessen Funktion unter anderem die Bindung an prothetische Materialien und implantierte Katheter ist. Dadurch ist es vermutlich ein kritischer Faktor für die Etablierung solcher Infektionen durch Pathogene wie Staphylokokken und E. coli. Hochauflösende bildgebende Verfahren wie die Rasterkraftmikroskopie (Atomic Force Microscopy) enthüllten, dass bakterielle Zellen eine inhomogene Oberfläche besitzen. Diese ist offenbar auf unterschiedliche Ansammlungen von Oberflächenmolekülen zurückzuführen, einschließlich mikrobieller Adhäsine auf spezifischen Lokalisationen auf der Zelloberfläche (Abb. 145e-1C, D).
Adhäsine von Pilzen
Es wurden verschiedene zur Besiedlung epithelialer Oberflächen beitragende Adhäsine von Pilzen beschrieben, die an Strukturen wie Fibronectin, Laminin und Kollagen binden. Das Produkt des Candida-albicans-INT1-Gens, int1p, ähnelt den an die extrazelluläre Matrix bindenden Integrinen. Die „Agglutinin-like Sequence“(ALS)-Adhäsine sind große Glykoproteine der Zelloberfläche, welche die Adhärenz pathogener Candida an Wirtsgewebe vermitteln. Diese Adhäsine besitzen eine konservierte Struktur aus drei Domänen mit einer N-terminalen Domäne, welche die Adhärenz an Wirtsgeweberezeptoren vermittelt, einem zentralen Motiv aus mehreren Wiederholungen einer konservierten Sequenz aus 36 Aminosäuren und einer C-terminalen Domäne mit variabler Länge und Sequenz, die einen Glykosylphosphatidylinositol(GPI)-Anker enthält, der die Bindung des Adhäsins an die Zellwand des Pilzes ermöglicht. Die Adhäsine unterscheiden sich jeweils in der Anzahl der zentralen Domänen der verschiedenen ALS-Proteine, welche die Spezifität für bestimmte Wirtsrezeptoren festlegt. Die ALS-Adhäsine werden unter verschiedenen Umweltbedingungen exprimiert – und sind für die Pathogenese von Pilzinfektionen entscheidend.
Bei verschiedenen pathogenen Pilzen, die den Wirt nach Inhalation infektiösen Materials infizieren, wird das Inokulum von Alveolarmakrophagen aufgenommen, in welchen die Pilze zum pathogenen Phänotyp transformieren. Ebenso wie C. albicans bindet auch Blastomyces dermatitidis an CD11b-/CD18-Integrine und das CD14 auf Makrophagen. B. dermatitidis produziert ein 120-kDa-Oberflächenmolekül, WI-1, das diese Adhärenz vermittelt. Ein nicht näher bekannter Faktor von Histoplasma capsulatum vermittelt die Bindung dieses Pilzes an Integrinoberflächenproteine.
Adhäsine eukaryontischer Pathogene
Eukaryontische Parasiten nutzen komplizierte Oberflächenglykoproteine als Adhäsine; einige davon sind Lektine (Proteine, welche an bestimmte Kohlenhydrate der Zelloberfläche binden). So bindet Plasmodium vivax, eine von sechs Plasmodienspezies, die Malaria auslösen, an das erythrozytäre Duffy-Blutgruppenallergen Fy. Entamoeba histolytica, die dritthäufigste Ursache für tödliche parasitäre Erkrankungen, exprimiert zwei Proteine, die an das Disaccharid Galaktose/N-Acetylgalaktosamin binden. Aktuelle Arbeiten zeigen, dass Kinder mit mukosalen IgA-Antikörpern gegen eines dieser Lektine resistent gegenüber Reinfektion mit virulenten E. histolytica sind. Promastigozyten von Leishmania benötigen das Oberflächenglykoprotein (gp63) zum Eindringen in humane Makrophagen, eine Hauptzielzelle bei Infektionskrankheiten. Dieses Glykoprotein fördert Komplementbindung, aber blockiert dessen lytische Aktivität und ermöglicht es dem Parasiten, Komplementrezeptoren zum Eindringen in Makrophagen zu nutzen. Außerdem bindet gp63 an Fibronektinrezeptoren auf Makrophagen. Darüber hinaus kann das Pathogen ein Kohlenhydrat exprimieren, das die Bindung an Wirtszellen vermittelt. Verschiedene Hinweise zeigen, dass der Expression von Kohlenhydratepitopen, ähnlich dem Lewis-X-Blutgruppenantigen von Schistosoma mansoni, eine Rolle in der hepatischen Granulombildung zukommt. Diese Epitope vermitteln die Adhäsion der Wurmeier an vaskuläre Endothelzellen unter inflammatorischen Bedingungen.
Wirtszellrezeptoren
Wirtsrezeptoren liegen sowohl auf Zielzellen (z. B. Epithelzellen der Schleimhautoberfläche) als auch in der diese bedeckenden Schleimhautschicht. Mikrobielle Pathogene binden zur Etablierung einer Infektion an eine Vielzahl unterschiedlicher Rezeptoren (Tab. 145e-1). Der selektive Verlust eines Wirtsrezeptors für ein Pathogen kann in einer ansonsten suszeptiblen Population eine natürliche Resistenz verleihen. In Westafrika tragen 70 % der Bevölkerung kein Fy-Antigen und sind resistent gegenüber Plasmodium vivax. Salmonella typhi, das ätiologische Agens des Typhus, nutzt ein Pilusprotein, das an CFTR bindet, zur Invasion der gastrointestinalen Submukosa nach Ingestion. Obwohl homozygote CFTR-Mutationen für die Ausbildung der lebensverkürzenden zystischen Fibrose verantwortlich sind, können heterozygote Träger (4–5 % der europäische Bevölkerung) einen Selektionsvorteil durch eine verringerte Empfindlichkeit gegenüber S. typhi besitzen.
Viele bekannte Virus-Zielzell-Interaktionen zeigen, dass unterschiedliche Viren die gleichen Wirtszellrezeptoren zum Eintritt nutzen. Zu den vielen Membrankomponenten von Wirtszellen, die als Rezeptoren für Viren dienen, gehören Sialinsäuren, Ganglioside, Glykosaminoglykane, Integrine und andere Mitglieder der Immunglobulinsuperfamilie, Antigene des Histokompatibilitätskomplexes sowie Regulatoren und Rezeptoren des Komplementkomplexes. Ein bemerkenswertes Beispiel für die Bedeutung von Wirtsrezeptoren für die Pathogenese einer Infektion stellen vergleichende Bindungsstudien mit dem aviären Influenza-A-Virussubtyp H5N1 und Influenza-A-Virusstämmen dar, welche den Hämagglutinin-Subtyp H1 exprimieren. Die Stämme des H1-Subtyps, die hochpathogen und leicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind, binden an einen aus zwei Zuckermolekülen komponierten Rezeptor: Sialinsäure, in α-2-6-Position an Galaktose gebunden. Dieser Rezeptor wird stark in Atemwegsepithel exprimiert. Ein von dieser Oberfläche freigesetztes Virus ist bestens präpariert zur Übertragung durch Husten und aerolisierte Tröpfchen. Im Gegensatz dazu bindet aviäres H5N1-Influenza-Virus an Sialinsäure, welche in α-2-3-Position an Galaktose gebunden ist. Dieser Rezeptor wiederum wird stark auf Pneumozyten der Alveolen exprimiert. Diese alveoläre Infektion mag nicht nur wesentlich für die hohe, mit aviärer Influenza assoziierte Mortalität zu sein, sondern auch die geringe Mensch-zu-Mensch-Übertragung von H5N1 durch geringen Transport in die Atemwege (von wo aus Expektoration durch Husten erfolgen kann) begründen. Dennoch wurde vor kurzem gezeigt, dass erworbene Mutationen in H5-Hämagglutininen die Übertragbarkeit deutlich erhöhen, ohne die hohen Letalitätsraten zu beeinflussen. Allerdings gibt es aktuelle Publikationen, in denen beide Rezeptoren sowohl in zentralen Atemwegen als auch Alveolen nachgewiesen wurden. Somit sind zu dieser faszinierenden Hypothese weitere Untersuchungen notwendig.
