166e Infektiöse Komplikationen bei Verbrennungen
Die Behandlung von Brandverletzten hat durch die Einrichtung von Brandverletztenzentren einen hohen Standard erreicht. Trotz Optimierung des operativen und des intensivmedizinischen Managements kommt es im Rahmen eines massiven Verbrennungstraumas nicht selten zu infektiösen Komplikationen.
Der Verlust der kutanen Barriere erleichtert den Eintritt der eigenen Hautflora in die Brandwunde. Die fehlende Vaskularisierung des Schorfs in Verbindung mit der Beeinträchtigung der lokalen Immunantwort begünstigt die weitere bakterielle Kolonisierung und Proliferation. Eine invasive Infektion tritt auf, sobald diese Bakterien funktionsfähiges Gewebe penetrieren. Streptokokken und Staphylokokken bleiben derzeit wichtige Pathogene. Mit der Einführung der antimikrobiellen Substanzen ist Pseudomonas aeruginosa jedoch zu einem großen Problem im Wundmanagement geworden. In manchen Verbrennungszentren finden sich Keime der Acinetobacter-calcoaceticus-baumannii-Familie.
Schwere Brandverletzungen verursachen einen Zustand der Immunsuppression. Auch die erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand für Bakterien und ihre Bestandteile (z. B. Endotoxin) trägt zur Immundysregulation und Sepsisentstehung bei. Aufgrund der Schwierigkeit der Beurteilung von Brandwunden sind für die endgültige Diagnose einer Infektion Wundbiopsien notwendig.
Pneumonien, eitrige Thrombophlebitiden, Endokarditiden und intraabdominelle Infektionen erschweren ernsthafte Brandverletzungen.
Das absolute Ziel der Behandlung von Brandwunden ist der Verschluss und die Heilung der Wunde. Die frühzeitige chirurgische Exzision von verbranntem Gewebe mit ausgedehntem Débridement nekrotischen Materials und Transplantation von Haut oder Hautersatz verringert die Mortalität erheblich. Zudem vermindern die hauptsächlich verwendeten antimikrobiellen Topika die bakterielle Besiedlung der Wunden und verringern die Inzidenz von Infektionen der Brandwunden.
Für die deutsche Ausgabe Ulrike Möbius und Norbert Suttorp
Die Haut ist ein essenzieller Bestandteil des Immunsystems, indem sie den Wirt vor potenziellen Umweltpathogenen schützt. Verletzungen dieser Schutzbarriere sind eine Form der Immunsuppression, die den Patienten für eine Infektion prädisponieren. Brandwunden können eine massive Zerstörung des Integuments sowie eine Störung der humoralen und zellulären Immunität bewirken und begünstigen somit die Entwicklung einer Infektion, ausgelöst durch Umweltopportunisten und Bestandteile der Hautflora des Wirtes.
Epidemiologie
Circa 15.000–18.000 Menschen müssen pro Jahr in Deutschland wegen einer Verbrennungstationär im Krankenhaus behandelt werden. Insgesamt sind leichte und kleine Verbrennungen (Grad I) natürlich wesentlich häufiger als die schweren Brandverletzungen. Laut der Verbrennungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin war die Inzidenz von schweren Brandverletzungen, die einen stationären Aufenthalt notwendig machte, in den letzten Jahren ungefähr konstant. Lediglich in den Jahren 2013–2014 zeigte sich eine leicht abfallende Tendenz (1953 statt 2050 Fälle/Jahr).
