278e Atlas der Herzrhythmusstörungen
Die Interpretation eines Elektrokardiogramms ist nicht nur ein Weg zur korrekten Analyse der unterschiedlichen Herzrhythmusstörungen. Vielmehr erlauben die abgeleiteten elektrischen Signale eine direkte Darstellung eines physiologischen Geschehens und dienen oft zur Definition der unterschiedlichen Arrhythmien.
Dabei ist eine korrekte Diagnosestellung nicht immer einfach, gelegentlich gar unmöglich. In diesen Fällen erlaubt nur die direkte Ableitung lokaler intrakardialer Signale im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung eine adäquate Interpretation des Oberflächen-EKGs.
Die genaue Beschreibung des Elektrokardiogramms ermöglicht eine Eingrenzung der Differenzialdiagnosen und hilft bei der Beurteilung künftiger Arrhythmien. Im Allgemeinen sollte die Regelmäßigkeit der Vorhof- und Kammersignale sowie deren Morphologie in den verschiedenen Ableitungen beschrieben werden. Weiterhin sind die Messung und Dokumentation der unterschiedlichen Intervalle unerlässlich. So können in der Regel zumindest potenziell bedrohliche Herzrhythmusstörungen von harmlosen Arrhythmien unterschieden werden.
Das Elektrokardiogramm hat unser Wissen über die Pathophysiologie des Herzens maßgeblich beeinflusst und bleibt das wichtigste Werkzeug der angewandten Rhythmologie.
Für die deutsche Ausgabe Ivan Diaz Ramirez und Martin Möckel
Die Elektrokardiogramme in diesem Atlas ergänzen die Abbildungen von Kapitel 274 und Kapitel 276. Befunde mit spezifischem Lehrwert sind hervorgehoben.
Alle Abbildungen stammen aus ECG Wave-Maven, Copyright 2003, Beth Israel Deaconess Medical Center, http://ecg.bidmc.harvard.edu.
Abbildung 278e-1Respiratorische Sinusarrhythmie, als physiologischer Befund bei einem gesunden jungen Patienten. Die Sinusfrequenz ist zu Beginn der Aufzeichnung während der Exspiration langsam, beschleunigt sich dann während der Inspiration und erfährt mit der Exspiration erneut eine Verlangsamung. Diese Veränderungen sind die Folge einer atemabhängigen Modulation des Vagotonus.
Abbildung 278e-2Sinustachykardie (110/min) mit atrioventrikulärem Block (AV-Block) I. Grades (PR-Interval = 0,28 s). Die P-Welle wird nach der ST-T-Welle in den Ableitungen V1–V3 sichtbar und ist in den anderen Ableitungen von der T-Welle überlagert. Vorhoftachykardien können ein ähnliches Bild hervorrufen, sie haben aber meist eine höhere Frequenz.
Abbildung 278e-3Sinusrhythmus (P-Wellen-Frequenz ca. 60/min) mit AV-Block II. Grades mit 2:1-Überleitung, der eine deutliche Bradykardie (Kammerfrequenz ~30/min) verursacht.Bei dem AV-Block II. Grades mit 2:1-Überleitung kann nicht mit Sicherheit zwischen Typ Mobitz I (Wenckebach) und Typ Mobitz II (Mobitz) unterschieden werden. Bei schmalem QRS-Komplex (wie hier) handelt sich meistens um einen AV-Block II. Grades Typ I (Blockierung oberhalb des kompakten AV-Knotens). Außerdem ist eine linksventrikuläre Hypertrophie mit begleitender P sinistroatriale vorhanden.
Abbildung 278e-5Deutliche Bradykardie mit junktionalem Ersatzrhythmus (Herzfrequenz 25/min). Die Herzfrequenz ist regelmäßig, der Verlauf zwischen den schmalen QRS-Komplexen ist isoelektrisch, P-Wellen fehlen. Bei diesem mit Atenolol behandelten Patienten könnte ein Sick-Sinus-Syndrom zugrunde liegen. Das Serumkalium war mit einem Wert von 5,5 mval/l leicht erhöht.
