350e Der Schilling-Test
Mit dem Schilling-Test wird die Ursache einer Malabsorption von Cobalamin ermittelt. Leider ist dieser Test bzw. das Radioisotop für den Test seit einigen Jahren nicht mehr erhältlich. Da die Kenntnis der Physiologie und Pathophysiologie der Cobalaminabsorption aber für das Verständnis der Funktion von Magen, Pankreas und Ileum wichtig ist, erfolgt hier eine kurze Besprechung des Schilling-Tests.
Da an der Cobalaminabsorption mehrere Schritte in Magen, Pankreas und Ileum beteiligt sind, kann der Schilling-Test auch zur Ermittlung der Integrität dieser Organe verwendet werden.
Für die deutsche Ausgabe Axel Bedürftig
Mit dem Schilling-Test wird die Ursache einer Malabsorption von Cobalamin ermittelt. Leider ist dieser Test bzw. das Radioisotop für den Test seit einigen Jahren nicht mehr erhältlich. Da die Kenntnis der Physiologie und Pathophysiologie der Cobalaminabsorption aber für das Verständnis der Funktion von Magen, Pankreas und Ileum wichtig ist, erfolgt hier die Besprechung des Schilling-Tests als Ergänzung zu Kapitel 349. Da an der Cobalaminabsorption mehrere Schritte in Magen, Pankreas und Ileum beteiligt sind, kann der Schilling-Test auch zur Ermittlung der Integrität dieser Organe verwendet werden (Kap. 128).
Cobalamin kommt überwiegend in Fleischgerichten vor. Außer bei strikten Veganern ist ein ernährungsbedingter Cobalaminmangel selten. Im Magen wird Cobalamin an das R-Bindungsprotein, ein Glykoprotein, gebunden, das in Magen und Speicheldrüsen hergestellt wird. Im sauren Magenmilieu entsteht so ein Cobalamin-R-Bindungsprotein-Komplex. Für die Cobalaminabsorption essenziell ist ein weiteres Glykoprotein, der Intrinsic-Faktor, der von den Parietalzellen des Magens synthetisiert und abgegeben wird und seine Aufnahme durch Cobalaminrezeptoren auf dem Bürstensaum der ilealen Enterozyten ermöglicht. Pankreatische Proteasen spalten den Cobalamin-R-Bindungsprotein-Komplex im proximalen Dünndarm und setzen so Cobalamin frei, das dort an den Intrinsic-Faktor gebunden wird.
Daher sind folgende Störungen der Cobalaminabsorption denkbar:
Perniziöse Anämie, eine Krankheit mit immunologisch bedingter Atrophie der Magenmukosa und Parietalzellverlust, sodass weder Magensäure noch der Intrinsic-Faktor gebildet werden.
Chronische Pankreatitismit Mangel an Pankreasproteasen, sodass der Cobalamin-R-Bindungsprotein-Komplex nicht gespalten wird. Bei 50 % der Patienten mit chronischer Pankreatitis liegt ein pathologischer Schilling-Test vor, der sich nach Pankreasenzymsubstitution aber normalisiert. Trotzdem ist eine auf Cobalamingabe ansprechende makrozytäre Anämie bei chronischer Pankreatitis selten. Ursache dafür ist vermutlich eine unterschiedliche Verdauung/Absorption von Cobalamin aus der Nahrung und von kristallinem Cobalamin (wie im Schilling-Test verwendet), sodass der Schilling-Test trotzdem für die Diagnostik einer exokrinen Pankreasfunktion herangezogen werden kann.
Achlorhydrie, das Fehlen von Magensäure. Intrinsic Factor wird gemeinsam mit Magensäure sezerniert und ist für die Abspaltung von Cobalamin aus Nahrungsproteinen verantwortlich. Bis zu einem Drittel der über 60-Jährigen weisen eine grenzwertige Vitamin-B12-Resorption auf, da sie Cobalamin nicht aus der Nahrung freisetzen können; bei diesen Menschen besteht aber kein Defekt bei der Resorption von kristallinem Vitamin B12(wie im Schilling-Test verwendet).
Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms, die meistens sekundär bei einer Stase im Dünndarm auftritt und zur bakteriellen Aufnahme von Cobalamin führt (oft auch als Blindsacksyndrom bezeichnet, siehe unten).
Ileale Dysfunktion (entzündlich bedingt oder nach Darmresektion) mit der Folge einer eingeschränkten Cobalamin-Intrinsic-Faktor-Aufnahme durch die ilealen Epithelzellen.
Beim Schilling-Test erfolgt eine orale Gabe von 58Co-markiertem Cobalamin mit nachfolgender Urinsammlung für 24 Stunden, was eine normale Funktion der Nieren und der Harnblase voraussetzt. Die Urinausscheidung von Cobalamin spiegelt die Cobalaminabsorption wider, sofern alle intrahepatischen Bindungsstellen für Cobalamin voll besetzt sind. Zur Sättigung der hepatischen Cobalaminbindungsstellen, damit das radioaktiv markierte Cobalamin vollständig mit dem Urin ausgeschieden wird, wird 1 Stunde nach der oralen Aufnahme des radioaktiv markierten Cobalamins 1 mg nicht radioaktiv markiertes Cobalamin intramuskulär gegeben. Der Schilling-Test fällt pathologisch aus (meist definiert als eine 58Co-Cobalamin-Ausscheidung von < 10 % in 24 Stunden) bei perniziöser Anämie, chronischer Pankreatitis, Blindsacksyndrom und Erkrankungen des Ileums (Tab. 350e-1). Daher sollte nach einem pathologischen Schilling-Test zur weiteren Abklärung in zeitlichem Abstand 58Co-markiertes Cobalamin, gemeinsam entweder mit Intrinsic-Faktor oder mit Pankreasenzymen, oder nach fünftägiger Antibiotikagabe (meist Tetracyclin) verabreicht werden. Mit einer weiteren Variante des Schilling-Tests lässt sich die Unfähigkeit zur Abspaltung von Cobalamin aus Nahrungsproteinen nachweisen. Dazu wird das markierte Cobalamin zusammen mit einem Rührei gekocht zubereitet und oral verabreicht. Bei einer Achlorhydrie wird dann weniger als 10 % des markierten Cobalamins mit dem Urin ausgeschieden werden. Zusätzlich zur ätiologischen Klärung des Cobalaminmangels kann der Schilling-Test auch den für eine Steatorrhö verantwortlichen pathologischen Mechanismus aufdecken, indem er die Funktion von Ileum, Pankreas und Dünndarm erfasst.
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