Mikrobielles Wachstum nach Invasion
Nachdem pathogene Mikroben auf einer mukosalen Oberfläche oder der Haut anhaften, müssen sie sich in der Regel zur erfolgreichen, voll ausgeprägten Infektion und Erkrankung replizieren. Viruspartikel setzen in den Zielzellen ihre Nukleinsäuren frei, welche direkt in virale Proteine translatiert (Positivstrang-RNS-Viren) oder von einem negativen RNS-Strang in komplementäre mRNS (Negativstrang-RNS-Viren) umgeschrieben werden können. Bei Retroviren erfolgt die Transkription in einen komplementären DNS-Strang, während für DNS-Viren die Transkription von mRNS direkt von der viralen DNS möglich ist. Zum Wachstum akquirieren Bakterien spezifische Nährstoffe oder synthetisieren diese aus Vorläuferstoffen des Wirtsorganismus. Viele infektiöse Prozesse sind normalerweise auf spezielle Epitheloberflächen beschränkt, wie die H1-Subtyp-Influenza auf die respiratorische Mukosa, die Gonorrhö auf urogenitales Epithel oder die Shigellose auf gastrointestinales Epithel. Obwohl verschiedene Ursachen zu dieser Spezifität beitragen, ist die Fähigkeit der Pathogene zur Rekrutierung notwendiger Nährstoffe aus den jeweiligen Umgebungen für ihr Überleben und Wachstum als eine wesentliche Ursache dieser Beobachtung anzusehen.
Auch die Temperaturempfindlichkeit mancher Keime trägt zur Beschränkung auf bestimmte Gewebe bei. Rhinoviren, Erreger des banalen grippalen Infektes, wachsen am besten bei 33 °C im kühleren nasalen Gewebe und replizieren sich nicht in der Lunge. Lepröse Läsionen durch Mycobacterium leprae befinden sich in oder auf relativ kühlen Körperregionen. Pilze, die Haut, Haarfollikel oder Nägel (dermatophytische Infektionen) befallen, beschränken sich auf kühlere, oberflächliche, keratinöse Epithelschichten.
Viele Bakterien-, Pilz- und Protozoenspezies wachsen in multizellulären Massen, so genannten Biofilmen. Diese Ansammlungen sind biochemisch und morphologisch von frei lebenden individuellen Zellen zu unterscheiden (planktonische Zellen). Das Wachstum im Biofilm führt häufig zu einem veränderten mikrobiellen Metabolismus, der Produktion extrazellulärer Virulenzfaktoren und einer reduzierten Empfindlichkeit gegenüber Bioziden, antimikrobiellen Agenzien sowie Produkten und Zellen der Wirtsabwehr. Das Wachstum von Pseudomonas aeruginosa auf bronchialer Mukosa bei chronischer Infektion, von Staphylokokken und anderen Pathogenen auf medizinischen Implantaten sowie das Wachsen von Dentalkeimen auf der Zahnoberfläche bei Plaquebildung repräsentieren Beispiele humanpathogenen Keimwachstums in Biofilmen. Viele weitere Pathogene können bei In-vitro-Wachstum Biofilme bilden. Es wird zunehmend akzeptiert, dass diese Eigenschaft zur mikrobiellen Virulenz und Auslösung von Krankheiten beiträgt und dass Biofilme auch für das Überleben der Keime außerhalb des Wirts wichtig sind und die Übertragung auf weitere empfängliche Wirte begünstigen.
Umgehung der angeborenen Wirtsabwehr
Da Mikroben seit der Entwicklung multizellulärer Organismen mit mukosalen und epithelialen Oberflächen interagieren, ist die Ausbildung angeborener Detektions- und Abwehrmechanismen gegenüber Pathogenen auf der Wirtsoberfläche nicht überraschend. Die Haut bildet eine wirkungsvolle physikalische Barriere gegen Mikroben, zu welcher ihr saurer pH und für viele Bakterien toxische Fettsäuren beitragen. Erfolgreiche Hautpathogene, wie Staphylokokken, müssen diese ungünstigen Bedingungen tolerieren. Schleimhautoberflächen bilden eine Barriere aus einer dicken, mukösen Schicht, welche die Mikroben umschließt und ihre Entfernung aus dem Körper durch Prozesse wie mukoziliäre Reinigung, Husten und Urinieren ermöglicht. Muköse Sekrete, Speichel und Tränen enthalten antibakterielle Faktoren wie Lysozym und antimikrobielle Peptide ebenso wie antivirale Faktoren wie Interferone. Magensäure und Gallensalze sind dem Überleben vieler ingestierter Pathogene abträglich. Viele mukosale Oberflächen, insbesondere der Nasopharynx, der Vaginaltrakt und der Gastrointestinaltrakt, enthalten eine residente Flora kommensaler Mikroben, die mit der Fähigkeit von Pathogenen zur Kolonialisierung und Infektion des Wirtes interferieren. Deutliche Fortschritte bei der Verwendung der Nukleinsäurensequenzierung erlauben mittlerweile die ausgedehnte Identifizierung und Charakterisierung der großen Zahl von Mikroorganismen, die heute als Mikrobiota bezeichnet werden. Sie stellen nicht nur Wettbewerber bei der Kolonisierung der Schleimhäute dar, sondern der Erwerb der normalen Mikrobiota ist auch von wesentlicher Bedeutung für die regelrechte Entwicklung des Immunsystems, indem sie Reifung und Differenzierung von Komponenten sowohl der angeborenen als auch der erworbenen Abwehr beeinflussen.
Pathogene, welche lokale antimikrobielle Faktoren überleben, müssen sich gegen endozytotische, phagozytotische und inflammatorische Prozesse des Wirtes ebenso behaupten wie gegen genetische Wirtsfaktoren, die den Grad des Überlebens und des Wachstums eines Pathogens mitbestimmen. Die Liste der Gene, deren Varianten (meistens Einzelnukleotidpolymorphismen) die Wirtsempfänglichkeit und -resistenz gegen Infektionen beeinflussen können, wird ständig länger. Ein klassisches Beispiel ist die 32-bp-Deletion des für den HIV1-Korezeptor, den Chemokinrezeptor 5 (CCR5), kodierenden Gens, die bei Homozygotie eine hochgradige Resistenz gegen HIV-1-Infektionen bedeutet. Das Wachstum viraler Pathogene in der Haut oder in Schleimhautepithelzellen kann durch verschiedene genetische Wirtsfaktoren (Interferonproduktion, Modulation von Rezeptoren für die Virusaufnahme, alters- und hormonabhängige Suszeptibilitätsfaktoren) oder den Ernährungsstatus sowie durch persönliche Gewohnheiten (Nikotinabusus, Trainingszustand) beeinflusst werden.
Interaktion mit Epithelzellen
In den beiden letzten Dekaden zeigte sich, dass viele Pathogene in Epithelzellen eindringen (Abb. 145e-2), wobei spezifische Oberflächenstrukturen an Rezeptoren binden. Bislang sind die exakte Rolle und Bedeutung dieser Prozesse bei Infektion und Erkrankung für die meisten dieser Pathogene weitgehend unbekannt. Der mikrobielle Eintritt in die Epithelzellen des Wirtes wird als ein Schritt zur Disseminierung in angrenzende oder tiefere Gewebe oder als ein Fluchtweg zur Vermeidung von Ingestion und Abtötung durch spezialisierte Phagozyten angesehen. So scheint das Eindringen von Shigellen in Epithelzellen ein kritischer Aspekt bei der Induktion einer shigellenassoziierten Dysenteritis zu sein.