Die meisten Verbrennungsopfer sind männlich. Kinder unter 10 Jahren machen ca. 10 % aller gemeldeten Fälle in Deutschland aus.Verbrühungen, Brände sowie brennbare Flüssigkeiten und Gase sind die Hauptursachen der Verbrennungen, aber elektrische, chemische und mit Rauchen verbundene Quellen sind ebenfalls wichtig. Verbrennungen prädisponieren für eine Infektion durch die Verletzung der schützenden Barrierefunktion der Haut, erleichtern das Eindringen pathogener Mikroorganismen und induzieren eine systemische Immunsuppression. Es überrascht somit nicht, dass Multiorganversagen und Komplikationen durch Infektionen die wichtigsten Ursachen von Morbidität und Mortalität bei schwerwiegenden Brandverletzungen darstellen und dass ca. 8,6 % der Patienten jährlich an verbrennungsassoziierten Infektionen versterben. Laut des 10-Jahres-Berichtes der American Burns Association sind 6 der 10 häufigsten Komplikationen infektiöser Genese: Pneumonie (4,6 %), Sepsis (2,7 %), Zellulitis/traumatische Verletzungen (2,6 %), respiratorische Insuffizienz (2,5 %), Wundinfektionen (2,2 %), andere Infektionen (2,0 %), Nierenversagen (1,5 %), Katheterinfektionen (1,4 %), ARDS (akutes Atemnotsyndrom; 1,2 %) und Rhythmusstörungen (1,0 %).
Die Inzidenz thermischer Verletzungen in westlichen Industrieländern wird mit 5–10 % angegeben. In Deutschland erleiden jährlich ca. 20.000 Kinder und Erwachsene eine thermische Verletzung unterschiedlichen Schweregrades. Ca. 10 % müssen stationär in einem Verbrennungszentrum behandelt werden. Wie auch in den USA sind in Deutschland die meisten Verbrennungsopfer männlich, der Anteil der Kinder liegt beiknapp 10 % (Verbrennungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin aus dem Jahre 2014; www.verbrennungsmedizin.de/pdf/verbrennungsstatistik). Durch gut organisierte Rettungssysteme, hohe Qualität in Akut- und Intensivbehandlung in modern ausgestatteten Verbrennungszentren sowie Innovationen bei Hautersatzverfahren überleben heute etwa vier Fünftel aller Brandverletzten. In Deutschland gibt es 26 Verbrennungszentren, die genaue Auflistung samt Bettenanzahl (Kinder/Erwachsene) kann unter www.verbrennungsmedizin.de nachgelesen werden.
Pathophysiologie
Der Verlust der kutanen Barriere erleichtert den Eintritt der eigenen Hautflora und der Organismen der Krankenhausumwelt in die Brandwunde. Anfänglich ist die Wunde mit grampositiven Erregern des Umgebungsgewebes kolonisiert, aber die Anzahl der Erreger nimmt rasch unter dem Schorf zu und erreicht etwa 8,4 × 103 KBE pro Gramm am 4. Tag nach der Verbrennung. Die fehlende Vaskularisierung des Schorfs in Verbindung mit der Beeinträchtigung der lokalen Immunantwort begünstigt die weitere bakterielle Kolonisierung und Proliferation. Am 7. Tag ist die Wunde bereits mit anderen Mikroben, einschließlich grampositiven und gramnegativen Bakterien und Hefen aus dem Gastrointestinaltrakt und der oberen Atemwegsflora, kolonisiert. Eine invasive Infektion – lokalisiert und/oder systemisch – tritt auf, sobald diese Bakterien funktionsfähiges Gewebe penetrieren. Außerdem wurde in experimentellen Tiermodellen von Brandwunden-Infektionen den sogenannten Biofilmen eine Rolle zugesprochen. (Biofilme sind oberflächenassoziierte Verbände von Bakterien, oftmals eingebettet in eine Matrix, die es erlauben, dass Mikroben persistieren und den Effekten der Wirtsabwehr und der antimikrobiellen Substanzen widerstehen).