Abbildung 278e-8Multifokale Vorhoftachykardie mit unterschiedlicher Morphologie der P-Welle und wechselndem P-P-Intervall; chronische rechtsatriale Belastung mit zeltförmigen P-Wellen in Ableitung II, III und aVF (inferiore P-Achse); superiore QRS-Achse; langsame R-Progression mit verzögertem Umschlag in den präkordialen Ableitungen bei einem Patienten mit schwerer chronisch obstruktiver Lungenerkrankung.
Abbildung 278e-10Vorhoftachykardie mit einer Vorhoffrequenz von 200/min (siehe Ableitung V1), 2:1-Überleitung auf die Kammer und einer ventrikulären Extrasystole. Ebenfalls erkennbar ist eine linksventrikuläre Hypertrophie mit intraventrikulärer Leitungsverzögerung und langsamer präkordialer R-Progression. (Ein alter Myokardinfarkt der Vorderwand kann nicht ausgeschlossen werden.)
Abbildung 278e-11Vorhoftachykardie mit 2:1-Überleitung. Die P-Wellenfrequenz liegt bei ungefähr 150/min, die Kammerfrequenz beträgt etwa 75/min. Die nicht übergeleiteten („zusätzlichen“) P-Wellen direkt nach dem QRS-Komplex sind am besten in Ableitung V1 zu erkennen. Zudem liegen ein inkompletter Rechtsschenkelblock und eine grenzwertige Verlängerung der QT-Zeit vor.
Abbildung 278e-12Vorhoftachykardie (180/min mit 2:1-Überleitung auf die Kammer; siehe Ableitung V1). Eine linksventrikuläre Hypertrophie ist in den Brustwandableitungen und anhand unspezifischer Veränderungen der ST-Strecke und der T-Wellen zu erkennen. Zögerliche R-Progression (V1–V4), vereinbar mit altem Vorderwandinfarkt.
Abbildung 278e-13AV-Knoten-Reentry-Tachykardiemit einer Frequenz von 150/min. In der Ableitung aVR sind Pseudo-R-Zacken durch eine retrograde Vorhoferregung sichtbar, die bei einer AV-Knoten-Reentry-Tachykardie normalerweise gleichzeitig mit der Kammererregung entstehen. Drehung der Herzachse nach links bei linksanteriorem Hemiblock.
Abbildung 278e-18Vorhofflimmern mit komplettem AV-Block und junktionalem Ersatzrhythmus, was einen verlangsamten ventrikulären Rhythmus (45/min) verursacht. Die QRS-Komplexe zeigen eine intraventrikuläre Leitungsstörung mit Drehung der Herzachse nach links und eine linksventrikuläre Hypertrophie an. Außerdem ist die QT-Zeit verlängert (U-Welle).
Abbildung 278e-20Präexzitation bei Wolf-Parkinson-White-Syndrom mit der Trias aus verkürzter PR-Zeit, breiten QRS-Komplexen und Delta-Wellen. Die Polarität der Delta-Wellen (leicht positiv in V1 und V2, positiv in den Ableitungen II und den linkslateralen Brustwandableitungen) steht im Einklang mit einer rechtsseitigen akzessorischen Leitungsbahn.
Abbildung 278e-21Vorhofflimmern bei einem Patienten mit Wolff-Parkinson-White-Syndrom und intermittierender antegrader Leitung über die akzessorische Leitungsbahn, was zu einer Tachykardie mit breiten Komplexen führt. Der Rhythmus ist „wechselhaft unregelmäßig“ und die Frequenz ist extrem schnell (um 230/min). Nicht alle QRS-Komplexe kommen durch Präexzitation zustande.
Abbildung 278e-24Monomorphe ventrikulärer Tachykardie mit einer Frequenz von 170/min. Das Bild eines Rechtsschenkelblocks in V1 und ein R:S-Verhältnis < 1 in V6 sprechen für eine ventrikuläre Tachykardie. Die Morphologie der ventrikulären Tachykardie (Rechtsschenkelblock mit inferiorer Achse und Drehung nach rechts) spricht für einen basisnahen linksventrikulären Ursprung. Zusätzlich liegen Grundlinienartefakte in den Ableitungen V1–V3 vor.
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