Merkwürdigerweise dringen niedrigvirulente Stämme mancher bakteriellen Pathogene leichter in Epithelzellen ein als hochvirulente Stämme. Beispiele hierfür sind Pathogene ohne die zur Auslösung schwerer Erkrankungen notwendige Polysaccharidkapsel. Isogene Mutanten oder Varianten ohne Kapsel von Haemophilus influenzae, Streptococcus pneumoniae, Streptococcus agalactiae (Gruppe-B-Streptokokken) und Streptococcus pyogenes dringen besser in Epithelzellen ein als die bekapselten Wildtyp-Elternformen, die disseminierte Erkrankungen auslösen. Diese Beobachtungen führten zu der Hypothese, dass der Eintritt in Epithelzellen eine Manifestation der Wirtsabwehr mit Beseitigung der Bakterien durch Abstoßung bakterientragender Epithelzellen und Einleitung einer protektiven und nicht pathogenen inflammatorischen Antwort darstellt. Allerdings würde ein derartiger Prozess zu einer epithelialen Läsion führen, welche potenziell den Eintritt freier Erreger in die Submukosa erlaubt. Dieses Szenario wurde in Modellen der murinen Infektion mit S. enterica Serovar typhimurium und der experimentellen Harnblaseninfektion mit uropathogenen E. coli dokumentiert. Im letzteren Modell vermitteln bakterielle Pili die Bindung der Bakterien an integrale Oberflächenmembranproteine, so genannte Uroplakine, was zur Exfoliation der Zelle mitsamt der anheftenden Bakterien führt. Folglich kommt es zur Infektion durch verbleibende Bakterien, die in das entblößte Epithel eindringen. Hier kommt es zur intrazellulären Ausbildung Biofilm-artiger Gebilde, eingeschlossen in einer extrazellulären Polysaccharid-reichen Matrix, umgeben von Uroplakin. Diese Art des Wachstums führt zu Strukturen, die auch als bacterial pods (bakterielle Schalen) bezeichnet werden. Vermutlich sind eine geringe Aufnahme von bakteriellen Inokula in die Epithelzellen und eine subklinische Entzündung wirksame Methoden zur Elimination des Pathogens, während bei einem höheren Inokulum ein Teil der überlebenden Bakterien durch die gestörte Schleimhautoberfläche in das Wirtsgewebe eindringt, sich vermehrt und eine Erkrankung auslöst. Alternativ kann Fehlen einer angemessenen epithelialen Antwort dem Organismus das Überleben auf der Schleimhautoberfläche erlauben, wo bei Überleben anderer Wirtsabwehrfaktoren das Wachstum und Auslösen lokaler Infektion möglich wird. Im beschriebenen Sinne wird P. aeruginosa in Zellen durch CFTR aufgenommen, ein Protein, das bei schwerer Mukoviszidose fehlt oder defekt ist. Bei 80–90 % dieser Patienten ist die chronische Infektion der Atemwegsoberfläche mit Pseudomonas aeruginosa eine schwerwiegende klinische Konsequenz. Die Unfähigkeit der Atemwegsepithelzellen zur Ingestion und Unterstützung der Entfernung von P. aeruginosa wird als ein Schlüsselfaktor für die Überempfindlichkeit dieser Patienten gegenüber chronischen Atemwegsinfektionen angesehen.
Abbildung 145e-2Bakterielle Invasion von Epithelzellen. A. Internalisierung von Pseudomonas aeruginosa durch kultivierte Atemwegsepithelzellen, die den Wildtyp des Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance-Regulators (CFTR) exprimieren, welcher als Rezeptor für die bakterielle Ingestion dient. B. Eintritt von Pseudomonas aeruginosa in tracheale Epithelzellen der Maus nach nasaler Infektion.
Auseinandersetzung mit Phagozyten
Abbildung 145e-3Zelluläre Signaltransduktionswege zur Produktion inflammatorischer Zytokine als Reaktion auf bakterielle Produkte. Verschiedenartige mikrobielle Oberflächenbestandteile interagieren mit Toll-like-Rezeptoren (TLR), gelegentlich sind dazu zusätzliche Faktoren erforderlich, wie MD-2, der die Lipopolysaccharid(LPS)-Antwort via TLR4 fördert. Obwohl sie mit den TLR auf der Zelloberfläche interagieren, enthalten TLR extrazelluläre, leucinreiche Domänen, die nach Bakterienaufnahme im Lumen des Phagosoms lokalisieren. Hier binden TLR an die mikrobiellen Produkte. Die TLR sind oligomerisiert, bilden meist Homodimere und binden dann an das generelle Adapterprotein MyD88 via C-terminale Toll/IL-1R(TIR)-Domänen, die ebenso an TIRAP (TIR-Domänen enthaltendes Adaptorprotein) binden, ein Molekül, das an der Transduktion der Signale von TLR1, -2, -4 und -6 teilhat. Der MyD88/TIRAP-Komplex aktiviert signaltransduzierende Moleküle wie IRAK-4 (IL-1Rc-assoziierte Kinase 4), das wiederum IRAK-4 aktiviert. Diese Aktivierung kann durch IRAK-M und TOLLIP blockiert werden. IRAK-1 aktiviert TRAF-6 (Tumor-Nekrose-Faktor-assoziierter Faktor 6), TAK-1 (Transformierender-Wachstumsfaktor-β-aktivierte-Kinase 1) sowie TAB1/2 (TAK-bindende Proteine 1/2). Dieser Signalkomplex assoziiert mit dem Ubiquitin-konjugierenden Enzym Ubc13 und dem Ubc-artigen Protein UEV1A, um die Bildung einer Polyubiquitinkette an TRAF-6 zu katalysieren. Polyubiquitinierung von TRAF-6 aktiviert TAK1, welche mit TAB1/2 (einem Protein, welches an den Lysinrest 63 in Polyubiquitinketten via konservierte Zink-Finger-Domänen bindet) den induzierbaren Kinasekomplex phosphoryliert: IKK-α, -β, und -γ. IKK-γ wird auch als NEMO bezeichnet (Nukleärer-Faktor-κB[NF-κB]-essenzieller-Modulator). Dieser große Komplex phosphoryliert die inhibitorischen Komponenten von NF-κB, Iκbα, sodass es zur Freisetzung von IκBα von NF-κB kommt. Phosphoryliertes (PP) IκBα wird degradiert und die zwei Komponenten von NF-κB p50 und p65 translozieren in den Zellkern, wo sie an regulatorische transkriptionelle Stellen von Zielgenen binden, welche häufig proinflammatorische Proteine kodieren. Über die Induktion nukleärer Translokation von NF-κB hinaus aktiviert der TAK1/TAB1/2-Komplex auch MAP-Kinasen-Transducer, wie MKK 4/7 und MKK 3/6, welche die nukleäre Translokation des Transkriptionsfaktors AP1 induzieren. TLR4 kann die nukleäre NF-κB-Translokation über die MyD88-unabhängigen Kofaktoren TRIF (TIR-domain-containing adapter-inducing IFN-β) und TRAM (TRIF-related adapter molecule) aktivieren. Die intrazellulären TLR3, -7, -8 und -9 verwenden ebenfalls MyD88 und TRIF zur Aktivierung der IFN response factors 3 und 7 (IRF-3 und IRF-7), die als Transkriptionsfaktoren im Nukleus fungieren. (Signalwegzeichnung mit freundlicher Genehmigung von Cell Signaling Technology, Inc.; www.cellsignal.com.)
Phagozytose und Inflammation
Die Phagozytose von Mikroben ist wesentlicher Bestandteil der angeborenen Immunität zur Begrenzung von Wachstum und Ausbreitung pathogener Keime. Phagozyten treten frühzeitig im Rahmen der lokalen Entzündungsreaktion auf. Die Ingestion durch gewebeständige Makrophagen und migrierende Phagozyten ist wahrscheinlich für die limitierte Fähigkeit der meisten mikrobiellen Agenzien zur Auslösung von Erkrankungen verantwortlich. Eine Familie ähnlicher Moleküle, die Kollektine, das lösliche Abwehrkollagen und Mustererkennungsmoleküle (Pattern Recognition Molecules), wird im Blut (mannosebindendes Lektin), der Lunge (Surfactantproteine A und D) und wahrscheinlich auch in anderen Geweben gefunden. Sie binden zur Unterstützung der Keimentfernung durch Phagozyten an Kohlenhydrate der mikrobiellen Oberfläche. Bakterielle Pathogene können offenbar prinzipiell durch Granulozyten aufgenommen werden, während Eosinophile häufig bei Infektionen durch Protozoen oder multizelluläre Parasiten nachweisbar sind. Erfolgreiche Pathogene müssen per Definition der Entfernung durch professionelle Phagozyten entgehen. Eine der vielen antiphagozytotischen Strategien, die von Bakterien und dem Pilzpathogen Cryptococcus neoformans angewendet werden, ist die Ausbildung großer Oberflächenantigene aus Polysacchariden mit hohem Molekulargewicht, die eine Oberflächenkapsel bilden. Die meisten pathogenen Bakterien bilden derartige antiphagozytotische Kapseln. Außerdem bilden Proteine oder Polypeptide kapselartige Umhüllungen um Organismen, wie Gruppe-A-Streptokokken und Bacillus anthracis.