Streptokokken und Staphylokokken waren die vorherrschenden Ursachen der Infektionen von Verbrennungswunden in der präantibiotischen Ära und bleiben derzeit wichtige Pathogene. Mit der Einführung der antimikrobiellen Substanzen ist Pseudomonas aeruginosa jedoch zu einem großen Problem im Wundmanagement geworden. Tierexperimentell fand sich nach Hautverbrennung und Wundinfektion mit Pseudomonas eine frühe und anhaltende Zunahme von Neutrophilen in der Haut und eine bakterielle Aussaat in Lungen und Milz innerhalb von 72 h. Seltenere anaerobe Bakterien werden typischerweise in Infektionen von elektrischen Verbrennungen oder bei Benutzung offener Wundverbände nachgewiesen. Durch den verbreiteten Einsatz topischer bzw. effektiverer systemischer Antibiotika kam es bei Verbrennungsopfern zu einer Abnahme bakterieller Infektionen und zu einer Zunahme von Pilzinfektionen (v. a. Candida albicans, Aspergillus species und Erreger der Mukormykose). Auch das Herpes-simplex-Virus kann aus Verbrennungswunden isoliert werden, oft im Hals- und Gesichtsbereich oder bei Inhalationstrauma. In prospektiven Studien wurde eine Zytomegalievirus-Virämie bei bis zu 71 % der seropositiven Verbrennungspatienten beschrieben, und hohe Viruskonzentrationen (> 1000 Kopien/ml) gingen mit einer längeren Dauer der maschinellen Beatmung und längerem Aufenthalt auf der Intensivstation einher.
Aus Autopsieberichten der letzten 10 Jahre geht hervor, dass die Letalität höher war, wenn eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae oder Staphylococcus aureus vorlag. Dieser Zusammenhang gilt unabhängig vom Ausmaß der verbrannten Körperoberfläche, der Verbrennungstiefe, einem Inhalationstrauma sowie vom zeitlichen Abstand zwischen Verbrennung und Tod. In historischen Serien lag die Sterblichkeit bei Verbrennungspatienten mit Pseudomonas-aeruginosa-Infektion über 25 Jahre bei bis zu 77 %. In manchen Verbrennungszentren finden sich Keime der Acinetobacter-calcoaceticus-baumannii-Familie.
Es wird angenommen, dass die Kaskade der Ereignisse, die einer schweren Brandverletzung folgt und die zu einem Multiorganversagen und Tod führt, aus einem zweistufigen Prozess besteht: Auf die Brandverletzung mit Hypovolämie und Gewebshypoxie folgt eine invasive Infektion, die aus größeren Mengen von abgestorbenem Gewebe hervorgeht. Die Häufigkeit einer Infektion entspricht Ausmaß und Schwere der Brandverletzung. Schwere Brandverletzungen verursachen einen Zustand der Immunsuppression, der die angeborenen und erworbenen Immunantworten beeinflusst. Der wesentliche Einfluss des eingeschränkten Immunsystems auf die Infektion besteht in den Effekten auf den humoralen und zellulären Teil des Immunsystems. So kommt es nach großen Verbrennungen zur Abnahme der Anzahl und Aktivität der zirkulierenden T-Helferzellen, zur Zunahme der Anzahl und der Aktivität von T-Suppressorzellen, zur Abnahme der Produktion und Freisetzung von Monozyten und Makrophagen und zur Abnahme der Immunglobulinspiegel. Neutrophile Granulozyten und Komplementfunktionen zeigen sich ebenfalls eingeschränkt. Die zunehmende Menge an Zytokinen bei Verbrennungspatienten ist vereinbar mit der weit verbreiteten Vorstellung, dass die inflammatorische Antwort in diesen Patienten dysreguliert ist; bakterielle Zellprodukte spielen eine wichtige Rolle bei der Induktion proinflammatorischer Mediatoren, die zu dieser unkontrollierten systemischen Entzündungsreaktion beitragen. Auch die erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand für Bakterien und ihre Bestandteile (z. B. Endotoxin) trägt zur Immundysregulation und Sepsisentstehung bei. Somit ist der Verbrennungspatient für Infektionen an entfernteren Körperstellen und am Ort der Verbrennung selbst prädisponiert. Ein anderer Mitwirkender an der sekundären Immunsuppression nach Verbrennungstraumata ist das endokrine System; erhöhte Spiegel an Vasopressin, Aldosteron, Cortisol, Glukagon, Wachstumshormonen, Katecholaminen und anderen Hormonen, die direkt die Lymphyozytenproliferation beeinflussen, Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen sowie Aktivität von NK-Zellen und suppressiven T-Zellen werden beobachtet.
