269e Elektrokardiografie-Atlas
Im vorliegenden Atlas werden Elektrokardiogramme (EKG) mit hohem didaktischem Wert aufgezeigt. Die korrekte und prompte Interpretation von elektrokardiografischen Befunden spielt eine zentrale und oftmals lebenswichtige Rolle in der klinischen und praktischen Medizin.
Myokardiale Ischämien können hinsichtlich ihrer Lokalisation, ihres Alters und der Ausdehnung im EKG unterschieden werden. Die Identifikation gelingt durch differenzierte Analyse von ST-Strecken, des Vorhandenseins von Q-Wellen und Blockierungen, T-Wellen-Veränderungen und Rhythmusanalyse.
Differenzialdiagnostisch werden ST-Strecken-Hebungen und Rückbildungsstörungen bei Perikarditis mit und ohne ischämische myokardiale Komponente betrachtet.
Aufgrund von Herzklappenerkrankungen und der hypertrophen Kardiomyopathie kommt es zu typischen EKG-Veränderungen. So erlaubt die Beurteilung u. a. eine Erkennung des Vorhandenseins von verschiedenen Mitralvitien, Septumhypertrophie, apikaler Hypertrophie und rechtsventrikulärer Hypertrophie. Auch sind Hinweise auf Lungenembolie und chronisch pulmonale Hypertonie oder chronisch obstruktive Lungenerkrankungen identifizierbar.
Bezüglich des Vorliegens von Elektrolytstörungen sind Aussagen aus dem EKG zu treffen. Hierzu zählen insbesondere Entgleisungen von Kalium und Calcium. Besonderheiten ergeben sich auch aus arterieller Hypertonie, Dextrokardie und der Überdosierung von trizyklischen Antidepressiva.
Zum Vergleich werden Normalbefunde bei Kindern und Erwachsenen dargestellt.
Für die deutsche Ausgabe Stefanie Gwosc und Martin Möckel
Die in diesem Atlas abgebildeten Elektrokardiografien (EKG) ergänzen jene aus Kapitel 268. Befunde mit hohem didaktischem Wert sind hervorgehoben.
Alle Abbildungen stammen aus ECG Wave-Maven, Copyright 2003, Beth Israel Deaconess Medical Center, http://ecg.bidmc.harvard.edu.
Myokardiale Ischämie und Myokardinfarkt - EKG
Abbildung 269e-4Sinustachykardie. Deutliche ischämische ST-Streckenhebungen in den inferioren Extremitätenableitungen (II, III, aVF) sowie lateral (V6) weisen auf einen akuten inferolateralen Myokardinfarkt hin, die deutlichen ST-Streckensenkungen mit positiven T-Wellen in V1–V4 passen zu einem akuten Hinterwandinfarkt.
Abbildung 269e-10Sinusrhythmus mit verlängertem PR-Intervall (AV-Block I. Grades),P sinistroatriale, linksventrikulärer Hypertrophie und Rechtsschenkelblock. Pathologische Q-Zacke in V1–V5 und aVL mit ST-Streckenhebung (ein bei diesem Patienten chronischer Befund) sowie ST-Streckensenkung in II, III, aVF, V6. Die Befunde passen zu einem alten anterolateralen Myokardinfarkt mit linksventrikulärem Aneurysma.
Abbildung 269e-12Normaler Sinusrhythmus mit Rechtsschenkelblock (breite terminale R-Zacke in V1) und linksanteriorem faszikulärem Block (Hemiblock) sowie pathologischer anteriorer Q-Zacke in V1–V3. Es besteht eine schwere Mehrgefäßerkrankung mit echokardiografisch sichtbarer Septumdyskinesie und apikaler Akinesie.
Perikarditis - EKG
Abbildung 269e-14Sinusrhythmus. Generalisierte ST-Streckenhebung (I, II, aVL, aVF, V2–V6) mit begleitenden PR-Streckenabweichungen (PR-Streckenhebung in aVR, PR-Streckensenkung in V4–V6); grenzwertige Niedervoltage. Q-Zacken und T-Wellen-Negativierung in II, III und aVF. Die Diagnose entspricht einer akuten Perikarditis mit inferiorem transmuralem Myokardinfarkt.
Herzklappenerkrankungen und hypertrophe Kardiomyopathie - EKG
Abbildung 269e-16Sinusrhythmus, P sinistroatriale und linksventrikuläre Hypertrophie (positiver Sokolow-Lyon-Index) mit grenzwertigem Rechtstyp bei einem Patienten mit gemischter Mitralstenose (P sinistroatriale und Achsenabweichung nach rechts) und Mitralinsuffizienz (linksventrikuläre Hypertrophie). Daneben finden sich präkordiale T-Wellen-Inversionen und eine QT-Verlängerung.