Da die Aktivierung lokaler Phagozyten im Gewebe ebenso wie die Einwanderung weiterer Phagozyten an den Ort der Entzündung entscheidend an der Entwicklung einer Entzündung beteiligt sind, fanden mikrobielle, entzündungsauslösende Faktoren viel Aufmerksamkeit. Dabei handelt es sich meistens um konservierte Faktoren, die für das Überleben der Organismen kritisch sind und als pathogenassoziierte Molekularpattern (PAMP) bezeichnet werden. Die Interaktion mit Phagozyten wird stark von der Struktur der entzündungsauslösenden mikrobiellen Bestandteile beeinflusst. Eine detaillierte Kenntnis der Struktur von bakteriellen Pathogenen trägt wesentlich zu unserem Verständnis der molekularen mikrobiellen Pathogenese bei, die durch die Aktivierung von Wirtszellmolekülen, wie Toll-like-Rezeptoren (TLRs), vermittelt wird, (Abb. 145e-3). Eines der am besten untersuchten Systeme ist die Interaktion des LPS gramnegativer Bakterien mit dem Glycosylphosphatidylinositol(GPI)-verankerten Membranprotein CD14 auf der Oberfläche spezialisierter Phagozyten, einschließlich migrierender und gewebeständiger Makrophagen und Granulozyten. Daneben ist eine lösliche Form von CD14 im Plasma und auf Schleimhautoberflächen nachweisbar. Das Plasmaprotein LPS-bindendes Protein (LBP) transferiert LPS auf myeloischen Zellen zu membrangebundenem CD14 und begünstigt die LPS-Bindung an lösliches CD14. Lösliche CD14/LPS/LBP-Komplexe binden an viele Zelltypen und können zur Auslösung zellulärer Antworten auf mikrobielle Pathogene internalisiert werden. Es zeigte sich, dass Peptidoglykan und Lipoteichonsäure grampositiver Bakterien sowie Zelloberflächenbestandteile von Mykobakterien und Spirochäten mit CD14 interagieren (Abb. 145e-3). An der Detektion bakterieller proinflammatorischer Moleküle sind noch weitere Moleküle, wie MD-2, beteiligt.
GPI-verankerte Rezeptoren besitzen keine intrazelluläre Signaldomäne, es sind die TLR, welche die Signale zur zellulären Aktivierung nach LPS-Bindung transduzieren. Mikrobielle Faktoren binden an die TLR im Phagosom – und nicht an die Oberfläche – der dendritischen Zellen, welche den Organismus internalisiert haben. Diese Bindung entsteht vermutlich dadurch, dass die Freisetzung von mikrobiellen Oberflächenfaktoren aus der Zelle in die Umgebung des Phagosoms deren Erkennung durch entsprechende TLR begünstigt. TLR aktivieren die Zelle durch eine Serie von signaltransduzierenden Molekülen (Abb. 145e-3), die zur nukleären Translokation des Transkriptionsfaktors NF-κB (nuclear factor κB) führen, einem Schlüsselmolekül für die Produktion wichtiger inflammatorischer Zytokine, wie Tumor-Nekrose-Faktor α (TNF-α) und Interleukin(IL)-1.
Die Einleitung einer Entzündungsreaktion kann nicht nur durch LPS oder Peptidoglykan ausgelöst werden, sondern ebenso durch virale Partikel und andere mikrobielle Produkte, wie Polysaccharide, Enzyme und Toxine. Bakterielle Flagellen aktivieren Entzündung durch Bindung einer konservierten Sequenz an TLR5. Einige Bakterien, wie Campylobacter jejuni, Helicobacter pylori und Bartonella bacilliformis, exprimieren Flagellen ohne diese Sequenz, die daher auch nicht an TLR5 binden. Dies führt zu einer unzureichenden Wirtsantwort auf die Infektion. Daneben produzieren Bakterien zahlreiche DNS-Moleküle mit unmethylierten CpG-Resten, die über eine TLR9-Aktivierung eine Entzündung auslösen können. TLR3 erkennt doppelsträngige RNA, ein „Pattern-recognition Molecule“, welches von vielen Viren während ihres replikativen Zyklus produziert wird. TLR1 und TLR6 assoziieren mit TLR2 zur Erkennung azetylierter mikrobieller Proteine und Peptide.
Der myeloid differentiation factor 88 (MyD88) und das Toll/IL-1R(TIR)-domain-containing Adapterprotein (TIRAP) binden an die zytoplasmatische Domäne der TLRs und an Rezeptoren der IL-1-Familie (IL-1Rc). Viele Studien zeigten, dass die durch MyD88/TIRAP vermittelte Signaltransduktion von TLR und anderen Rezeptoren kritisch für die angeborene Immunität gegenüber Infektionen ist, da sie MAP-Kinasen und NF-κB aktiviert und dadurch die Produktion von Zytokinen und Chemokinen anregt. Mäuse ohne MyD88 sind empfindlicher gegenüber Infektionen mit zahlreichen Pathogenen. In einer Studie hatten neun für defekte MyD88-Gene homozygote Kinder rezidivierende Infektionen mit Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa, drei Bakterienspezies, die auch bei MyD88-Mangel-Mäusen eine erhöhte Virulenz aufwiesen. Im Gegensatz zu diesen Mäusen schienen die Kinder mit MyD88-Mangel jedoch nicht gegenüber anderen Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten empfänglicher zu sein. Eine weitere Komponente des MyD88-abhängigen Signalwegs ist die IL-1-Rezeptor-assoziierte Kinase 4 (IRAK-4). Menschen mit einem homozygoten Mangel der für dieses Protein kodierenden Gene haben ein erhöhtes Risiko für Infektionen mit S. pneumoniae und S. aureus sowie in gewissem Umfang mit P. aeruginosa.
Abgesehen von der MyD88-abhängigen Signaltransduktion, können auch einige TLR (z. B. TLR3 und TLR4) eine MyD88-unabhängige Signaltransduktion über einen Weg auslösen, an dem TIR-domain-containing, adapter-inducing IFN-β (TRIF) und das TRIF-related adapter molecule (TRAM) beteiligt sind. Die Signaltransduktion über TRIF und TRAM aktiviert die Produktion von NF-κB-abhängigen Zytokinen und Chemokinen sowie von Typ-1-IFN. Letztere binden an den IFN-α-Rezeptor aus zwei Proteinketten, IFNAR1 und IFNAR2. Der Mensch produziert drei Typ-1-IFN: IFN-α, IFN-β und IFN-γ. Diese Moleküle aktivieren eine weitere Proteinklasse, die Signal-transducer-and-activator-of-transcription(STAT)-Komplexe. Die STAT-Faktoren sind wichtig für die Regulation der Gene des Immunsystems und spielen daher eine wichtige Rolle bei der Reaktion auf mikrobielle Infektionen.
Ein weiterer intrazellulärer Proteinkomplex, der entscheidend an der Wirtszellreaktion auf Infektionen beteiligt ist, ist das Inflammasom (Abb. 145e-4), in dem die proinflammatorischen Zytokine IL-1 und IL-18 durch die Cysteinprotease Caspase 1 vor der Sekretion aus ihren Vorläufern in die aktiven Formen umgewandelt werden. Im Inflammasom befinden sich weitere Proteine der Nucleotide-binding-and-oligomerization-domain(NOD)-like-receptor(NLR)-Familie. Wie die TLR reagieren die NOD-Proteine auf konservierte mikrobielle Faktoren, die im Zellinneren freigesetzt werden. Das Erkennen dieser PAMPs durch NLRs aktiviert die Caspase 1 und führt über einen unbekannten Mechanismus zur Sekretion von aktivem IL-1 und IL-18. Studien an Mäusen zeigen, dass bis zu 4 Inflammasome mit unterschiedlichen Komponenten entstehen: das IPAF-Inflammasom, das NALP1-Inflammasom, das Kryopyrin/NALP3-Inflammasom und das durch eine Francisella-tularensis-Infektion getriggerte Inflammasom (Abb. 145e-4). Die Komponenten hängen von der Art des Reizes ab, der zur Bildung des Inflammasoms und dessen Aktivierung führt.