Klinisches Bild und Diagnose
Da die klinischen Anzeichen einer Wundinfektion schwer zu interpretieren sind, müssen Wunden sorgfältig auf Veränderungen, die eine Infektion anzeigen können, untersucht werden. Ein Erythemsaum umgibt in der Regel die Brandwunde und ist für sich genommen noch kein Anzeichen für eine Infektion. Zeichen der Infektion schließen in der Regel folgende Merkmale ein: Umwandlung von einer Verbrennung 2. Grades in eine Verbrennung 3. Grades, Farbveränderungen (z. B. dunkelbraune bis schwarze Verfärbung der Wunde), Neuauftreten eines Erythems oder lividen Ödems in normalem Gewebe an den Wundrändern, die plötzliche Trennung von Schorf vom Subkutangewebe und die Degeneration der Wunde mit Auftreten von neuem Schorf.
Die frühzeitige chirurgische Exzision von abgestorbenem Gewebe ist verbreitet und Infektionen können jetzt in Bezug zum Exzisionsort klassifiziert werden: (1) Wundimpetigo (Infektion, die durch den Verlust des Epithels einer zuvor reepithelialisierten Oberfläche charakterisiert ist, wie bei Verbrennungen 2. Grades, bei Hauttransplantat-gedeckten Brandwunden oder einer abgeheilten Hautentnahmestelle), (2) verbrennungsverwandte chirurgische Wundinfektion (purulente Infektion an exzidierten Verbrennungs- und Entnahmestellen, die bislang nicht epithelialisiert sind, begleitet von positiven Kulturen), (3) Brandwunden-Phlegmone (Ausdehnung der Infektion auf umliegendes gesundes Gewebe, Abb. 166e-1) und (4) invasive Infektion von nicht exzidierten Brandwunden (Infektion, die sekundär auf eine Verbrennung 2. oder 3. Grades folgt und sich durch die Trennung des Schorfs oder durch livide, dunkelbraune oder schwarze Verfärbung des Schorfs manifestiert, Abb. 166e-2). Das Auftreten einer grünlichen Verfärbung der Wunde oder des subkutanen Fettgewebes (Abb. 166e-3) oder die Entwicklung eines Ecthyma gangraenosum (siehe Abb. 25e-35) an einer entlegeneren Stelle weisen auf eine Pseudomonas-aeruginosa-Infektion hin.
Veränderungen der Körpertemperatur, Hypotonie, Tachykardie, Vigilanzänderung, Neutropenie oder Neutrophilie, Thrombozytopenie und Nierenversagen können sich aus invasiven Brandwunden und Sepsis ergeben. Allerdings treten tiefgreifende Veränderungen der Homöostase als Folge von Verbrennungen per se auf und eine Entzündungsreaktion ohne eine Infektion ist ein normaler Bestandteil dieser Verletzungen, sodass das Herangehen an diese Veränderungen kompliziert ist. Veränderungen in der Körpertemperatur können beispielsweise der thermoregulatorischen Dysfunktion zugeschrieben werden, Tachykardie und Hyperventilation begleiten die metabolischen Veränderungen, die durch ausgedehnte Verbrennungen entstehen und sind nicht notwendigerweise ein Indikator für eine bakterielle Sepsis.
Abbildung 166e-2Eine schwere Verbrennung der oberen Extremität mit Superinfektion durch Pseudomonas aeruginosa. Die Wunde erfordert zusätzliches Débridement. Beachte die dunkelbraune bis schwarze Verfärbung der verschorften Oberfläche. (Mit frdl. Genehmigung von Dr. Robert L. Sheridan, Massachusetts General Hospital, Boston.)