Abbildung 269e-17Grobes Vorhofflimmern, großes R in V2 mit steiler QRS-Achse (positives R in aVF) im Sinne einer rechtsventrikulären Hypertrophie. Das große R in V4 kann Folge einer begleitenden linksventrikulären Hypertrophie sein. Es besteht eine schwere Mitralstenose mit mittelgradiger Mitralinsuffizienz.
Abbildung 269e-18Sinusrhythmus; AV-Block I. Grades (PR-Verlängerung), linksventrikuläre Hypertrophie (großes R in aVL), Rechtsschenkelblock (breite mehrphasische R-Zacke in V1) und linksanteriorer Hemiblock bei einem Patientenmit hypertropher Kardiomyopathie. Die tiefen Q-Zacken in I und aVL entsprechen einer Septumhypertrophie.
Lungenembolie und chronische pulmonale Hypertonie - EKG
Abbildung 269e-22Zeichen einer Rechtsherzbelastung (Vorhof und Ventrikel) bei einem Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung: (1) überhöhte P-Wellen in II, (2) QR in V1 mit schmalem Komplex, (3) verzögerte präkordiale Überleitung mit terminalen S-Wellen in V5/V6, (4) obere Achsenabweichung mit S1-S2-S3-Typ.
Abbildung 269e-23 (1) Niedervoltage; (2) inkompletter Rechtsschenkelblock (rsr' in V1–V3); (3) grenzwertig spitze P-Wellen in Ableitung II mit steiler P-Wellen-Achse (vermutlich bei Überlastung des rechten Vorhofs), (4) langsame R-Zacken-Progression in V1–V3, (5) prominente S-Zacken in V6 und (6) frühe atriale Extrasystolen. Diese Kombination findet sich typischerweise bei einer schweren chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.
Elektrolytstörungen - EKG
Abbildung 269e-26Sinusrhythmus mit linksventrikulärer Hypertrophie, P sinistroatriale, hohen, spitzen T-Wellen in den präkordialen Ableitungen und inferolateraler ST-Streckensenkung (II, III, aVF und V6), linksanteriorem Hemiblock und grenzwertig verlängerterQT-Zeit. Es handelt sich um einen Patienten mit Nierenversagen, Hypertonie und Hyperkaliämie. Die QT-Zeit ist aufgrund der Hypokalzämie verlängert.
Weitere EKG-Veränderungen
Abbildung 269e-29Physiologische ST-Streckenhebung bei einem gesunden 21-jährigen Mann (auch als frühe Repolarisation bezeichnet). Die ST-Streckenhebungen sind nach oben hin konkav und sind in V3 und V4 am ausgeprägtesten, während sie in den Extremitätenableitungen weniger als 1 mm betragen. Die Amplitude der QRS-Komplexe in den Brustwandableitungen ist auffallend hoch, jedoch für einen jungen Erwachsenen normal. Keine Hinweise auf eine linksatriale Leitungsstörung oder eine ST-Streckensenkung/T-Welleninversion, bedingt durch eine linksventrikuläre Hypertrophie.
Abbildung 269e-32Sinustachykardie; intraventrikuläre Leitungsverzögerung mit Rechtstyp. Das frequenzkorrigierte QT-Intervall ist verlängert. Die Trias aus Sinustachykardie, breitem QRS-Komplex und langer QT-Zeit legt bei entsprechenden klinischen Hinweisen eine Überdosierung von trizyklischen Antidepressiva nahe. Bei dieser Variante einer intraventrikulären Leitungsverzögerung findet man auch eine terminale S-Zacke (rS) in I und ein terminales R (qR) in aVR.
Abbildung 269e-33Grenzwertige Sinusbradykardie (59/min), verlängertes PR-Intervall (AV-Block I. Grades; 250 ms) und Rechtsschenkelblock mit ausgeprägter Achsenabweichung nach rechts, entsprechend einem linksposterioren Hemiblock. Der linksposteriore Hemiblock ist eine Ausschlussdiagnose. Als weitere Ursachen der Achsenabweichung nach rechts kommen insbesondere infrage: falsch angeschlossene (verpolte) Elektroden, Normalvariante ohne Krankheitswert, rechtsventrikuläre Belastung und lateraler Myokardinfarkt. Ebenfalls zu sehen sind Q-Zacken ohne Krankheitswert in den inferioren Ableitungen. Rechtsschenkelblock und linksposteriorer Hemiblock ergeben zusammen einen bifaszikulären Block.
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