Eine kürzlich aufgedeckte Ergänzung der identifizierten intrazellulären Reaktionen auf eine Infektion mit Mikroorganismen stellt die Autophagie dar, die ursprünglich als Prozess zum Abbau und Recycling von zellulären Komponenten zur Wiederverwendung beschrieben wurde. Heute ist klar, dass es sich bei der Autophagie um einen frühen Abwehrmechanismus handelt, bei dem nach der Ingestion mikrobielle Pathogene entweder in Vakuolen oder im Zytoplasma zu den Lysosomen zum Abbau angeliefert werden. Diesen Prozess zu vermeiden, ist für die Auslösung einer Erkrankung durch ein Pathogen von wesentlicher Bedeutung. Das kann durch verschiedene Mechanismen erreicht werden, wie die Inhibierung von Proteinen innerhalb der Autophagievakuole durch Shigellen, Rekrutierung von Wirtsproteinen zur Maskierung durch Listeria monocytogenes und Hemmung der Vakuolenbildung durch Legionella pneumophila.
Abbildung 145e-4Inflammasom-Konzept. Die Proteinfamilie der NOD(Nucleotide-binding-Oligomerization-Domain)-like-Rezeptoren (NLR) ist an der Regulierung der angeborenen Immunantwort beteiligt. Diese Proteine erkennen im Zytosol Pathogen-assoziierte molekulare Muster (pathogen-associated molecular patterns, PAMPs) ebenso wie die darauf reagierenden Signale des Wirts, die schadenassoziierten molekularen Muster (damage-associated molecular patterns, DAMPs). Bestimmte NLR induzieren die Zusammenlagerung von großen, Caspase-1-aktivierenden Komplexen, den Inflammasomen. Die Aktivierung und Reifung der Caspase-1 durch Autoproteolyse führt zur Bildung und Freisetzung der proinflammatorischen Zytokine Interleukin-1β (IL-1β) und IL-18. Bis jetzt wurden vier Inflammasome identifiziert und anhand des enthaltenen NLR-Proteins charakterisiert: das NLRP1/NALP1b-Inflammasom, das NLRC4/IPAF-Inflammasom, das NLRP3/NALP3-Inflammasom und das AIM2-enthaltende Inflammasom (AIM2: absent in melanoma 2).
Aβ = Amyloid β; ASC = Apoptosis-associated Speck-like Protein containing CARD; ATP = Adenosin-5’-Triphosphat; CARD8 = Caspase-recruitment domain-containing protein 8; IκB = Inhibitor von κB; IPAF = Interleukin-converting enzyme protease-activating factor; MDP = Muramyl-Dipeptid; NF-κB = nukleärer Faktor κB; P2X7 = purinerger P2X7 (Rezeptor); PMA = Phorbolmyristat-Azetat; TLR = Toll-like-Rezeptor. (Abdruck des Diagramms mit freundlicher Genehmigung von Invivogen; www.invivogen.com/review-inflammasome.)
Weitere Interaktionen mikrobieller Pathogene und Phagozyten
Andere Wege, auf denen mikrobielle Pathogene eine Zerstörung durch Phagozyten verhindern, sind die Produktion von für diese Zellen toxischen Faktoren oder solchen, die mit deren chemotaktischen oder ingestorischen Funktionen interferieren. Hämolysine, Leukozidine und ihre Abkömmlinge sind mikrobielle Proteine, die Phagozyten abtöten, wenn diese versuchen, unter Hochregulation dieser Substanzen Pathogene aufzunehmen. Beispielsweise produziert Staphylococcus aureus ein aus zwei Untereinheiten bestehendes Leukozidin, die an Wirtsrezeptoren wie den HIV-Korezeptor CCR5 binden (der ebenso vom LukE/D-Toxin verwendet wird) oder – im Fall des Panton-Valentine-Leukozidins, an den Rezeptor des aktivierten C5a-Komplementfaktors (der von LukF/S verwendet wird). Streptolysin O von Streptococcus pyogenes bindet an das Cholesterol der Phagozytenmembran und leitet die innere Degranulation ein, wodurch normalerweise granulasequestrierte toxische Komponenten in das Zytoplasma des Phagozyten freigesetzt werden. Entamoeba histolytica, ein intestinales Protozoon, das amöbische Dysenterien auslöst, zerstört Phagozytenmembranen nach direktem Kontakt durch die Freisetzung protozoaler Phospholipase A und porenbildender Peptide.
Mikrobielles Überleben in Phagozyten
Die zahlreichen bedeutenden mikrobiellen Pathogene verwenden die unterschiedlichsten Strategien, um im Inneren von Phagozyten (insbesondere Makrophagen) zu überleben. Dadurch, dass sie die Fusion phagozytischer Vakuolen (den Phagosomen), die aufgenommene Mikroben enthalten, mit lysosomalen Granula, welche antimikrobielle Substanzen (die Lysosomen) enthalten, verhindern, können Mycobacterium tuberculosis, S. enterica Serovar typhi und Toxoplasma gondii im Inneren von Makrophagen überleben. Einige Organismen, wie Listeria monocytogenes, entweichen in das Zytosol von Phagozyten, wo sie sich vermehren und eventuell in benachbarte Zellen ausbreiten. Eine Resistenz gegenüber der Abtötung und das nachfolgende Wachstum innerhalb des Makrophagen ist kritisch für eine erfolgreiche Infektion durch Viren vom Herpestyp, Masernviren, Pockenviren, Salmonellen, Yersinien, Legionellen, Mykobakterien, Trypanosomen, Nokardien, Histoplasmen, Toxoplasmen und Rickettsien. Salmonellen nutzen ein primäres regulatorisches System („master regulatory system“), in welchem PhoP/PhoQ-Gene andere Gene kontrollieren, um Zellen zu entern und in ihnen zu überleben, wobei das intrazelluläre Überleben strukturelle Veränderungen im LPS der Zellhülle zur Folge hat.
Gewebeinvasion und Gewebetropismus
Gewebeinvasion
Die meisten viralen Pathogene lösen Erkrankungen durch Wachstum auf Haut oder Schleimhaut aus, wobei sich einige von der initialen Kontaktstelle in tiefere Gewebe ausbreiten. Viren können sich entlang von Nerven ausbreiten (Rabiesvirus), im Plasma (Picornavirus) oder mithilfe migratorischer Blutzellen (Poliovirus, Epstein-Barr-Virus und viele andere). Spezifische virale Gene bestimmen, wo und wie sich die viralen Stämme verbreiten können.
Bakterien können via intrazelluläre Aufnahme durch Epithelzellen, die Traverse epithelialer Junktionen oder Penetration durch entblößte epitheliale Oberflächen tiefere Schleimhautschichten erreichen. Bei virulenten Shigellenstämmen und invasiven Stämmen von E. coli sind äußere Membranproteine (Outer Membrane Proteins) kritisch für die epitheliale Invasion und bakterielle Vermehrung. Neisseria und Haemophilus spp. penetrieren Schleimhautoberflächen durch kaum verstandene Mechanismen, bevor sie sich im Blut ausbreiten. Staphylokokken und Streptokokken brachten eine Vielfalt extrazellulärer Enzyme, wie Hyaluronidasen, Lipasen, Nukleasen und Hämolysine, hervor, die wahrscheinlich zur Zerstörung von Zell- und Matrixstrukturen wichtig sind und den Bakterien den Zugang zu tieferem Gewebe und Blut öffnen. So bindet ein α-Hämolysin von Staphylokokken an einen Rezeptor, A-Disintegrin and Metalloprotease 10 (ADAM-10) und verursacht dabei eine Schädigung der Endothelzellen mit Verlust der vaskulären Barrierefunktion – was vermutlich bei der systemischen Ausbreitung von Staphylococcus aureusvom ursprünglichen Ort der Infektion eine Rolle spielt. Den Gastrointestinaltrakt kolonialisierende Organismen können häufig durch die Mukosa ins Blut eintreten und bei inadäquater Immunabwehr eine Bakteriämie auslösen. Yersinia enterocolitica kann durch Aktivität des Invasinproteins in die Mukosa eindringen. Oft muss das komplexe Milieu von in der Basalmembran enthaltenen Molekülen, wie Laminin und Kollagen, die Epithelzellen an der Schleimhautoberfläche verankern, durchbrochen werden. Zahlreiche Organismen exprimieren Faktoren wie MSCRAMMs (microbial surface components recognizing adhesive matrix molecules). Diese MSCRAMMS fördern die bakterielle Anheftung an Bestandteile der Extrazellulärmatrix des Wirts, wie Laminin, Kollagen und Fibronektin. Zusätzliche mikrobielle Proteasen bauen dann zusammen mit dem Oberflächenplasminogen und Matrix-Metalloproteasen des Wirts die Extrazellulärmatrix ab und fördern die mikrobielle Ausbreitung. Einige Bakterien (z. B. Brucellen) können von der Mukosa durch Phagozyten (z. B. Granulozyten) zu anderen Orten verbracht werden, da diese die Bakterien aufnehmen, aber nicht erfolgreich abtöten.