Aufgrund der Schwierigkeit der Beurteilung von Brandwunden nur auf dem Boden von klinischer Beobachtung und Labordaten sind für die endgültige Diagnose einer Infektion Wundbiopsien notwendig. Die zeitliche Durchführung kann durch klinische Veränderungen gelenkt werden, jedoch wird in einigen Zentren eine regelmäßige Biopsie in bestimmten Abständen durchgeführt. Das Biopsiematerial wird histologisch auf das Vorliegen eines bakteriellen Befalls untersucht, zudem werden mikrobiologische Kulturen angelegt. Das Vorliegen von mehr als 105 funktionsfähigen Bakterien pro Gramm Gewebe legt eine invasive Infektion und ein stark erhöhtes Risiko für eine Sepsis nahe. Der histopathologische Nachweis von Mikroorganismen in vitalem Gewebe und in nicht verbrannten Blut- und Lymphgefäßen ist ein maßgeblicherer Indikator für eine Infektion. Eine positive Blutkultur für denselben Erreger, der in dem Biopsiematerial nachgewiesen wurde, ist ein zuverlässiger Parameter für das Vorliegen einer Sepsis durch Verbrennung. Abstrichkulturen mögen Anzeichen für die Mikroorganismen der Krankenhausumgebung liefern, sind aber nicht hinweisend für die Ätiologie der Infektion. Diese nicht invasive Technik kann in der Beurteilung der Standortflora in exzidierten Verbrennungsarealen oder in Arealen, in denen die Haut zu dünn für eine Biopsie ist (z. B. oberhalb der Ohren, Augen oder an den Fingern), hilfreich sein. Eine schnelle Identifizierung der Organismen und der Beginn einer geeigneten Therapie sind von wesentlicher Bedeutung für das Überleben von Patienten mit schweren Verbrennungen. Heute kann die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zur zügigen Diagnose spezifischer Pathogene eingesetzt werden, die manchmal in weniger als 6 h ein Ergebnis erbringt und so möglichst frühe Behandlungsmaßnahmen erlaubt.
Neben der Wundinfektion per se gibt es eine Reihe anderer Infektionen, die aufgrund der Immunsuppression (durch die ausgeprägten Verbrennungen und medizinischen Eingriffe, die für die Versorgung notwendig sind) für den Patienten ein erhöhtes Risiko bedeuten. Die Pneumonie, in der Zwischenzeit die häufigste infektiologische Komplikation bei stationären Verbrennungspatienten, wird nosokomial am häufigsten beatmungsassoziiert erworben. Die Inzidenz von beatmungsassoziierten Pneumonien bei Verbrennungspatienten liegt bei 22–30 Fällen/1000 Beatmungstage und damit mehr als doppelt so hoch wie bei chirurgischen oder internistischen Patienten einer Intensivstation; diese Infektionen resultieren normalerweise aus der Kolonisierung der unteren Atemwege und des Lungenparenchyms bei anhaltenden Mikroaspirationen. Unter den Risikofaktoren, die mit einer sekundären Pneumonie einhergehen, sind Inhalationstraumata, Intubation, Verbrennungen 3. Grades des Brustkorbs, thermische Schädigungen der Haut, Bluttransfusionen, Immobilität und unkontrollierte Wundsepsis mit hämatogener Aussaat. Septische pulmonale Embolien treten ebenfalls auf. Eitrige Thrombophlebitiden können die Anlage von venösen Zugängen, die für Flüssigkeitssubstitution und Ernährungsergänzung notwendig sind, erschweren. Endokarditiden, Harnwegsinfektionen, bakterielle Chondritis (vornehmlich bei Patienten mit Verbrennungen der Ohren) und intraabdominelle Infektionen erschweren ernsthafte Brandverletzungen. Ein staphylogenes Lyell-Syndrom (Staphylococcal Scalded Skin Syndrome, SSSS) bei Infektion einer Brandwunde durch Staphylococcus aureus wurde als seltene Komplikation beschrieben. Und schließlich tragen chirurgische Wundinfektionen bei Verbrennungen zur Morbidität bei; sie wurden bei bis zu 39 % der Patienten gefunden. Derartige Infektionen machen oft wiederholte Hauttransplantationen notwendig und verlängern den stationären Aufenthalt.
Abbildung 166e-3Eine mit Pseudomonas aeruginosa superinfizierte Brandwunde mit Verflüssigung/Auflösung des Gewebes. Beachte die grünliche Verfärbung an den Wundrändern, die auf eine Pseudomonas-Infektion hinweisen. (Mit frdl. Genehmigung von Dr. Robert L. Sheridan, Massachusetts General Hospital, Boston.)
Behandlung: Infektionen von Brandwunden
Die absoluten Ziele der Behandlung von Brandwunden sind der Verschluss und die Heilung der Wunde. Die frühzeitige chirurgische Exzision von verbranntem Gewebe mit ausgedehntem Débridement nekrotischen Materials und Transplantation von Haut oder Hautersatz verringert die mit schweren Verbrennungen verbundene Mortalität erheblich. Zudem vermindern die vier hauptsächlich verwendeten antimikrobiellen Topika – Sulfadiazin-Silber-Creme, Mafenidcreme, Silbernitratcreme und kristalline Silberverbände – die bakterielle Besiedlung der Wunden und verringern die Inzidenz von Infektionen der Brandwunden. Diese Substanzen werden routinemäßig auf Verbrennungen 2. und 3. Grades aufgetragen. Die bakteriziden Eigenschaften von Silber beruhen auf seiner Wirkung auf die respiratorischen Enzyme der bakteriellen Zellwände. Die Interaktion mit Strukturproteinen bewirkt eine Toxizität gegenüber Keratinozyten und Fibroblasten, welche die Wundheilung bei willkürlichem Einsatz von silberhaltigen Präparaten hinauszögern kann. Alle Substanzen sind breit gegen zahlreiche Bakterien und einige Pilze wirksam und sind vor dem Einsetzen der bakteriellen Kolonisierung hilfreich. Sulfadiazin-Silber wird häufig in der Anfangsphase benutzt, jedoch kann sein Nutzen durch bakterielle Resistenzen, schlechte Wundpenetration oder Toxizität (Leukopenie) begrenzt sein. Mafenidacetat hat eine breitere Aktivität gegenüber gramnegativen Bakterien. Die Creme durchdringt Schorf und kann somit eine Infektion darunter verhindern oder behandeln. Der Gebrauch ohne Verbände ermöglicht eine regelmäßige Untersuchung des Wundgebietes. Die wesentlichsten Nachteile von Mafenidacetat sind die Hemmung der Carboanhydrase, die mit einer metabolischen Azidose einhergeht, sowie die Entstehung von Hypersensitivitätsreaktionen bei bis zu 7 % der Patienten. Diese Substanz wird meistens verwendet, wenn gramnegative Bakterien in die Brandwunde eindringen und eine Behandlung mit Sulfadiazin-Silber fehlgeschlagen hat. Die Aktivität von Mafenidacetat gegenüber grampositiven Bakterien ist eingeschränkt. Nanokristalline Silberverbände bieten eine breitere antimikrobielle Abdeckung als andere topische Susbstanzen, dadurch dass sie eine Aktivität gegen methicillinresistente Staphylococcus aureus (MRSA) und vancomycinresistente Enterokokken (VRE) zeigen, ein hinreichendes Vermögen besitzen, Schorf zu durchdringen und nur eine eingeschränkte Toxizität aufweisen. Zusätzlich bewirkt dieser Ansatz eine kontrollierte und verlängerte Freisetzung von nanokristallinem Silber in die Wunde und beschränkt damit die Anzahl der Verbandswechsel und somit auch das Risiko der nosokomialen Infektion sowie auch der Therapiekosten. Mupirocin, eine topisch eingesetzte antimikrobielle Substanz, die zur Eradikation der nasalen Kolonisation mit MRSA verwendet wird, wird vermehrt in Verbrennungseinheiten genutzt, da MRSA dort sehr prävalent ist. Die Effizienz von Mupirocin in der Reduktion der Bakterienzahl in Brandwunden und der Verhinderung einer systemischen Infektion ist mit der von Sulfadiazin-Silber vergleichbar.