Pilzpathogene nutzen meist eine Immunschwäche des Wirtes zur hämatogenen Verbreitung in tiefere Gewebe. Nachhaltig illustriert die AIDS-Epidemie dieses Prinzip: Die Immunschwäche vieler HIV-Infizierter erlaubt die Ausbildung lebensgefährlicher Pilzinfektionen von Lunge, Blut und Gehirn. Im Gegensatz zur Kapsel von Cryptococcus neoformans sind weitere spezifische Pilzantigene, welche die Gewebeinvasion determinieren, schlecht charakterisiert. Sowohl Pilze als auch Protozoen (z. B. Plasmodium spp. und Entamoeba histolytica) unterziehen sich morphologischen Veränderungen zur Verbreitung im Wirt. Candida albicans nimmt eine Hefe-Hyphen-Transformation vor; dabei finden sich die Hyphenformen am Ort der Infiltration der Schleimhautbarrieren im Gewebe, während die Hefeform auf der Oberfläche von Epithelzellen ebenso wie an der Spitze der Hyphen wächst, die das Gewebe infiltriert haben. Malariaparasiten wachsen in Leberzellen als Merozoiten, werden ins Blut zur Invasion von Erythrozyten freigesetzt, in welchen sie zu Trophozoiten heranwachsen. E. histolytica wird als Zyste und als Trophozoit im intestinalen Lumen gefunden, von wo aus der Befall des Wirtes erfolgte. Allerdings kann sich nur die trophozoite Form systemisch zur Ausbildung eines amöboiden Leberabszesses verbreiten. Andere protozoale Pathogene, wie Toxoplasma gondii, Giardia lamblia und Cryptosporidium, unterziehen sich zur Weiterverbreitung in andere Gewebe ebenfalls extensiven morphologischen Veränderungen.
Gewebetropismus
Die Neigung einiger Mikroben, Erkrankungen durch den Befall bestimmter Gewebe auszulösen, ist seit den Anfangstagen der Bakteriologie bekannt. Dennoch ist die molekulare Basis für diesen Tropismus etwas besser für virale Pathogene als für andere Auslöser von Infektionskrankheiten bekannt. Spezifische Ligand-Rezeptor-Interaktionen unterstreichen eindeutig die Fähigkeit einiger Viren zum Eintritt in Zielzellen im Gewebe und stören die normale Gewebefunktion, wobei die bloße Präsenz eines Rezeptors für ein Virus in einem Zielgewebe unzureichend für Gewebetropismus ist. Faktoren in der Zielzelle, der Weg des Viruseintritts, die virale Kapazität zum Zelleintritt, virale Elemente zur Regulation der Genexpression und Wege der viralen Weiterverbreitung in einem Gewebe beeinflussen den Gewebetropismus. Einige virale Gene werden am besten in spezifischen Zielzellen transkribiert, wie Hepatitis-B-Gene in Leberzellen und Epstein-Barr-Virus-Gene in B-Lymphozyten. Der Inokulationsweg des Poliovirus bestimmt seinen Neurotropismus, wobei die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen unbekannt sind.
Das geringere Verständnis des Gewebetropismus von bakteriellen und parasitären Infektionen wird am Beispiel von Neisseria spp. deutlich. Sowohl N. gonorrhoeae, die den humanen Genitaltrakt kolonialisiert und infiziert, als auch N. meningitidis, die prinzipiell den humanen Oropharynx besiedelt, aber sich auf das Gehirn ausbreiten kann, produzieren Typ-IV-Pili (Tfp), welche die Adhärenz an das Wirtsgewebe vermitteln. Die Tfp von N. gonorrhoeae binden an ein Glukosamin-Galaktose-haltiges Adhäsin auf der Zelloberfläche von Zervix und Urethra; die Tfp von N. meningitidis an die humanen Meningen und ermöglichen so die Überquerung der Blut-Hirn-Schranke. N. menigitidis exprimiert im Gegensatz zu N. gonorrhoeae ein kapsuläres Polysaccharid, aber es gibt keine Hinweise darauf, dass diese Tatsache den unterschiedlichen Gewebetropismus dieser beiden bakteriellen Spezies beeinflusst. N. gonorrhoeae kann seiner Lipooligosaccharid-O-Seitenkette wirtseigene Cytidin-Monophosphat-N-Acetylneuraminsäure zu N-Acetylneuraminsäure (Sialylsäure) hinzufügen, wodurch sie offenbar resistent gegenüber der Wirtsabwehr wird. Laktat ist in großer Menge auf genitalen Schleimhautoberflächen vorhanden und stimuliert die Sialysierung von gonokokkalem Lipooligosaccharid. Bakterien, welche Zucker der Sialylsäure in ihren Kapseln enthalten, wie N. meningitidis, E. coli K-1 und Streptokokken der Gruppe B, können eine Meningitis auslösen, wobei diese Verallgemeinerung viele Ausnahmen hat. So enthalten alle bekannten Streptokokken der Gruppe B Sialylsäure in ihren Kapseln, aber nur der Serotyp (III) ist für die Mehrzahl der Meningitiden durch Streptokokken der Gruppe B verantwortlich. Darüber hinaus können sowohl Haemophilus influenzae als auch Streptococcus pneumoniae leicht eine Meningitis auslösen, obwohl diese Organismen keine Sialylsäure in ihren Kapseln aufweisen.
Gewebeschaden und Erkrankung
Eine (Infektions-)Krankheit ist ein komplexes Phänomen, das aus Gewebeinvasion und Destruktion, Toxinfreisetzung und der Wirtsantwort entsteht. Virale Erreger schädigen vor allem durch einen zytopathischen Effekt auf Wirtszellen und eine Blockade der Wirtsabwehr. Das Wachstum von Bakterien, Pilzen und Protozoen, welches von einer Toxinfreisetzung begleitet sein kann, kann die Gewebefunktion stören und zur Erkrankung führen. Die Toxinproduktion ist für einige Bakterien sowie möglicherweise für einige Pilzpathogene der am besten charakterisierte molekulare Mechanismus der Pathogenese, wobei Wirtsfaktoren, wie IL-1, TNF-α, Kinine, inflammatorische Proteine, Komplementfaktoren und Arachidonsäuremetaboliten (Leukotriene) und zelluläre Degranulation (Histamine) wesentlich zur Erkrankungsschwere beitragen.