In den letzten Jahren haben sich die Raten der Pilzinfektionen bei Verbrennungspatienten erhöht. Bei oberflächlichen Pilzinfektionen kann Nystatin mit Sulfadiazin-Silber oder Mafenidacetat zur topischen Therapie gemischt werden. Eine kleine Studie hat gezeigt, dass Nystatinpuder (6 Millionen Einheiten/Gramm) effektiv in der Behandlung von oberflächlichen und tiefen Brandwundeninfektionen durch Aspergillus fusarium spp. ist. Zudem können feuchtigkeitsspeichernde Salben mit antimikrobiellen Substanzen eine rasche Autolyse, Débridement und feuchte Heilung von Verbrennungen 2. Grades begünstigen.
Wird eine invasive Wundinfektion diagnostiziert, so sollte die topische Therapie auf Mafenidacetat umgestellt werden. Eine Wundspülung (direkte Instillation eines Antibiotikums – häufig Piperacillin – in das Wundgebiet unter den Schorf) ist eine nützliche additive Maßnahme zur chirurgischen und systemischen antimikrobiellen Therapie. Eine systemische Therapie mit Antibiotika, die gegen die Pathogene in der Wunde wirksam sind, sollte eingeleitet werden. Ohne Nachweis eines Erregers mittels Anzucht ist eine Breitspektrumbehandlung, welche die gängigsten Erreger der jeweiligen Umgebung einbezieht, einzuleiten. Eine solche Abdeckung wird in der Regel durch Antibiotika erreicht, die im grampositiven Bereich (z. B. Oxacillin 2 g i.v. alle 4–6 h), und gegen Pseudomonas aeruginosa und andere gramnegative Stäbchen (z. B. Gentamicin 5 mg/kg i.v. alle 24 h, Piperacillin 3 × 4 g/d i.v. oder Meropenem 3 × 1 g/d i.v.) wirksam sind. Bei Penicillinallergie können Vancomycin (1 g i.v. alle 12 h; mit Abdeckung auch von MRSA) statt Oxacillin und Ciprofloxacin (400 mg i.v. alle 12 h) statt Piperacillin eingesetzt werden. Oxazolidinon-Antibiotika wie Linezolid konnten im Tiermodell von MRSA-infizierten Brandwunden das bakterielle Wachstum und die Konzentration von Toxin 1 bei toxischem Schocksyndrom vermindern.
Patienten mit Brandwunden zeigen häufig metabolische Veränderungen und Störungen der Nierenfunktion, sodass eine Spiegelbestimmung mancher Antibiotika notwendig wird: Die Spiegel, die mittels der Standarddosierungen erreicht werden, sind häufig im subtherapeutischen Bereich.
Die Behandlung der Infektionen durch resistente Erreger bleibt eine Herausforderung in der Wundbehandlung. MRSA, resistente Enterokokken, multiresistente gramnegative Stäbchen und Betalaktamase-produzierende Enterobakterien wurden mit Infektionen von Brandwunden assoziiert und bei Ausbrüchen in Verbrennungszentren identifiziert. Strenge Vorkehrungen zur Infektionskontrolle (inklusive mikrobiologischer Überwachung in Verbrennungseinheiten) und angemessene antibiotische Therapie bleiben wichtige Maßnahmen in der Reduktion von Infektionsraten durch resistente Erreger. Neuere Antibiotika wie z. B. Linezolid oder Torezolid (Prokocimer et al. 2013), Tigecyclin oder Daptomycin sind für die Behandlung komplizierter Haut- und Weichgewebeinfektionen zugelassen, (Empfehlungen zur kalkulierten parenteralen Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2010. www.p-e-g.org).