Virale Erkrankungen
Virale Pathogene hemmen die Immunreaktion des Wirts durch zahlreiche Mechanismen. Die Immunreaktion kann gedrosselt werden durch eine Senkung der Produktion der meisten Haupthistokompatibilitätskomplexmoleküle (Adenovirus-E3-Protein), durch die Abschwächung der Erkennung virusinfizierter Zellen durch zytotoxische T-Zellen (Epstein-Barr-Virus-EBNA1-Antigen und Zytomegalievirus-IE-Protein), durch die Produktion viruskodierter Komplementrezeptorproteine, welche die infizierten Zellen vor der komplementvermittelten Lyse schützen (Herpesvirus und Pockenvirus), durch die Herstellung von Proteinen, die mit der IFN-Wirkung interferieren (Influenzavirus und Pockenvirus) sowie durch das Ausarbeiten von Superantigen-ähnlichen Proteinen (mouse mammary tumor virus und verwandte Retroviren sowie das Tollwutnukleokapsid). Superantigene aktivieren große Mengen an T-Zellen, die bestimmte Unterformen des T-Zell-Rezeptor-β-Proteins exprimieren und dadurch eine massive Zytokinfreisetzung und entsprechende Wirtsreaktionen hervorrufen. Ein weiterer viraler molekularer Virulenzmechanismus umfasst die Produktion von Peptidwachstumsfaktoren für Wirtszellen, die das normale Wachstum, die Proliferation und die Differenzierung der Zellen stören. Außerdem können virale Faktoren an Wirtsrezeptoren binden und deren Wirkung auf Signalmoleküle stören. Durch die Modulation der Zytokinproduktion im Rahmen einer Virusinfektion können das intrazelluläre Virenwachstum über Zytokinrezeptoren und viruskodierte Zytokinhomologa stimuliert (z. B. das BCRF1-Protein des Epstein-Barr-Virus, das stark homolog zum immuninhibitorischen IL-10-Molekül ist) und die immunvermittelte Entfernung der Viruspartikel verhindert werden. Viren können Erkrankungen von Nervenzellen auslösen, indem sie die Neurotransmitterspiegel beeinflussen, ohne dabei die Zellen zu zerstören, indem sie einen programmierten Zelltod zur Gewebezerstörung auslösen (Apoptose) oder indem sie Inhibitoren der Apoptose bilden, um die Virusinfektion der Zellen zu verlängern. Zur Ausbreitung der Infektion müssen viele Viren aus den Zellen freigesetzt werden. Vor kurzem wurde nachgewiesen, dass das Virusprotein U (Vpu) von HIV die Freisetzung des Virus mit einem Prozess fördert, der auf bestimmte Zellen beschränkt ist. Säugetierzellen produzieren einen Restriktionsfaktor, der an der Hemmung der Virusfreisetzung beteiligt ist; bei HIV ist dies der Faktor BST-2 (bone marrow stromal antigen 2)/HM1.24/CD317 oder Tetherin. Durch Interaktion mit Tetherin fördert Vpu von HIV die Freisetzung infektiöser Viren. Somit fördert die Störung der normalen Zell- und Gewebefunktionen durch die Virusinfektion, -replikation und -freisetzung die klinische Erkrankung.
Bakterielle Toxine
Durch bakterielle Toxine hervorgerufene Leiden zählen zu den ersten in ihrer Pathogenese verstandenen Infektionskrankheiten. Diphtherie-, Botulismus- und Tetanustoxine sind für die lokalen Infektionen mit Corynebacterium diphtheriae, Clostridium botulinum und Clostridium tetani verantwortlich. Bei Clostridium difficile handelt es sich um ein anaerobes grampositives Bakterium, das zwei Toxine bildet, A und B, die bei Vermehrung der Organismen im Darm für die Unterbrechung der intestinalen Schleimhaut verantwortlich sind. In der Folge kommt es zu einer Antibiotika-assoziierten Diarrhö und ggf. zu einer pseudomembranösen Kolitis. Enterotoxine von Escherichia coli, Salmonellen, Shigellen, Staphylokokken und Vibrio cholerae verursachen die durch diese Organismen ausgelösten Diarrhöen. Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonas aeruginosa und Bordetella bilden verschiedene Toxine, die diese Erkrankungen auslösen oder dazu beitragen, wie das Toxinschocksyndrom-Toxin 1 (TSST-1), erythrogenes Toxin, die Exotoxine A, S, T und U sowie das Pertussistoxin. Einige bakterielle Toxine (z. B. das Choleratoxin, das Diphtherietoxin, das Pertussistoxin, hitzelabiles Toxin von E. coli und die Exotoxine A, S und T von P. aeruginosa) weisen eine Adenosindiphosphatase(ADP)-Ribosyltransferase-Aktivität auf, wodurch sie enzymatisch den Transfer des ADP-Ribosylanteils von Nicotinamidadenindiphosphat zu Zielproteinen katalysieren und diese inaktivieren. Staphylokokkenenterotoxine, TSST-1 und pyogene Streptokokkenexotoxine verhalten sich als Superantigene und stimulieren verschiedene T-Zellen zur Proliferation ohne Prozessierung des Toxinproteins durch antigenpräsentierende Zellen. Teile dieses Vorgangs beinhalten die Stimulation der antigenpräsentierenden Zellen zur Produktion von IL-1 und TNF-α, denen eine wichtige Rolle in der Ausbildung des klinischen Bildes von Erkrankungen wie dem Toxinschocksyndrom und Scharlach zukommt. Zahlreiche gramnegative Pathogene (Salmonellen, Yersinien und P. aeruginosa) können Toxine direkt durch einen komplexen Proteinapparat (Typ-III-Sekretionssystem) in Zielzellen injizieren. Durch Verlust oder Inaktivierung dieses Virulenzsystems wird die krankheitserregende Potenz der Keime meist deutlich eingeschränkt.
Endotoxin
Der Lipid-A-Anteil des LPS gramnegativer Bakterien besitzt eine ausgeprägte biologische Aktivität, die viele der klinischen Manifestationen der gramnegativen bakteriellen Sepsis auslöst, einschließlich Fieber, Muskelproteolyse, unkontrollierte intravaskuläre Gerinnung und Schock. Die Effekte von Lipid A scheinen auf der Produktion potenter Zytokine nach LPS-Bindung an CD14 und Signaltransduktion durch TLSs, insbesondere TLR4, zu beruhen. Die Zytokine wirken ausgesprochen hypothermisch auf den Hypothalamus, erhöhen die endotheliale Permeabilität, verändern die Aktivität der Endothelzellen und induzieren prokoagulatorische Effekte am Endothel. Eine Vielzahl therapeutischer Strategien zielt auf die Neutralisierung der LPS-Effekte ab, wobei die Ergebnisse dieser Studien bislang enttäuschend sind.
Einige Autoren sind der Meinung, dass dieser mangelnde Erfolg auf die deutlich unterschiedlichen inflammatorischen Reaktionen von Mensch und Maus bei Endotoxinexposition zurückgeht. Daher könnten Medikamente, die im Mausmodell der Infektion entwickelt wurden, für das menschliche Ansprechen nicht repräsentativ sein.
Invasion
Viele Erkrankungen werden primär durch das Wachstum von Bakterien in normalerweise sterilem Gewebe verursacht. Pneumokokkenpneumonien gehen am ehesten auf das Wachstum von Streptococcus pneumoniae in der Lunge und die begleitende inflammatorische Wirtsantwort zurück, obwohl spezifische Faktoren, die diesen Prozess verstärken (z. B. Pneumolysin), für einen Teil des pathogenen Potenzials der Pneumokokken verantwortlich sind. Erkrankungen, die auf eine Infektion der Blutbahn und Invasion der Meningen durch Meningitis-auslösende Bakterien, wie Neisseria meningitidis, Haemophilus influenzae, Escherichia coli K1 und Streptokokken der Gruppe B, folgen, scheinen nur auf der Fähigkeit dieser Organismen zu beruhen, Zugang zu diesem Gewebe zu finden, sich dort zu replizieren und eine Zytokinproduktion zu provozieren, welche zu einer gewebezerstörenden Inflammation durch die Wirtsantwort führt.
Die der Gewebeinvasion durch Pilze und Protozoen zugrunde liegenden, spezifischen molekularen Mechanismen sind schlecht definiert. Mit Ausnahme von Studien über Faktoren wie die Kapsel- und Melaninproduktion durch Cryptococcus neoformans und vielleicht die Menge von Zellwandglykanen bei einigen pathogenen Pilzen ist die molekulare Basis der Pilzinvasion weitgehend unbekannt. Für den Melanismus wurde gezeigt, dass dieser die Pilzzellen vor einem Tod durch Phagozytenfaktoren wie Stickstoffmonoxid, Superoxid und Hypochlorid schützt. Morphologische Veränderungen wurden ebenso wie die Produktion von Proteasen (z. B. Candida-Aspartylproteinase) als Faktoren der fungalen Invasion von Wirtsgeweben vorgeschlagen.
Zur effizienten Invasion von Wirtsgewebe (insbesondere dem Blut) müssen Pathogene die Hauptwirtsabwehr aus Komplement und Phagozyten umgehen. Bakterien vermeiden diese Abwehr meistens durch die Polysaccharide auf ihrer Zelloberfläche (entweder kapsuläre Polysaccharide oder lange O-Seitenkettenantigene, wie sie für die LPS gramnegativer Bakterien charakteristisch sind). Diese Moleküle können die Aktivierung und/oder Deposition von Komplementopsoninen verhindern oder durch Deposition auf der bakteriellen Oberfläche unterhalb der Kapselschicht den Zugang von Phagozyten mit Rezeptoren für Komplementopsonine zu diesen Molekülen limitieren. Ein weiterer potenzieller Mechanismus bakterieller Virulenz ist die Fähigkeit einiger Organismen, die Kapsel durch molekulare Mimikry als offensichtliches Eigenantigen zu präsentieren. So ist die Polysialylsäurekapsel von Neisseria meningitidis der Gruppe B chemisch identisch mit einem Oligosaccharid humaner Gehirnzellen.
Immunochemische Untersuchungen kapsulärer Polysaccharide lieferten eine Vorstellung von der ungeheuren chemischen Vielfalt, die aus der Verbindung einiger Monosaccharide resultieren kann. So können drei Hexosen in mehr als 300 unterschiedlichen, potenziell serologisch distinkten Varianten verbunden werden, während drei Aminosäuren lediglich sechs potenzielle Peptidkombinationen ergeben. Kapsuläre Polysaccharide wurden als effektive Vakzine gegen die Meningokokkenmeningitis sowie gegen Infektionen mit Pneumokokken und Haemophilus influenzae verwendet. Eventuell sind sie als Vakzine gegen alle Organismen geeignet, die ein nicht toxisches, immunogenes, kapsuläres Polysaccharid enthalten. Darüber hinaus sind die meisten bekapselten Pathogene nach genetischer Zerstörung der Kapselproduktion komplett avirulent, was die pathogenetische Bedeutung dieser Strukturen unterstreicht. Erwähnenswert ist, dass das der Kapsel ähnelnde Oberflächen-Polysaccharid PNAG eine bei vielen Mikroorgansimen konservierte Struktur darstellt; es ist aber im Allgemeinen ein schlechtes Ziel für die antikörpervermittelte Immunität, da Mensch und Tier in der Mehrzahl von PNAG-bildenden Mikroorganismen kolonisiert sind und daher lediglich nicht protektive Antikörper bilden. Die Veränderung der PNAG-Struktur durch Entfernung der Essigsäurereste an den N-Acetyl-Glucosamin-Monomeren führt zu deazetyliertem PNAG, einer immunogenen Form, die im Tierversuch die Produktion von protektiven Antikörpern gegen verschiedene mikrobielle Pathogene erreicht haben soll.
Wirtsantwort
Die inflammatorische Antwort des Wirtes ist kritisch für die Unterbrechung und Auflösung des infektiösen Prozesses sowie häufig auch für die Symptome der Erkrankung. Eine Infektion führt zu einer komplexen Abfolge von Wirtsantworten, an denen Komplement, Kinin und Gerinnungswege beteiligt sind. Die Produktion von Zytokinen, wie IL-1, IL-18, TNF-α, Interferon-γ (IFN-γ) und anderen Faktoren, die teilweise durch den Transkriptionsfaktor NF-κB reguliert werden, führt zu Fieber, einer Muskelproteolyse und anderen Prozessen, wie oben beschrieben. Die Unfähigkeit, Mikroben abzutöten oder einzudämmen, führt normalerweise mit dem Fortschreiten der Infektion und der Entzündungsreaktion zu einer weiteren Gewebezerstörung. So kann bei vielen chronischen Infektionen eine Degranulation inflammatorischer Wirtszellen zur Freisetzung von Wirtsgewebe zersetzenden Proteasen, Elastasen, Histaminen und anderen toxischen Faktoren führen. Jedes Gewebe kann durch eine chronische Entzündung zerstört werden, was zu einer klinischen Erkrankung unter Verlust der Organfunktion führt. So kann eine chronische Unterleibsinfektion mit Neisseria gonorrhoeae zur Sterilität führen.
Die Art der von den Pathogenen ausgelösten Wirtsantwort bestimmt häufig die Pathologie der jeweiligen Infektion. Eine lokale Entzündungsreaktion verursacht lokale Gewebeschäden, während systemische Entzündungen, wie sie bei der Sepsis vorliegen, mit den Symptomen eines septischen Schocks imponieren können. Die Schwere des septischen Schocks ist mit dem Ausmaß der Wirtsantwort assoziiert. Eine durch intrazelluläre Parasiten ausgelöste Krankheit führt zur Granulombildung, wobei der Wirt versucht, den Parasiten in einer fibrotischen Läsion, die von fusionierten Epithelzellen (mehrkernigen Riesenzellen) umgeben ist, einzumauern. Zahlreiche Bakterien, insbesondere anaerobe Bakterien, Staphylokokken und Streptokokken, provozieren wahrscheinlich durch zwitterionische Oberflächenpolysaccharide, wie das kapsuläre Polysaccharid von Bacteroides fragilis, die Bildung von Abszessen. Das Ergebnis einer Infektion beruht auf der Balance zwischen einer effektiven Wirtsantwort, die ein Pathogen eliminiert, und einer exzessiven inflammatorischen Antwort, die mit der Unfähigkeit assoziiert ist, das Pathogen zu eliminieren, und zu einer Gewebezerstörung und nachfolgender Erkrankung führt.
Übertragung auf neue Wirte
Im Rahmen des pathogenen Prozesses werden vom Wirt viele Pathogene oft in einer für suszeptible Individuen infektiösen Form abgestoßen. Dennoch muss die Übertragungsrate selbst bei schwerer Erkrankung nicht hoch sein, da diese Charakteristika nicht miteinander verbunden sein müssen. Die meisten Pathogene verlassen den Organismus auf dem gleichen Weg, auf dem sie in ihn eintraten: respiratorische Pathogene durch Aerosole beim Niesen, Husten oder bei der Speichelverteilung, gastrointestinale Pathogene fäkal-oral, sexuell übertragene Erkrankungen durch venerische Ausbreitung und vektorübertragene Organismen entweder durch direkten Kontakt mit dem Vektor über eine Blutmahlzeit oder indirekten Kontakt mit Organismen, die in die Umwelt, wie in Wasser, abgegeben wurden. Spezifische, die Übertragung fördernde, mikrobielle Faktoren sind kaum charakterisiert. Die respiratorische Übertragung ist bei der Überproduktion muköser Sekrete mit konsekutiv vermehrtem Niesen und Husten verstärkt. Die Diarrhö auslösenden Toxine, wie das Choleratoxin, das hitzelabile Toxin von Escherichia coli und die Shigellentoxine, verbessern vermutlich die fäkal-orale Übertragung mikrobieller Zellen im Rahmen der großvolumigen Diarrhö. Die Fähigkeit zur Produktion phänotypischer Varianten, die Umgebungsfaktoren des Wirtes widerstehen (z. B. hochresistente Zysten von Entamoeba histolytica im Stuhl), repräsentiert einen weiteren für die Transmission relevanten Mechanismus. Blutparasiten, wie Plasmodium spp., wechseln ihren Phänotyp nach Ingestion durch einen Moskito – eine Grundvoraussetzung für die Weitergabe des Pathogens. Auch venerisch übertragene Pathogene können durch die Produktion spezifischer Faktoren einer phänotypischen Varianz unterliegen, die ihre Übertragung verbessern, wobei die Abgabe dieser Pathogene in die Umgebung nicht zur Ausbildung eines infektiösen Fokus führt.
Zusammenfassung
Zahlreiche und vielfältige molekulare Mechanismen ermöglichen den Pathogenen eine Kolonialisierung, Invasion, Infektion und Zerstörung des Wirtes. An jeder Phase des Infektionsprozesses sind viele mikrobielle und Wirtsfaktoren beteiligt, welche in einer zur Erkrankung führenden Weise interagieren. Die Aufdeckung der aktivierten koordinierten genetischen Regulation von Virulenzfaktoren während des Wechsels eines Organismus aus seiner natürlichen Umgebung in den Säugetierwirt beleuchtet die komplexen Wirt-Parasit-Interaktionen. Glücklicherweise sind für eine erfolgreiche Infektion zahlreiche Faktoren erforderlich, wodurch eine Vielzahl therapeutischer Strategien entwickelt werden kann, welche diese Prozesse und damit die mikrobiellen Infektionen unterbrechen.
Weiterführende Literatur
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