Generell spielt die prophylaktische systemische Antibiotikatherapie beim Wundinfektionsmanagement keine Rolle, da sie zur Kolonisierung mit resistenten Erregern führen kann. In einigen Studien wurde eine antibiotische Prophylaxe mit vermehrten sekundären Infektionen der oberen und unteren Atemwege und der Harnwege sowie mit verlängertem Krankenhausaufenthalt assoziiert. Eine Ausnahme bilden die Fälle, die einer Wundmanipulation bedürfen: Da Prozeduren wie Débridement, Exzision oder Transplantation häufig mit einer Bakteriämie einhergehen, werden systemische Antibiotika prophylaktisch zu dem jeweiligen Eingriff verabreicht. Die spezifische Therapie sollte anhand einer Erregeridentifizierung aus einem Wundabstrich oder in Anlehnung an die Umgebungsflora des Krankenhauses erfolgen.
Der Einsatz oraler Antibiotika zur selektiven Darmdekontamination (SDD), um die bakterielle Kolonisation und das Risiko einer Wundinfektion zu senken, ist umstritten und wurde bislang nicht weitgehend umgesetzt. In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie von Verbrennungspatienten, bei denen mehr als 20 % der Körperoberfläche betroffen war, wurde die selektive Darmdekontamination mit einer verringerten Mortalitätsrate auf der Intensivstation und im Krankenhaus sowie mit einer geringeren Inzidenz von Pneumonien assoziiert. Die Effekte der selektiven Darmdekontamination auf die normale anaerobe Darmflora sollten vor Anwendung dieses Ansatzes berücksichtigt werden.
Strategien, die die systemische Ausbreitung – vor allem in die Lunge – der Erreger bei Wundinfektionen vermindern oder eingrenzen sollen, können möglicherweise die Therapie ergänzen. Eine Taktik zielt auf eine Reduktion der lokalen neutrophilen Inflammation ab, die ansonsten die Bildung von Biofilmen beschleunigen kann, vor allem durch Pseudomonas aeruginosa. Beispielsweise konnte tierexperimentell nach Einbringen von P. aeruginosa in eine Verbrennungswunde die einmalige frühzeitige Gabe von Azithromycin die Häufigkeit von Pseudomonas-Infektionen und die systemische Aussaat in Lunge und Milz vermindern und war dabei ähnlich wirksam wie klassische pseudomonaswirksame Substanzen, z. B. Tobramycin. Ob und in welchem Ausmaß dieser Effekt auch beim Menschen nachweisbar ist, muss weiter untersucht werden.
Bei allen Verbrennungspatienten sollte die Tetanusimpfung aufgefrischt werden, wenn die primäre Immunisierung abgeschlossen ist, aber in den letzten fünf Jahren keine Auffrischung erfolgt ist. Patienten ohne vorherige Immunisierung sollten simultan mit Tetanus-Hyperimmunglobulinen und primärer Immunisierung versorgt werden.
Bitte beachten Sie diesen Artikel im Zusammenhang des Gesamtwerks. Eine ärztliche Plausibilitätsprüfung im Kontext dieses Cockpits ist unerlässlich. Die Anzeige von Inhalten ist insbesondere bei den Dropdowns zu Therapie und Medikamenten keinesfalls als Anwendungsempfehlung oder Indikation zu verstehen, sondern soll Ihnen lediglich die Suche erleichtern. Häufig werden ganze Medikamenten-/Themengruppen angezeigt, die im gegebenen Zusammenhang möglicherweise von Interesse sein könnten. Für Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden.